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lität wertschätzt. Hier liegt es an uns, Mut<br />
zu zeigen und Solidarität dem Unternehmer<br />
gegenüber, um dementsprechend sukzessive<br />
mit den Preisen raufzugehen. Denn dann<br />
können wir die Mitarbeiter auch wirklich so<br />
bezahlen, wie sie es verdienen. Und wenn die<br />
Gewerkschaft sagt, wir zahlen so wenig,<br />
dann ist das richtig. Aber das ist ja nicht<br />
mutwillig, weil wir so gierig sind – schließlich<br />
gibt es leider immer noch Gastronomiebetriebe,<br />
in denen der Mitarbeiter mehr verdient<br />
als der Unternehmer.<br />
BINDER Das Problem ist auch, dass hier<br />
eine Branche in den Medien schlechtgeredet<br />
wird. Da heißt es dann: Schlechte Arbeitszeiten,<br />
schlechte Bezahlung – aber niemand<br />
fragt wirklich, was bezahlt wird. Man<br />
nimmt ein paar schwarze Schafe her und<br />
pauschaliert. Ich kenne viele Betriebe, in<br />
denen die Mitarbeiter nicht mehr als 40<br />
Stunden arbeiten. Wo die Mitarbeiter <strong>für</strong><br />
jede Stunde bezahlt werden, die sie extra<br />
arbeiten. Ich glaube, wir müssen wirklich<br />
das hervorheben, was positiv ist. Uns fehlen<br />
aktuell circa 2.000 Leute in der Gastronomie,<br />
bei 80.000–100.000 Arbeitsplätzen.<br />
Wo sehen Sie Ihre Bereiche in 30 Jahren?<br />
BINDER Das <strong>Wien</strong>er Kaffeehaus gibt es seit<br />
mittlerweile 335 Jahren, das wird es auch<br />
in 30 Jahren noch geben. Vielleicht in einer<br />
etwas anderen Art, weil sich die Kaffeehäuser<br />
immer neu erfinden.<br />
DOBCAK Der Mensch ist ein hochsoziales<br />
Wesen und die Gastronomie ist und war Kulminationspunkt<br />
des Treffens, des Sichaustauschens.<br />
Um die Gastronomie per se mache<br />
ich mir überhaupt keine Sorgen, aber es gibt<br />
natürlich einen Wandel. Der Mensch wird<br />
mehr und mehr körper-, mehr und mehr<br />
ernährungsbewusst. Vor allem die Generation<br />
U35 besinnt sich, dass Qualität auch<br />
dem Körper guttut. Ich denke, dass hier die<br />
Zukunft sehr wohl abgesichert ist. Und ich<br />
glaube, dass sich auch in der Mitarbeiterfrage<br />
was tun wird, weil die Jugend nach und<br />
nach draufkommt, dass es nicht mehr unbedingt<br />
notwendig ist, eine Universität zu besuchen<br />
– und ganz ehrlich, da schaut die Bezahlung<br />
noch viel grausamer aus.<br />
Letzte Frage: Wenn Sie in Ihren Bereichen<br />
einen Wunsch frei hätten, welcher wäre das?<br />
BINDER Dass der Kunde die Arbeit, die<br />
unsere Mitarbeiter tagtäglich verrichten,<br />
wertschätzt. Und die Wertschätzung fängt<br />
bei den Medien an, wie man das ja bei der<br />
Diskussion um das berühmte Glas Wasser<br />
gesehen hat. Ob das jetzt was kosten darf<br />
oder nicht. Es kostet nicht das Glas Wasser,<br />
sondern es kostet die Dienstleistung, das<br />
muss man erkennen. Und da müssen wir<br />
auch viel enger mit den Medien zusammenarbeiten.<br />
DOBCAK Ich würde einen Appell an die<br />
Jugend richten: Die Chance zu haben,<br />
einem anderen Menschen etwas Gutes zu<br />
tun, eine gute Zeit zu vermitteln – das ist<br />
das Schönste, das man im Leben machen<br />
kann. Die besten Servierkräfte, die besten<br />
Köche machen das mit Stolz – und werden<br />
da<strong>für</strong> respektiert, das ist bewundernswert,<br />
das spürt man auch. Wir müssen wieder<br />
wegkommen vom egozentrischen Weltbild,<br />
daran müssen wir alle arbeiten. Weil am<br />
Ende des Tages bist du allein, und es gibt<br />
nichts Schöneres, als jemanden zu haben,<br />
der sich um einen kümmert. Egal ob<br />
daheim – oder eben in einem Lokal.<br />
<<br />
Wolfgang Binder: »Das <strong>Wien</strong>er Kaffeehaus<br />
gibt es seit mittlerweile 335 Jahren, das<br />
wird es auch in 30 Jahren noch geben.«<br />
falstaff 35