GRO_Taschenbuch_MUSTER_2019
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aber mittlerweile hätte ich auf ihr Erscheinen keinen Pfifferling mehr<br />
gegeben.<br />
In der Zwischenzeit hatte ich bei Nina angerufen. Maurice ging es gut,<br />
er kam ans Telefon. Ihn zu hören war wie Balsam für meine strapazierten<br />
Nerven. Ich erzählte Nina, dass ich in Hamburg war, sagte aber<br />
nichts über meine Motive.<br />
Ich versuchte, Zeitung zu lesen. Als ich mich dabei ertappte, dieselbe<br />
Zeile zum x-ten Male zu lesen, ohne ein Wort verstanden zu haben,<br />
faltete ich die Zeitung zusammen. Die Minuten krochen wie Schnecken<br />
auf Klebstoff. Es wehte ein leichter, warmer Wind. Die Menschen<br />
waren in Massen unterwegs.<br />
Das Café war bis auf den letzten Tisch besetzt. Es war nicht einfach,<br />
den zweiten Stuhl an meinem Tisch zu verteidigen, aber es vertrieb<br />
mir ein wenig die Zeit. Um viertel nach drei war Lara noch immer<br />
nicht da. Meine Enttäuschung schmeckte bitter. Mir war schlecht von<br />
zu viel Kaffee, mein Kreislauf flatterte wie Wäsche im Wind. Ich bestellte<br />
die nächste Tasse.<br />
Um vier Uhr zahlte ich und ging. Ein älteres Ehepaar, das lange gewartet<br />
hatte, stürmte den Tisch.<br />
Am Jungfernstieg ergatterte ich ein freies Plätzchen auf einer Bank.<br />
Ich betrachtete Möwen, Tauben, Skateboardfahrer und Touristen mit<br />
Videokameras. Junge Frauen präsentierten in neuster Sommermode<br />
ihre körperlichen Vorzüge.<br />
Ohne Entschluss trieb ich weiter. Meine Gedanken flatterten durcheinander<br />
wie Blätter im Herbststurm. Ich entschloss mich, in Hamburg<br />
zu bleiben. Abends würde ich mich in der Hotelbar volllaufen lassen.<br />
Zunächst aber holte ich mir bei Nina das Okay für die Verlängerung.<br />
Die Sache war kein Problem. Ich fand, wir konnten ein bisschen stolz<br />
darauf sein, wie gut wir die Dinge miteinander regelten.<br />
Ich fuhr zu dem Hotel in Bahnhofsnähe, in dem ich auch letztes Mal<br />
abgestiegen war. Ich buchte ein Zimmer für die Nacht. Dann ging ich<br />
noch einmal los, um mir frische Unterwäsche und ein paar andere<br />
Utensilien zu kaufen.<br />
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