abi. 8/02 - Amtsblatt des hessischen Kultusministeriums
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ABl. 8/<strong>02</strong> Bekanntmachungen und Mitteilungen <strong>des</strong> Hess. <strong>Kultusministeriums</strong> 569<br />
11. Sekundarstufe I<br />
Da die Förderung intellektuell hochbegabter Schülerinnen<br />
und Schüler mit der Grundschulzeit nicht enden<br />
darf, ist das Kultusministerium darum bemüht, dass in<br />
allen Schulamtsbereichen zumin<strong>des</strong>t einige allgemein<br />
bildende Schulen und berufliche Gymnasien Förderprogramme<br />
für Hochbegabte entwickeln und in ihre Schulprogramme<br />
als Standardangebot aufnehmen. Schulische<br />
Begabungsförderung muss dabei generell den individuellen<br />
Begabungen, Anlagen und Talenten Raum zur Entfaltung<br />
gewähren und ihre Weiterentwicklung in geeigneter<br />
Weise unterstützen. Schülerinnen und Schüler sollten<br />
reichhaltige Angebote <strong>des</strong> Lernens und der Leistungsstärkung<br />
vorfinden und nach Kräften zum Kennenlernen<br />
und Erproben ihrer Leistungsgrenzen angeregt<br />
und motiviert werden.<br />
In der Sekundarstufe I ist eine Fülle von Maßnahmen<br />
möglich, die jeweils auf die einzelne Schule und deren<br />
Schülerklientel, die vorhandenen personellen und sächlichen<br />
Ressourcen sowie die umgebenden Regionalstrukturen<br />
zugeschnitten sein sollten. Vor dem Hintergrund<br />
der o. a. unterschiedlichen Ausprägungsmöglichkeiten<br />
von besonderen bzw. hohen Begabungen verbietet sich<br />
ein eindimensionaler Königsweg von selbst. Grundsätzlich<br />
wichtig bei dem pädagogischen Bemühen um die<br />
Förderung hochbegabter Schülerinnen und Schüler sind<br />
die folgenden Gesichtspunkte:<br />
– Angesichts der Erkenntnis, dass intellektuelle Hochbegabung<br />
nicht automatisch mit Leistungsstärke gleichgesetzt<br />
werden kann, sind in der Unterrichtspraxis<br />
„Hochleister“ und „unauffällige Hochbegabte“, aber<br />
auch hochbegabte „Underachiever“ in den Blick zu<br />
nehmen. Das gegliederte Schulwesen kann dies mittels<br />
Vernetzungen von Gymnasien sowie Haupt- und<br />
Realschulen gewährleisten, kooperative Gesamtschulen<br />
über Durchlässigkeiten in ihren Schulzweigen und<br />
integrierte Gesamtschulen durch ihre übergreifende<br />
Konzeption, die für alle Jugendlichen eines Jahrganges<br />
– und damit auch für alle vorkommenden Begabungen<br />
– vorgesehen ist.<br />
– Begabungsförderung kann nur als individuelle Förderung<br />
sachgerecht verstanden werden. Die vorhandene<br />
Leistungsvielfalt unter den intellektuell Hochbegabten<br />
wie auch die unterschiedlichen Interessen dieser Schülerinnen<br />
und Schüler machen deutlich, dass eine schulische<br />
Begrenzung auf nur eine spezielle Art von Fördermaßnahmen<br />
und damit auf nur eine einzelne Art<br />
der Leistungsausprägung sowie die zugehörige Vernachlässigung<br />
anders gearteter Begabungsausprägungen<br />
nicht möglich ist. Beteiligte Schulen sollten in<br />
ihren Schulprogrammen ausdrücklich ausweisen, in<br />
welcher Hinsicht die Hochbegabtenförderung bei ihnen<br />
zu verstehen ist und welche Art von Fördermaßnahmen<br />
bei ihnen angeboten wird. Ein allgemeines<br />
Prädikat einer „begabungsfördernden Schule“ kann<br />
nur dann gerechtfertigt sein, wenn die an einer Schule<br />
angebotenen Programme sich auch auf verschiedenartige<br />
Begabungsausprägungen beziehen und damit der<br />
existierenden Leistungs- und Interessenvielfalt gerecht<br />
werden wollen.<br />
– Die soziale Dimension der Begabungsförderung darf<br />
nicht vernachlässigt werden. Die schulischen Anstrengungen<br />
um Förderung und Forderung hochbegabter<br />
Schülerinnen und Schüler müssen mehr sein als eine<br />
bloße Palette von „Enrichment“, „Akzeleration“ und<br />
Kompensation. Nötig sind Strukturen der gelingenden<br />
Gemeinschaftsbildung in Lerngruppen, der sozialen<br />
Integration in Gestalt von Kennenlernen und Akzeptieren<br />
von Verschiedenartigkeit unterschiedlichster<br />
Art, daraus erwachsende soziale Verpflichtungen in<br />
Form der aktiven Unterstützung Lernschwächerer<br />
durch kognitiv Fortgeschrittenere und Leistungsstärkere,<br />
unterstützende Rituale im Schulalltag, Mechanismen<br />
zur Konfliktbewältigung und flankierende Beratungsangebote.<br />
– Fördern und Fordern sind gleichermaßen wichtig. Förderung<br />
bedeutet Unterstützung von besonderen bzw.<br />
hohen Begabungen, Anregung zu und Würdigung von<br />
herausgehobenen Lernleistungen sowie Schaffung von<br />
Foren für deren Präsentation und Darstellung. Förderung<br />
heißt aber auch Hilfestellung in Bereichen, in denen<br />
Defizite bestehen, die den Lernfortschritten<br />
möglicherweise im Wege stehen könnten (z. B. besondere<br />
Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten, Kommunikationsprobleme,<br />
motorische Probleme, sprachliche<br />
Defizite bei ausländischen Jugendlichen usw.). Forderung<br />
bedeutet Motivation zu immer höheren Leistungen,<br />
Anreize und Rückmeldungen sowie Erfahrbarmachung<br />
von Leistungsgrenzen im positiven Sinne.<br />
12. Vielfalt von Fördermaßnahmen<br />
Vor diesem Hintergrund kann in der Sekundarstufe I<br />
eine Fülle von Fördermaßnahmen entworfen werden:<br />
– Anregungen zu selbstständigem und selbstwirksamem<br />
Lernen sowie Unterstützung bei der Anwendung von<br />
Lernstrategien.<br />
– Differenzierung und Individualisierung <strong>des</strong> Unterrichts<br />
(zwecks Vermeidung der Gefahr eines Aufmerksamkeitsdefizits<br />
in Folge von Langeweile; „nach<br />
oben offene“ Angebote, die hochbegabten Jugendlichen<br />
die Chance geben, ihr Potenzial auch tatsächlich<br />
auszuschöpfen. Dies umfasst auch eine differenzierte<br />
Hausaufgabenstellung).<br />
– Möglichkeiten zum Projektlernen und eigener Themensuche.<br />
– Inner- und außerschulische Zusatzangebote (Anreicherung)<br />
jeglicher Art, Arbeitsgemeinschaften, Austauschprogramme,<br />
Schülerwettbewerbe und Sommer-