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Falstaff Spezial Wien für Genießer

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Leitet die Fachgruppe Kaffeehäuser:<br />

Wolfgang Binder.<br />

len, aber dazu Gesellschaft brauchen.« Man<br />

geht alleine hin, ist aber trotzdem nicht<br />

alleine. Das ist meines Erachtens auch der<br />

Hintergrund, warum der <strong>Wien</strong>er ins Kaffeehaus<br />

geht. Der <strong>Wien</strong>er ist nicht der Coffeeto-go-Typ,<br />

das sieht man sehr gut an Starbucks.<br />

Die wollten groß in <strong>Wien</strong> reinfahren<br />

– und man sieht ja, was davon übrig ist.<br />

Was schätzen Sie beide besonders an <strong>Wien</strong>?<br />

DOBCAK Die Qualität der Gastronomie, die<br />

ist sehr gut. Wir haben eine an sich große<br />

Vielfalt, die nur durch gewisse Rahmenbedingungen,<br />

die in dieser Stadt herrschen,<br />

etwas beschränkt erscheint. Weil es sich der<br />

normalsterbliche Gastronom oft schlicht und<br />

einfach nicht mehr leisten kann, diese ganzen<br />

Auflagen zu erfüllen, die es gibt. Daher ist die<br />

Dynamik, die man in anderen Städten sieht,<br />

vielleicht nicht so gegeben. Aber es gibt sie<br />

sehr wohl, es gibt immer wieder junge Gastronomen,<br />

die mit neuen Konzepten einsteigen.<br />

Das ist sehr begrüßenswert, aber es<br />

könnte noch viel mehr sein.<br />

Sie sprechen die Behörden an.<br />

Was vermissen Sie in diesem Punkt?<br />

BINDER Dass man uns dieses freie Unternehmertum<br />

nicht so zugesteht, wie es in<br />

anderen Ländern der Fall ist. Dort gehst<br />

du hin, sagst: »Ich möchte ein Lokal aufmachen«,<br />

und das geht. Das ist in <strong>Wien</strong><br />

leider nicht so leicht möglich, weil wir eine<br />

überbordende Bürokratie haben.<br />

DOBCAK Wir versuchen zum Beispiel seit<br />

»Wie Alfred Polgar so<br />

schön sagte: Ins Kaffeehaus<br />

gehen Leute, die allein<br />

sein wollen, aber dazu<br />

Gesellschaft brauchen.«<br />

WOLFGANG BINDER<br />

Fachgruppenobmann Kaffeehäuser<br />

Jahren, die Foodtruck-Szene in <strong>Wien</strong> hochzubringen.<br />

Eine Initiative, die mit viel<br />

Begeisterung vor vier, fünf Jahren begonnen<br />

hat. Aber sehen Sie irgendwo einen Foodtruck?<br />

Hier gelingt das kaum, weil der<br />

administrative Aufwand derartig hoch ist.<br />

Wir beide sind doch halbwegs viel<br />

gereist, aber ich kenne jetzt keine andere<br />

Stadt, in der ein Bezirksvorsteher auf die<br />

Idee kommt, zu sagen: »In meinem<br />

Bezirk kommt das jetzt nicht, das könnte<br />

ja die Anrainer stören.«<br />

Kämpfen Sie gegen solche Hürden an?<br />

DOBCAK Bekämpfen kann ich alles. Die<br />

Frage ist nur: Wie weit komm ich damit?<br />

Ist es eine Sisyphus-Arbeit oder sehe ich<br />

irgendwo Licht am Ende des Tunnels? Ich<br />

muss dazusagen, dass die Politik in <strong>Wien</strong> –<br />

und das ist typisch mitteleuropäisch, aber<br />

ganz besonders in unserer Stadt – einen viel<br />

zu großen Einfluss nimmt, fast schon bis<br />

ins daily life. In anderen Ländern werden<br />

Rahmenbedingungen gesetzt und innerhalb<br />

dieser kann man sich frei bewegen, bei uns<br />

wird überbordend limitiert. Wir als Unternehmerinnen<br />

und Unternehmer tragen<br />

nicht nur einen Mörder-Rucksack an Belastungen,<br />

wir haben auch ein Gummiband,<br />

das unsere Kreativität und Entfaltungsmöglichkeit<br />

manchmal extrem beschränkt.<br />

Ohne das könnten wir <strong>Wien</strong> noch wesentlich<br />

weiter bringen. <strong>Wien</strong> ist ja kein Kurort,<br />

sondern eine internationale Weltstadt.<br />

Wenn Sie tun könnten, was Sie wollten –<br />

was würden Sie tun?<br />

DOBCAK Wir würden gerne Entscheidungen,<br />

die in unserer Verantwortung liegen,<br />

selbst treffen können. Wenn nicht unmittelbar<br />

Gefahr <strong>für</strong> Leib und Leben herrscht,<br />

dann soll man uns unsere Betriebe bitte so<br />

führen und einrichten lassen, wie wir es <strong>für</strong><br />

richtig halten. Aktuell wird versucht, sich<br />

in allen Richtungen abzusichern, damit ja<br />

nichts passieren kann. Dadurch bewegen<br />

wir uns hauptsächlich in der Hypothese.<br />

BINDER Wenn ich seit 30 Jahren ein Lokal<br />

mit Schanigarten besitze, habe ich ohnehin<br />

Auflagen. Der Schanigarten muss um 10<br />

oder 11 Uhr abends zusperren, die Musik<br />

spielt bis elf. Und plötzlich zieht gegenüber<br />

eine Familie mit einem kleinen Kind ein, ><br />

falstaff 33

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