GRO_Taschenbuch_MUSTER_2019
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Aber dann passierte etwas Unglaubliches: Bruno lockerte die imaginären<br />
Fesseln, die er mir angelegt hatte. Es dauerte eine Weile, bis ich<br />
begriff, dass ich ihm nur langweilig geworden war.<br />
Immer häufiger ging er jetzt auf Reisen. Ab der zweiten Reise sprach<br />
er offen darüber, welche seiner Gespielinnen er mitnahm.<br />
Meine Gefühle für ihn waren schon so lange tot, dass mir das nichts<br />
ausmachte. Aber nach anfänglicher Skepsis und der permanenten<br />
Angst, er könnte mich beschatten lassen, fing ich an, meine neue Freiheit,<br />
zumindest in Ansätzen, zu genießen. Ich sah etwas wie einen<br />
Silberstreif am Horizont.<br />
In dieser Zeit begann ich auch die Affäre mit dem Vater von Maurice.<br />
Er hieß Kai Werner, wohnte in der Nachbarschaft und gewann nach<br />
und nach mein Vertrauen, während Bruno sich auf einer seiner immer<br />
ausgedehnter werdenden Reisen befand. Dieser Mann erschien<br />
mir stark und ich glaubte ihm, als er davon sprach, sich von seiner<br />
Frau zu trennen. Ich verrannte mich in die Hoffnung, dass er mich aus<br />
meinem Elend befreien könnte. Aber auch das war ein Irrtum.<br />
Bruno war ein brutaler, sadistischer Gewaltmensch, aber Kai war<br />
nichts als ein profilloser Schwächling. Selbst wenn er es tatsächlich<br />
gewollt hätte, er hätte es nie geschafft, sich Bruno in den Weg zu stellen.<br />
Ganz davon abgesehen, dass er es natürlich nicht wollte.<br />
Als Bruno von meiner Schwangerschaft erfuhr, schien er sich schlagartig<br />
zu ändern. Er freute sich wahnsinnig, denn er glaubte, der Vater<br />
zu sein.<br />
Eine Zeitlang dachte ich tatsächlich, wir könnten noch einmal ganz<br />
neu anfangen. Natürlich war das Unsinn, selbst wenn seine Veränderung<br />
echt gewesen wäre. Ich liebte ihn schon so lange nicht mehr.<br />
Ungefähr in der Mitte meiner Schwangerschaft flogen wir auf Brunos<br />
Anregung nach Mallorca. Scheinbar zufällig lernten wir dort Marlies<br />
kennen. Sie kam aus Hamburg und war ein paar Jahre älter als ich.<br />
Wir freundeten uns ein wenig an. Sie war freischaffende Hebamme<br />
und wir beschlossen, dass sie zu meiner Hausgeburt nach Kiel kommen<br />
würde.<br />
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