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abi. 8/02 - Amtsblatt des hessischen Kultusministeriums

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578 Bekanntmachungen und Mitteilungen <strong>des</strong> Hess. <strong>Kultusministeriums</strong> ABl. 8/<strong>02</strong><br />

kommende Schülerinnen und Schüler auch unter dem<br />

Gesichtspunkt möglicher intellektueller Hochbegabung<br />

zu betrachten und ihnen ggf. einen Kontakt zum Schulpsychologischen<br />

Dienst oder zu der Beratungsstelle<br />

BRAIN (Beratung und Information über besondere Begabung)<br />

an der Philipps-Universität Marburg (Lehrstuhl<br />

von Herrn Prof. Dr. D. H. Rost) zu vermitteln. Weitere<br />

Ziele sind die Ausbildung von Beratungs- und Förderkompetenz<br />

auf Seiten der Lehrkräfte. Dessen ungeachtet<br />

sollten im Einzelfall vorgelegte diagnostische Gutachten<br />

von den Lehrkräften sorgfältig in ihre pädagogischen<br />

Überlegungen und Konzeptionen einbezogen werden.<br />

Eine fortdauernde Beobachtung <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> sowie Gespräche<br />

zwischen Lehrkräften und Eltern über ihre Erfahrungen<br />

über einen längeren Zeitraum hinweg können<br />

eine vorliegende Hochbegabungsdiagnose begleiten.<br />

Ziele <strong>des</strong> pädagogischen Handelns der Lehrkräfte sind<br />

eine optimale Einstufung und Förderung aller intellektuell<br />

hochbegabten Kinder bereits zu einem möglichst<br />

frühen Zeitpunkt ihrer Schullaufbahn, weiterhin eine<br />

fachkundige Beratung der Eltern, deren Hinweise und<br />

Fragen von den Lehrkräften ernst zu nehmen und aufzugreifen<br />

sind. Eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit<br />

von Eltern, Lehrkräften, Schulpsychologinnen und<br />

-psychologen sowie ggf. Beratungseinrichtungen schärft<br />

für alle beteiligten Bezugspersonen die jeweiligen eigenen<br />

Wahrnehmungen und Bewertungen und ermöglicht<br />

abgestimmtes und sachgerechtes gemeinsames Handeln<br />

und Miterleben der Entwicklungs- und Lernleistungsprozesse<br />

hochbegabter Kinder.<br />

Die Qualität und auch Effektivität pädagogischen Handelns<br />

ist in hohem Maße von der Ausgestaltung der Individualisierungsmöglichkeiten<br />

