abi. 8/02 - Amtsblatt des hessischen Kultusministeriums
abi. 8/02 - Amtsblatt des hessischen Kultusministeriums
abi. 8/02 - Amtsblatt des hessischen Kultusministeriums
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
ABl. 8/<strong>02</strong> Bekanntmachungen und Mitteilungen <strong>des</strong> Hess. <strong>Kultusministeriums</strong> 571<br />
B. Hochbegabtenförderung in der Grundschule<br />
1. Aufgaben und Ziele der Grundschule<br />
Die Grundschule prägt als erste Schulstufe das Kind in<br />
einem Alter hoher Lernfähigkeit für seinen weiteren Bildungs-<br />
und Lebensweg. Der im Hessischen Schulgesetz<br />
festgelegte Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule<br />
ist auf die bestmögliche Entfaltung der Persönlichkeit<br />
der Mädchen und Jungen gerichtet und schließt die Sorge<br />
um ihr physisches und psychisches Wohl mit ein.<br />
Die der Grundschule zugewiesene Aufgabe grundlegender<br />
Bildung für alle Kinder hat eine doppelte Bedeutung:<br />
erstens ist sie Bildung in allen wesentlichen Kulturbereichen<br />
zur allseitigen Persönlichkeitsentfaltung, und zweitens<br />
ist sie Voraussetzung für die differenzierten<br />
weiteren Bildungswege. Die Grundschule ermöglicht<br />
Mädchen und Jungen, sich entdeckend und lernend mit<br />
ihrer Umwelt auseinander zu setzen und ihre Kräfte und<br />
Fähigkeiten in steter Fortentwicklung auszubilden; weiterhin<br />
vermittelt sie die Grundlagen für die Wahrnehmung<br />
künftiger Aufgaben in der Gesellschaft.<br />
Insgesamt ist es die Aufgabe der Grundschule, unter sich<br />
kontinuierlich verändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
und Lebensverhältnissen das Selbstvertrauen<br />
der Kinder weiter zu entwickeln, ihre Lebens- und<br />
Lernfreude sowie ihre Leistungs- und Anstrengungsbereitschaft<br />
zu lebenslangem Lernen zu unterstützen.<br />
Je<strong>des</strong> einzelne Kind hat Anspruch darauf, in seinen Eigenheiten,<br />
Stärken und Schwächen, Ängsten und Hoffnungen<br />
ernst genommen und in seiner Entwicklung bestmöglich<br />
gefördert zu werden. Ausgangspunkt <strong>des</strong> Unterrichts<br />
in der Grundschule sind daher die individuellen<br />
Lernvoraussetzungen, Leistungsmöglichkeiten, Interessen<br />
und Förderbedürfnisse eines jeden Kin<strong>des</strong>. Die freie<br />
Entfaltung eigener Fähigkeiten und die St<strong>abi</strong>lisierung<br />
und Reifung der Persönlichkeit sind für das Kind am<br />
ehesten gewährleistet, wenn es in einem Klima bejahender<br />
Annahme und sozialer Geborgenheit sein Lernen und<br />
sein Handeln als werthaft und sinnvoll erfährt.<br />
In die Arbeit der Grundschule ist der Kontext der außerschulischen<br />
Erfahrungen <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> einzubeziehen, da<br />
nur auf diese Weise eine positive geistige, moralische<br />
und körperliche Entwicklung <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> gewährleistet<br />
werden kann.<br />
Daher soll<br />
– der Unterricht in der Wahl seiner Inhalte und Methoden<br />
von der Lebenswelt der einzelnen Kinder,<br />
d. h. ihren konkreten Lebenssituationen, ihren Interessen<br />
und Fähigkeiten, Erfahrungen und Kenntnissen<br />
sowie von ihrem jeweiligen Entwicklungsstand ausgehen<br />
und Lernprozesse ermöglichen, die auf einem<br />
angestrebten höheren kognitiven Niveau und auch<br />
persönlichen Reifestand wieder in diese Lebenswirklichkeit<br />
zurückführen,<br />
– sich die Grundschule der umgebenden Lebenswelt mit<br />
ihren Problemen und Nöten sowie ihren Möglichkeiten<br />
und Chancen gleichermaßen öffnen und den Kindern<br />
auch die außerschulische Wirklichkeit in ihrer<br />
Vielfalt und Struktur erschließen und begreifen helfen,<br />
– die Wahl der Formen und Verfahren <strong>des</strong> Unterrichts<br />
an diejenigen anknüpfen, mit denen Kinder vor- und<br />
außerschulische Wirklichkeiten erkunden und erforschen.<br />
2. Hochbegabtenförderung als Bestandteil der<br />
allgemeinen Begabungsförderung<br />
Die Grundschule ist die Schule für alle Kinder und für<br />
alle Begabungen. Sie „entwickelt die verschiedenen<br />
Fähigkeiten in einem gemeinsamen Bildungsgang“ (§ 17<br />
Hessisches Schulgesetz).<br />
Alle Kinder werden zusammen eingeschult. In Lerngruppen<br />
sollen sie in allen Aspekten ihrer Persönlichkeit -<br />
kognitiv, emotional und sozial – gefördert werden. Die<br />
Kinder können auf diese Weise voneinander lernen, sich<br />
in ihrer Verschiedenheit selbst und gegenseitig anzunehmen.<br />
Dabei sollen sie Toleranz und soziales Miteinander<br />
entwickeln, aber auch lernen Unterschiede zu akzeptieren<br />
und Konflikte zu bewältigen.<br />
In diesem Rahmen der gebotenen Unterstützung aller in<br />
der Grundschule vorkommenden förderungswürdigen<br />
Begabungen verdient auch die Gruppe der intellektuell<br />
Hochbegabten eine besondere Aufmerksamkeit und Hilfestellung.<br />
Auch intellektuelle Hochbegabung bedarf –<br />
wie jede Art von Begabung – zu ihrer optimalen Entfaltung<br />
einer speziellen Begleitung und Förderung. Gemäß<br />
der verschiedenartigen Realisierungsmöglichkeiten von<br />
intellektueller Hochbegabung in unterschiedlichen Ausprägungs-<br />
und Leistungsbereichen sind dafür von der<br />
Grundschule entsprechend differenzierte und individualisierte<br />
Förderangebote zu entwickeln und bereitzuhalten.<br />
Die Zielgruppe der Hochbegabtenförderung sind diejenigen<br />
Schülerinnen und Schüler, die entweder durch vorliegende<br />
begabungsdiagnostische Gutachten vonseiten<br />
hierfür speziell qualifizierter Diplom-Psychologinnen<br />
bzw. -Psychologen fachgerecht identifiziert wurden oder<br />
durch begründete Einschätzung der Lehrkräfte den intellektuell<br />
Hochbegabten zuzurechnen sind. Dabei ist die<br />
Möglichkeit von kurzfristig wirksamen individuellen<br />
Entwicklungsvorsprüngen, die in hohem Maße von der<br />
häuslichen Anregung und Unterstützung abhängen, mit<br />
zu bedenken.<br />
Eine eindeutige Abgrenzung der theoretisch zu unterscheidenden<br />
Gruppen von hochbegabten Hochleistern,<br />
hochbegabten Minderleistern, normal begabten Hochleistern<br />
und entwicklungsvorsprungsbedingten Hochleis-