GRO_Taschenbuch_MUSTER_2019
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
„Ich werde die ‚Seepferdchen’ nicht weiterführen“, sagte Lara. „Noch<br />
bis Ende des Monats, dann ist Schluss.“<br />
Vor gut zwei Stunden hatten wir die Beerdigungsgesellschaft verlassen<br />
und machten jetzt einen Spaziergang im Park. Zwischendurch war<br />
jeder zum Umziehen nach Hause gefahren. Danach hatte ich Lara abgeholt<br />
und wir waren hierher gekommen. Sie trug jetzt ein gelbes,<br />
sommerliches Kleid und helle Schuhe. Ich hatte mir Jeans und ein<br />
weißes T-Shirt übergestreift. Der Kleiderwechsel hatte etwas Befreiendes.<br />
Nina arbeitete an diesem Tag nicht, um bei Maurice sein zu können.<br />
Sie war mit ihm in eine Spielscheune gefahren, was eine von Maurices<br />
neuen Vorlieben war. Nina war nicht mit auf die Beerdigung gegangen,<br />
da sie Charlotte weniger gut kannte. Laras Mitteilung verpasste<br />
mir einen Stich.<br />
Wir setzten uns auf eine Bank in der Sonne. Vergeblich versuchte ich,<br />
sie zum Weitermachen bei den „Seepferdchen“ zu überreden.<br />
„Ich hab das nur gemacht“, sagte sie, „um Charlotte zu entlasten. Jetzt<br />
macht es keinen Sinn mehr. So eine Gruppe ist nicht mein Ding, das ist<br />
mir inzwischen klar geworden. Vielleicht suche ich mir etwas in einem<br />
Kindergarten, da sind die Kinder etwas älter. Mal sehen.“<br />
Am Himmel zogen ein paar erste Wolken auf und schnell wurden es<br />
mehr.<br />
„Aber du bleibst doch hier wohnen?“, fragte ich zaghaft.<br />
„Das weiß ich noch nicht“, sagte sie.<br />
„Wovon hängt es ab?“<br />
Erstmals verschwand die Sonne hinter einer Wolke und sofort kühlte<br />
es ab. Lara ließ sich Zeit mit der Antwort.<br />
„Das weiß ich auch noch nicht“, sagte sie schließlich.<br />
Wir gingen weiter. Die Sonne kam ab und zu noch durch, aber es wurde<br />
nicht mehr richtig warm. Es roch bereits nach Regen.<br />
„Ich möchte mit dir schlafen“, sagte ich.<br />
Wir blieben stehen. Lara sah mich ernst an und legte einen Finger auf<br />
meine Lippen. Vom Himmel fielen die ersten Tropfen.<br />
94