durch die Lehrerpersönlichkeit<br />

abhängig. Kinder in ihrer Individualität anzunehmen<br />

und zu bestärken ist eine wesentliche Voraussetzung<br />

für konstruktive gemeinsame Lehrer- und Schülererfahrungen.<br />

Intellektuell hochbegabte Kinder können<br />

dies in besonderer Weise durch die vorbehaltlose Annahme<br />

ihrer zum Teil außergewöhnlichen Reflexions- und<br />

Leistungsfähigkeit erleben und dadurch Selbstbestätigung<br />

und Selbstsicherheit sowie anhaltende Leistungskraft<br />

gewinnen.<br />

Um den individuellen Förderbedarf eines intellektuell<br />

hochbegabten Kin<strong>des</strong> feststellen und geeignete Angebote<br />

machen zu können, müssen solche Kinder in ihren möglichen<br />

Besonderheiten zunächst einmal erreicht werden.<br />

Dies setzt voraus, dass sich Lehrerinnen und Lehrer auf<br />

die „neue“ Situation einlassen können und wollen und<br />

für „dieses“ Kind Sensibilität entwickeln und erlernen.<br />

Auf diese Weise können Lehrkräfte bisherige Sichtweisen<br />

ändern und neue Perspektiven gewinnen, umsichtiger<br />

werden und angemessene Einstellungen zu bestimmten<br />

Verhaltensweisen ausbilden, die daraufhin auch verständnisvollere<br />

Bewertungen von Schülerverhalten erlauben.<br />

Zum anderen gehört zur Professionalität der Lehrkraft<br />

die Erweiterung der Fachkompetenz. Diejenigen Lehr-<br />

kräfte sehen und erkennen mehr Zeichen von Seiten intellektuell<br />

hochbegabter Kinder richtig, die ausgeprägte<br />

spezifische Fachkenntnisse über die Ausprägungsmöglichkeiten<br />

intellektueller Hochbegabung und die angezeigten<br />

differenzierten Förderangebote erworben haben.<br />

Beide Bereiche bedingen und ergänzen einander und ermöglichen<br />

immer wieder neue Schwerpunktsetzungen<br />

und Verfeinerungen im Sinne von psychologischer Sensibilität<br />

und pädagogischer Professionalität.<br />

Lehrkräfte sollten dabei<br />

– einerseits vermehrt kooperieren und im Team arbeiten,<br />

um Erfahrungen über einzelne Kinder auszutauschen<br />

und Lernangebote und Förderpläne individuell auf<br />

Schülerinnen und Schüler zuzuschneiden, und<br />

– andererseits auf Seiten der Kinder die Entwicklung von<br />

selbstständigen Helfersystemen anstoßen, damit Schülerinnen<br />

und Schüler aktiv mit- und voneinander lernen<br />

und auf diese Weise ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />

entdeckend und unterstützend ausbauen und verstärken<br />

können.<br />

Die Spezialgebiete von Grundschullehrkräften können<br />

eventuell auch bei Kindern Lernfreude und Begeisterung<br />

wecken. Gerade bei intellektuell hochbegabten Kindern<br />

sind nicht ausschließlich regulärer Lern- und Übungsstoff<br />

gefragt, sondern auch und gerade anspruchsvolle<br />

Zusatzaufgaben. Ein ausschließliches Beharren von<br />

Lehrkräften auf standardisierten Vorgehensweisen, für<br />

die ein Kind eigenständig praktikable Alternativen gefunden<br />

hat, würde dagegen die Leistungsentwicklung<br />

insbesondere von hochbegabten Kindern behindern. Gegenüber<br />

hochbegabten Kindern kann die Lehrerin bzw.<br />

der Lehrer verstärkt als Lernberater tätig werden, d.h. bei<br />

der Zielsetzung, Zeitplanung und Methodenauswahl für<br />

Arbeitsprojekte Unterstützung geben. Was generell gilt,<br />

ist bei hochbegabten Kindern nicht anders: Lob, Anerkennung<br />

und Herausforderung sind wichtige Antriebe<br />

zur weiteren Entwicklung.<br />

Wenn Begabungsförderung ein wichtiges Thema für die<br />

ganze Schule ist und mit der Unterstützung <strong>des</strong> Kollegiums<br />

und der Schulleitung gerechnet werden kann, entlastet<br />

dies die einzelne Lehrkraft außerordentlich. Als Bestandteil<br />

<strong>des</strong> Themas der integrativen Förderung aller<br />

Kinder gehört auch die Hochbegabtenförderung zur aktuellen<br />

Leitbilddiskussion in den Schulen.<br />

Für die Gestaltung bedarfsorientierter Fördermöglichkeiten<br />

für intellektuell hochbegabte Kinder sind in den jeweiligen<br />

Regionen der Schulaufsichtsbereiche Unterstützungssysteme<br />

zu entwickeln, die für alle dortigen Schulen<br />

transparent und auch zugänglich sind. Hier bietet<br />

sich zunächst die Teambildung vor Ort an. Einem solchen<br />

Team gehören betroffene und in der Thematik fortgebildete<br />

und erfahrene Lehrkräfte sowie – in beratender<br />

Begleitung – eine Schulpsychologin oder ein Schulpsychologe<br />

an.

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