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14 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 14 · D onnerstag, 17. Januar 2019<br />
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Berlin<br />
Hummus gegen Heimweh<br />
Nach ihrer Flucht aus Damaskus wurde Malakeh Jazmati in Jordanien als TV-Köchin ein Star.Inder Potsdamer Straße hat sie jetzt ein eigenes Restaurant<br />
VonKristina Auer<br />
Müsste Malakeh Jazmati<br />
ein Gericht für jemanden<br />
zubereiten, der<br />
überhaupt keine Vorstellungen<br />
von Syrien hat, sie würde<br />
Fattet Makdous kochen. Die gefüllten<br />
Auberginen mit Tomaten- und<br />
Joghurtsoße und frittiertem Brot gehören<br />
zu den absoluten Klassikern<br />
der syrischen Küche.„Essen ist Kultur“,<br />
sagt Jazmati. Weil ihr Land vom<br />
Krieg zerstört ist, hat sie es sich zur<br />
Aufgabe gemacht, diese Kultur zu<br />
bewahren. Mitte November hat die<br />
zierliche Köchin das „Malakeh“ in<br />
der Potsdamer Straße eröffnet, ihr eigenes<br />
Restaurant. „Alles hier ist typisch<br />
syrisch“, sagt Jazmati, es klingt<br />
sehr stolz.<br />
Gemütlich ist es im „Malakeh“.<br />
An der Wand hängt ein Teppich, die<br />
Kissen auf den Sitzbänken zeigen<br />
tanzende Derwische, Töpferwaren<br />
und Frauen in traditionellen Gewändern.<br />
DiesteingetäfeltenWände sind<br />
einem syrischen Haus nachempfunden.<br />
„Viele Leute denken, arabisches<br />
Essen sei nur Hummus und Falafel“,<br />
sagt Jazmati. Im „Malakeh“ gibt es<br />
weit mehr Vielfalt: Neben den erwähnten<br />
Auberginen werden zum<br />
Beispiel Mosokhan – gefüllte Teigblätter<br />
mit Hühnchen, Mandi –Granatapfelreis<br />
mit Rosenwasser oder<br />
Molokhya-Blätter, gekocht mit Butter,<br />
Koriander und Reis, serviert. Es<br />
gibt Teemit Rosenknospen und Ayran<br />
aus typischen Kupferbechern.<br />
Und natürlich steht auch Hummus<br />
auf der Karte. Dass beim Essen syrische<br />
Musik läuft, bei der Jazmati<br />
auch mal lautstarkmitsingt, versteht<br />
sich vonselbst.<br />
Jobinder Show<br />
Malakeh Jazmati wollte eigentlich<br />
nie Köchin werden. Bevor in ihrer<br />
Heimat Syrien der Krieg ausbrach,<br />
studierte sie an der Universität in<br />
Damaskus Politikwissenschaften<br />
und arabische Literatur. Eher durch<br />
Zufall kam die heute 31-Jährige nach<br />
ihrer Flucht in Jordanien zum Kochen.<br />
Bei einem Assad-kritischen<br />
TV-Sender bekam sie einen Job als<br />
Moderatorin einer Talkshow. Fortan<br />
plauschte Jazmati mit prominenten<br />
Persönlichkeiten über Gott und die<br />
Kochte auch schon für die Kanzlerin: Malakeh Jazmati in ihrem Restaurant in Schöneberg.<br />
Welt –beim Kochen, so sah es das<br />
Format vor. Die Sendung wurde in<br />
Syrien und Jordanien ausgestrahlt<br />
und machte Malakeh Jazmati zu einer<br />
Berühmtheit. In Deutschland<br />
blieb sie beim Kochen, bekämpfte<br />
ihr Heimweh mit Hummus, Weinblättern<br />
und Gewürzen ihrer Kindheit.<br />
Solange sie noch kein Deutsch<br />
sprach, habe sie das Essen als Kommunikation<br />
und Eisbrecher benutzt,<br />
um Kontakt zu anderen Menschen<br />
aufzubauen, erzählt Jazmati.<br />
„Essen ist eine gemeinsame Sprache“,<br />
sagt Malakeh Jazmati. Es folgt<br />
eine kurze Denkpause.„Undeine liebevolle<br />
Sprache“, fügt sie hinzu, ihr<br />
Blick wird jetzt ganz ernst. Kein<br />
Mensch, der gelernt habe, mit Liebe<br />
stundenlang Weinblätter für seine<br />
Freunde und Verwandten zu rollen,<br />
sei in der Lage, Krieg zu führen, davon<br />
ist die Köchin überzeugt. Wenn<br />
in einem Land ein Bürgerkrieg ausbreche<br />
wie in Syrien, liege das immer<br />
an gesellschaftlichen Missständen.<br />
„Mit Kultur oder Religion hat das<br />
nichts zu tun“, sagt Jazmati. Sie war<br />
schon immer ein politischer<br />
Mensch, aus Angst vor politischer<br />
Verfolgung hat sie auch ihr Land verlassen.<br />
