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Berliner Zeitung 19.01.2019

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18 * <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 16 · 1 9./20. Januar 2019<br />

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Schönes Wochenende<br />

WEINKUNDE<br />

FUNDSTÜCKE<br />

von Michaela Pfisterer<br />

Haben Sie auchetwas Neues in derStadtentdeckt?<br />

Bitte schreiben Sie uns an: berlin.fundstuecke@dumont.de<br />

VonRomana Echensperger<br />

BLZ/PFISTERER<br />

NINETIES BERLIN<br />

Lockerbeerige<br />

Lust<br />

Wer schon ein paar JahreErfahrung mit deutschem Rotwein<br />

hat, ist immer wieder erstaunt, wie selbstverständlich<br />

großartig Spätburgunder heute ist. DieZeiten, in denen man<br />

mühsam nach einer guten Traube suchen und dafür richtig viel<br />

Geld berappen musste,sind vorbei. Spätburgunder ist ja eine<br />

schwierige Rebsorte.DerWinzer muss sich eingehend mit seinen<br />

Tücken beschäftigen, will er das Optimum rausholen.<br />

BeimWeingut GeorgGustav Huff in Nierstein hat man diesen<br />

Ehrgeiz schon lange.„Wirhaben eine Partnerstadt im Burgund,<br />

der Heimat des Spätburgunders.Dorthaben dieWeine<br />

ganz anders geschmeckt. Dashat mich fasziniert“, erklärt<br />

Senior-Chef Dieter Huff. EinGrund dafür,warum er einen<br />

Weinbergmit neuen Spätburgunderklonen aus Deutschland<br />

und Frankreich anlegte.Diese ersetzten die auf Ertrag getrimmten<br />

Züchtungen aus den Fünfzigerjahren. Hier saßen große<br />

Beeren ganz dicht aufeinander und drückten sich ab –ein Einfallstor<br />

für Pilzkrankheiten. Solch faule Trauben wurden dann<br />

entweder zu Rosé oder mithilfe vonThermovinifikation zu belanglosem<br />

Rotwein verarbeitet. Dafür wurde die Maische sehr<br />

starkerhitzt, um unerwünschte Keime abzutöten und Farbe zu<br />

lösen. Quasi Glühwein aus faulen Trauben.<br />

„Die neuen Klonen-Selektionen sind besonders klein- und<br />

lockerbeerig. Dasbedeutet nicht nur weniger Pilzdruck. In den<br />

Schalen sitzen Farbe,Gerb- und Geschmacksstoffe.Mit kleinen<br />

Beeren bekomme ich da eine ganz andereKonzentration hin“,<br />

erklärtDieter Huff und ist stolz darauf, dass diese Anlage mittlerweile<br />

ein stolzes Alter von20Jahren erreicht hat.<br />

Für denWeinkeller ist mittlerweile sein Sohn Stefan Huff verantwortlich.<br />

Auch dessen Leidenschaft gilt dem Spätburgunder,<br />

und mit den Reben in der Spitzenlage Rosenberghat er die richtige<br />

Grundlage dafür.Behutsam werden die Trauben verarbeitet,<br />

in hölzernen Gärbottichen mit der Maische vergoren und in<br />

Fässernaus französischer Eiche ausgebaut. Auch der Umgang<br />

mit neuem Holz gelingt heute ganz selbstverständlich. Früher<br />

fragte man sich ja oft, ob man nochWein trinkt oder schon in die<br />

Tischplatte beißt.Wenn neues Holz die Struktur und Frucht des<br />

Weines unterstützt, hat derWinzer alles richtig gemacht.<br />

Jedenfalls ist es eine große Freude,diesen Pinot Noir im Glas<br />

zu haben. DasBukett ist komplex, mit Aromen vonroten und<br />

dunklen Beeren, getrockneten Rosenblüten,Waldboden, Pfeffer,Wacholder<br />

undVanille.AmGaumen zeigen sich eine<br />

enorme Fruchtfülle,seidige Tannine sowie eine saftige Säure.<br />

Die13,5 Prozent Alkohol sind gut eingebunden in den kräftigen<br />

Körper.Ein Top-Spätburgunder zu einem fairen Preis.Auch das<br />

ist mittlerweile ganz selbstverständlich in Deutschland.<br />

2015 Niersteiner Rosenberg Spätburgunder „AlteReben“,Weingut Georg Gustav<br />

Huff, 55283Nierstein,Woogstraße1, Rheinhessen, 17 Euro. weingut-huff.com<br />

Bäckerei<br />

Glutenfreies Brot,<br />

das nach Brot schmeckt<br />

Mehr als zwei Jahrehat die <strong>Berliner</strong>in AvaCelik, die an Zöliakie<br />

