abi. 8/02 - Amtsblatt des hessischen Kultusministeriums
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576 Bekanntmachungen und Mitteilungen <strong>des</strong> Hess. <strong>Kultusministeriums</strong> ABl. 8/<strong>02</strong><br />
Ein Förderkonzept zur Integration von intellektuell hochbegabten<br />
Schülerinnen und Schülern mit besonderen<br />
Schwierigkeiten in die reguläre Grundschulklasse sollte<br />
die folgenden – für alle Begabungen gleichermaßen geltenden<br />
– Ziele im Auge haben:<br />
– Stärken fördern<br />
Die Stärken eines Kin<strong>des</strong>, seine Begabungen bzw. sein<br />
Begabungspotenzial sollten durch vielfältige anreichernde<br />
und/oder beschleunigende Maßnahmen gefördert<br />
werden. Dabei muss sich die Begabungsförderung<br />
an den förderungswürdigen Bedürfnissen, Fähigkeiten<br />
und Interessen <strong>des</strong> einzelnen Kin<strong>des</strong> orientieren.<br />
– Schwächen abbauen<br />
Kinder, die besondere Schwierigkeiten – z. B. im Lernoder<br />
Verhaltensbereich – aufweisen, brauchen eine spezielle<br />
pädagogische und gegebenenfalls auch psychologische<br />
Betreuung zur Bewältigung ihrer Probleme.<br />
Das Ziel präventiver Förderung besteht darin, intellektuell<br />
hochbegabte Schülerinnen und Schüler mit besonderen<br />
Schwierigkeiten – möglichst bereits von der Einschulung<br />
an – so zu betreuen und zu begleiten, dass eine<br />
erfolgreiche Integration in die Grundschule erreicht werden<br />
kann.<br />
Zu den vorbeugenden Maßnahmen gehören vor allem<br />
– Unterrichtsbeobachtung und -beratung der beteiligten<br />
Grundschullehrerinnen und -lehrer durch Lehrkräfte,<br />
die (als Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den diversen<br />
Lehrerfortbildungsangeboten <strong>des</strong> Hessischen Lan<strong>des</strong>instituts<br />
für Pädagogik und <strong>des</strong> <strong>Kultusministeriums</strong>)<br />
auf dem Gebiet intellektueller Hochbegabung speziell<br />
geschult, fortgebildet und erfahren sind;<br />
– eingehende Differenzierungsangebote im Unterricht;<br />
– die Einrichtung von Fördermaßnahmen in Kleingruppen,<br />
z. B. in den Fächern Deutsch, Mathematik und<br />
Sachunterricht, oder als Einzelförderung;<br />
– eine enge Zusammenarbeit mit dem Schulpsychologischen<br />
Dienst und mit einschlägigen Hochbegabungsberatungsstellen;<br />
– eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Eltern.<br />
4.3 Möglichkeit der Zusammenführung<br />
hochbegabter Kinder<br />
An manchen Grundschulen kann es möglich sein, Kinder<br />
mit vergleichbarer Begabung in einer bestimmten Klasse<br />
einer jeden Jahrgangsstufe zu sammeln und entsprechend<br />
ihren Bedürfnissen und Anforderungen besonders zu fördern.<br />
So können auch als intellektuell hochbegabt identifizierte<br />
Kinder einer Jahrgangsstufe – entweder bei der<br />
Einschulung oder auch später – bei entsprechender<br />
Schülerzahl in einer Klasse zusammengeführt und<br />
grundsätzlich gemeinsam mit den übrigen Kindern unter-<br />
richtet werden, darüber hinaus ggf. aber auch zusätzliche<br />
Angebote und Fördermaßnahmen in Anspruch nehmen.<br />
Angesichts <strong>des</strong> durch Konvention festgelegten Grenzwertes<br />
für intellektuelle Hochbegabung (z. B. Intelligenzquotient<br />
≥ 130) sind – abhängig von dem Einzugsbereich<br />
und der Schülerzahl einer Grundschule – im Regelfall<br />
nicht viele intellektuell Hochbegabte pro Grundschule<br />
zu erwarten. Bei derzeit ca. 60 000 Schülerinnen<br />
und Schülern pro Grundschuljahrgang in Hessen sind davon<br />
zwei Prozent, d. h. ca. 1200 Schülerinnen und<br />
Schüler lan<strong>des</strong>weit, als intellektuell hochbegabt anzunehmen.<br />
Im Falle einer dreizügigen Grundschule mit insgesamt<br />
300 Schülern ist danach statistisch von lediglich<br />
sechs intellektuell hochbegabten Schülerinnen und<br />
Schülern – in 12 Klassen – auszugehen.<br />
Die Vorteile einer Zusammenführung von identifizierten<br />
intellektuell Hochbegabten in einer Klasse pro Jahrgang<br />
liegen auf der Hand:<br />
– Das einzelne hochbegabte Kind braucht sich nicht in<br />
einer Außenseiterrolle zu erfahren. Es erlebt, dass es<br />
noch mehr intellektuell hochbegabte Kinder – mit<br />
durchaus verschiedenen Leistungsprofilen – gibt.<br />
– Der zeitliche und organisatorische Aufwand für die<br />
Erstellung der angezeigten Differenzierungsmaßnahmen<br />
und Zusatzangebote wird deutlich effizienter genutzt.<br />
– Die Leistungen auch der intellektuell hochbegabten<br />
Kinder werden für die Lehrkräfte transparenter und<br />
vergleichbarer.<br />
Die in einer Klasse zusammengeführten intellektuell<br />
Hochbegabten können mittels situativer äußerer Differenzierung<br />
unterrichtet und gefördert werden, ohne die<br />
grundsätzliche soziale Einbindung in den umgebenden<br />
Klassenverband zu verlieren. Im Einzelnen ist dabei auf<br />
die im vorausgegangenen Abschnitt dargestellte Bandbreite<br />
von Möglichkeiten zur Anreicherung und Beschleunigung<br />
zurückzugreifen.<br />
4.4 Schulversuch einer dreijährigen Primarstufe<br />
Herr Professor Dr. A. Ziegler (Universität Ulm) hat<br />
einen Vorschlag für einen Schulversuch einer dreijährigen<br />
Primarstufe für begabte Kinder vorgelegt. In einem<br />
hierfür noch speziell zu entwickelnden Curriculum wäre<br />
auszuweisen, dass der Lernstoff in diesem Rahmen intensiver<br />
zu behandeln ist und über das reguläre Grundschulcurriculum<br />
hinausgehen<strong>des</strong> Wissen erworben werden<br />
kann. Ein weiteres Erfordernis ist die Entwicklung<br />
eines treffsicheren Identifikationsverfahrens, um sicherzustellen,<br />
dass nur tatsächlich Begabte in die dreijährige<br />
Primarstufe aufgenommen werden, somit keine Überforderungen<br />
auftreten.<br />
Nach Auffassung von Herrn Professor Dr. Ziegler sollten<br />
in dem Schulversuch ab der 1. Klasse Fremdsprachenun-