Selbst im deutschen Exil<br />
kann niemand sie davon abhalten,<br />
ihre Meinung zu sagen. 2017 veröffentlichte<br />
die Fernseh-Köchin ihr<br />
Kochbuch„Malakeh –Sehnsuchtsrezepte<br />
aus meiner syrischen Heimat“.<br />
„Essen ist eine gemeinsame Sprache.<br />
Und esist eine liebevolle Sprache!“<br />
Malakeh Jazmati, Köchin und Restaurantbetreiberin<br />
Deutliche Worte findet sie darin für<br />
den syrischen Präsidenten Bashar<br />
al-Assad: „Der Präsident hat unser<br />
Paradies durch die Hölle ersetzt“,<br />
schreibt Jazmati.<br />
BERLINER ZEITUNG/MARKUS WÄCHTER<br />
Eine Wand des Restaurants ist gepflastert<br />
mit Porträts berühmter syrischer<br />
Persönlichkeiten –viele von<br />
ihnen sind Regierungskritiker.<br />
„Meine Helden“, nennt sie Malakeh<br />
Jazmati. Da hängt der Hollywood-<br />
Filmproduzent Moustapha Akkad,<br />
der 2005 bei einem Bombenanschlag<br />
ums Leben kam. Oder der politische<br />
Karikaturist Ali Ferzat, der<br />
bei einem Angriff in Damaskus 2011<br />
so schwere Handverletzungen davontrug,<br />
dass er bis heute nicht<br />
zeichnen kann. Ob es nicht gefährlich<br />
sei, sich so offen politisch zu äußern?<br />
„Doch, aber es ist wichtig“,<br />
sagt Jazmati. „Wenn ich es nicht mache,<br />
wer dann?“ Den Mut, zu sagen<br />
was sie wolle,habe sie vonihrem verstorbenen<br />
Vater geerbt.<br />
Ihre Heimat vermisst Malakeh<br />
Jazmati noch immer sehr.„Ich kann<br />
es nicht ertragen, fern von meiner<br />
geliebten Stadt zu sein“, sagt sie.Am<br />
Boden zerstört sei sie gewesen, als<br />
sie in Berlin ankam. Das war im Oktober<br />
2015. Ihr Mann Mohammed<br />
war ein Jahr zuvor über das Mittelmeer<br />
nach Berlin geflohen, sie kam<br />
mit dem Flugzeug hinterher.<br />
Inzwischen hat sich Jazmati in<br />
Berlin eine zweite Heimat aufgebaut.<br />
Mitihrem Mann Mohammed lebt sie<br />
im Neuköllner Refugio-Haus mit 40<br />
geflüchteten und anderen Menschen<br />
zusammen. Ihr Sohn Hassan<br />
kam 2016 zur Welt. „Er ist ein <strong>Berliner</strong>“,<br />
sagt die Mutter und lacht. Bereits<br />
2016 hat Jazmati mit ihrem Ehemann<br />
das Catering-Unternehmen<br />
Levante Gourmet mit syrischen Gerichten<br />
aufgebaut und alles aus eigener<br />
Tasche finanziert. Sie kam nicht<br />
mittellos nach Berlin, sie hatte ja zuvor<br />
mit ihren Kochshows Geld verdient.<br />
Auch für Bundeskanzlerin Angela<br />
Merkel bei einem Event im Bundeskanzleramt<br />
und auf der letzten<br />
Berlinale hatte Jazmati Malakeh gekocht.<br />
Am liebsten zum Kudamm<br />
„Hierher zu kommen, war die beste<br />
Entscheidung, die ich treffen<br />
konnte“, sagt Jazmati. An Berlin<br />
schätze sie die Offenheit und die interkulturelle<br />
Atmosphäre. „Die Menschen<br />
hier sind an Fremde gewöhnt“,<br />
sagt die Köchin. Am liebsten<br />
gehe sie auf dem Kurfürstendamm<br />
spazieren und im Stadtteil Prenzlauer<br />
Berg.„Obwohl dort viele Menschen<br />
sind, fühlt man sich wie in einem<br />
Dorf“, sagt Jazmati.<br />
DasRestaurant habe sie ganz einfach<br />
deshalb eröffnet, weil sie darum<br />
gebeten wurde.„Aufjeder Veranstaltung,<br />
bei der wir unsser Catering gemacht<br />
haben, hat jemand gefragt, ob<br />
wir unsere Speisen nicht auch für<br />
zwei oder drei Personen anbieten<br />
könnten.“ Mit dem „Malakeh“ hat<br />
Jazmati nicht nur ihren Fans einen<br />
Wunsch erfüllt, sondern einen wesentlichen<br />
Teil ihrer alten Heimat in<br />
ihre neue integriert. Sie hat ein kleines<br />
Stück Damaskus in Berlin geschaffen.<br />
Malakeh: Potsdamer Straße 153, Schöneberg,<br />
Di–Fr,12bis 0Uhr,Saund So von9.30 Uhrbis 0<br />
Uhr.Reservierungen unter0176 221 60998<br />
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WALTRAUT ZARBEL<br />
*20.02.1940 in Nauen †09.01.2019inBerlin<br />
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