–Glutenunverträglichkeit –leidet, an der perfekten<br />

glutenfreien Brotmischung getüftelt, denn sie wollte nicht<br />

auf den typischen Brotgeschmack verzichten. Die ausgebildete<br />

Schauspielerin hat die Ergebnisse ihrer Tüfteleien bei Instagram<br />

dokumentiert. Herausgekommen ist ein wunderbar<br />

saftiges Brot mit einer knackigen Kruste, nussig und erstaunlich<br />

nah am klassischen Brotgeschmack. DerSauerteig darfbei<br />

Celik mindesten 2,5 Tage ruhen, sie nimmt sich viel Zeit, damit<br />

ein glutenfreies Brot in höchster Qualität entsteht. Seit Mitte<br />

Dezember gibt es nun ihre Bäckerei Aera Bread in der Fasanenstraße<br />

in Charlottenburg. Für alle Nicht-<strong>Berliner</strong>:AbMitte<br />

Februar ist der Online-Shop live, dann kann das Brot auch digital<br />

bestellt werden. Schon jetzt gilt: Wer nicht vorbestellt,<br />

geht mitunter leer aus.<br />

Aera Bread Fasanenstraße 74, Charlottenburg,Mo–Sa 12–20 Uhr.<br />

Onlineshop ab Mitte Februar unteraerabread.com<br />

Podcast<br />

Wenn Grönemeyer<br />

schwärmt<br />

Wussten Sie, dass Herbert Grönemeyer gleich zwei Wohnungen<br />

in Berlin hat, eine im Osten und eine imWesten?<br />

Dass er am liebsten mit einem seiner vielen Autos –erstudiert<br />

Gebrauchtwagenportale wie andereihreTageszeitung –durch<br />

die Stadt fährt? Und welche Lieblingsrestaurants in Steglitz<br />

und Mitte er dann damit ansteuert? Wieseine Begegnung mit<br />

Willy Brandt verlief, und mit welchem Trick er seine Platten<br />

auch in der DDR verkaufen konnte? All diese teils sehr persönlichen<br />

Einblicke in das Leben vonDeutschlands wohl sympathischstem<br />

Musiker gibt der wunderbare Interview-Podcast<br />

„Alles gesagt?“ der Kollegen vonder Zeit. Am besten hören Sie<br />

ihn auf einer längeren Auto- oder Zugfahrt, denn das Gespräch<br />

mit Jochen Wegner und Christoph Amend dauert ganze fünf<br />

Stunden –eben so lange, bis alles gesagt ist. Und gesungen<br />

wirdirgendwann auch noch!<br />

Alles gesagt? Podcast,gratis bei Spotify oderitunes<br />

ANTOINE MELIS<br />

Ausstellung<br />

Sneaker-Kult der<br />

Neunziger<br />

Die Sneaker-Modelle der Neunzigerjahreprägen die Streetstyle-Mode<br />

bis heute. Und Adidas, Reebok oder Nike haben<br />

die Klassiker aus diesem Jahrzehnt immer wieder mit Farben,<br />

Schnittvariationen und Materialien neu interpretiert. Als<br />

bekanntestes Beispiel für diese kreativeMetamorphose gilt Nikes<br />

Air-Max-Modell. Zusammen mit dem <strong>Berliner</strong> Sneaker-<br />

Shop Overkill präsentiertdie Ausstellung Nineties Berlin in der<br />

Alten Münzenun die Sonderausstellung „Sneakers of the Nineties“.<br />

Aus mehreren Privatsammlungen trugen die Kuratoren<br />

mehr als 150 Schuhmodelle zusammen, die beispielhaft für<br />

Mode und Trends der Dekade stehen und mittlerweile Kult-Status<br />

genießen –aber leider nicht mehr zu kaufen sind. Wernoch<br />

mehr über die Neunzigerjahreerfahrenwill, kann nebenan ins<br />

Nachwende-Berlin eintauchen.<br />

NinetiesBerlin AlteMünze,Molkenmarkt2,Mitte, 18. Januarbis 23. Juni,<br />

täglich 10–20 Uhr,Eintritt 12,50 Euro<br />

Restaurant<br />

Vegetarisch und<br />

vietnamesisch<br />

ImKreuzberger Möckernkiez tut sich was –Hunderte Wohnungen<br />

der Möckernkiez-Genossenschaft wurden im Herbst<br />

bezogen, kulinarisch ist die Gegend am Gleisdreieck-Parkaber<br />

noch eine Brachfläche. Neu im Kiez ist ein kleines vietnamesisches<br />

Restaurant –das H2. Dievegetarische Küche ist eine willkommene<br />

Abwechslung imViertel, dieItaliener-Meile in der angrenzenden<br />

Kreuzbergstraße ist auf Dauer doch recht einseitig.<br />

Erfreulich, dass mit dem H2 jetzt erfrischend leichte vegetarische<br />

Küche in den Kiez kommt. Die hausgemachten Limonaden<br />

mit Litschi, Limetten, Zitronengras,Aloe Vera oder Grüntee<br />

schmecken natürlich und erinnernanwarme Sommertage.Das<br />

H2 konzentriertsich auf die natürlichen Geschmacksträger der<br />

Speisen und würzt seine übersichtliche Auswahl an Tofu-, Seitan-<br />

und Gemüse-Hauptgerichten mit Bedacht.<br />

H2 –BeVeggie Möckernstraße 48, Kreuzberg,täglich 12–22 Uhr.<br />

Speisekarteonline: h2beveggie.de<br />

NEWSROOM/PFISTERER<br />

WOHIN AM WOCHENENDE?<br />

Das<br />

Leben<br />

in Bildern<br />

Barrikaden,<br />

Goldene Zwanziger und<br />

Studentenrevolte –<br />

Fotoausstellungen zeigen<br />

die Facetten Berlins<br />

VonIda Luise Krenzlin<br />

Die Fotografie ist der Todfeind der<br />

Malerei, sie ist die Zuflucht aller<br />

gescheiterten Maler,der Unbegabten<br />

und der Faulen.“ Dieses vernichtende<br />

Urteil fällte der Dichter Charles Baudelaire<br />

(1821–1867). Sicherlich wäre<br />

er erstaunt, wenn er an diesem Wochenende<br />

in Berlin weilen würde.Fotografie<br />

als Kunstgenre ist seit Ewigkeiten<br />

etabliert. Wir besuchen drei<br />

Orte für Fotografiebegeisterte.<br />

Direkt am Bahnhof Zoo befinden<br />

sich gleich zwei wichtige Ausstellungsräume<br />

und Stiftungen. Das<br />

Museum für Fotografie in der Jebensstraße<br />

beherbergt neben der<br />

Sammlung Fotografie der Kunstbibliothek<br />

auch die Helmut Newton<br />

Foundation. Der inBerlin geborene<br />

weltbekannte Fotograf hat im Gebäude<br />

des alten Landwehr-Kasinos<br />

seine Stiftung untergebracht, die<br />

dauerhaft die ersten beiden Etagen<br />

nutzt, um an das Werk Newtons zu<br />

erinnern.<br />

Barrikaden und Revolution: Berlin 1918/19, festgehalten von Willy Römer.<br />

STAATLICHE MUSEEN ZU BERLIN/KUNSTBIBLIOTHEK –PHOTOTHEK WILLY RÖMER/WILLY RÖMER<br />

Den Besucher begrüßen die Panoramic<br />

Nudes im Treppenaufgang.<br />

Die schaufensterpuppenperfekten<br />

Models blicken auf die Besucher,wie<br />

sie an der Kasse Wintermützen abnehmen<br />

und zerdrückte Frisuren<br />

richten. Neben Newtons überinszenierten<br />

Aufnahmen nackter Frauen<br />

erfährtman einiges über die Arbeitsweise<br />

des begehrten Fotografen.<br />

Faxe an die Vogue,Arbeitsnotizen zu<br />

Fotoshoots,der übervolle Terminkalender<br />

eines Globetrotters.<br />

Im Obergeschoss widmet sich<br />

eine aktuelle Ausstellung dem Berlin<br />

der revolutionären Jahre 1918 und<br />

1919. Fotografien zeigen Barrikadenkämpfe<br />

in den Straßen der Reichshauptstadt,<br />

Kundgebungen mit Karl<br />

Liebknecht, den Trauermarsch zur<br />

Beisetzung der ermordeten Rosa Luxemburg.<br />

Aber auch die Unterhaltungssucht<br />

der <strong>Berliner</strong> wird dokumentiert.<br />

Tanzlokale mit schönen<br />

Namen wie Kaffeehaus Excelsior,<br />

Cafe Corso, Danse Intime. Die im<br />

Zeitgeist illustrierten Notenblätter,<br />

die einen wahren Boom erlebten, da<br />

überall in der Stadt Musik gespielt<br />

wurde, inden Opern- und Operettenhäuserngenauso<br />

wie in Kabaretts<br />

und Kaschemmen. Die Schau „Berlin<br />

in der Revolution 1918/1919“<br />

gleicht einem Großstadtroman und<br />

erweckt viele Facetten Berlins zum<br />

Leben, einer Stadt, die gerade auf die<br />

wilden Zwanzigerjahrezustürmte.<br />

Nur wenige Schritte weiter in der<br />

Hardenbergstraße befindet sich die<br />

C/O Berlin Foundation. Im Amerika<br />

Haus zeigt die gemeinnützige Stiftung<br />

nicht nur Werke renommierter<br />

Künstler. Hier können Kinder, Jugendliche<br />

und Erwachsene im Rahmen<br />

des Education-Programms die<br />

Dunkelkammer kennenlernen,<br />

selbst Fotos machen und entwickeln.<br />

Gezeigt wird momentan eine<br />

Ausstellung, für die die Besucher<br />

gute Nerven brauchen. In „Das letzte

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