GRO_Taschenbuch_MUSTER_2019
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schlossen. Langsam kam Bruno hinter mir her, schubste mich wortlos<br />
und drängte mich immer mehr in eine Ecke.<br />
„Was ist denn?“, fragte er leise und grinste. „Du hast doch nicht etwa<br />
Angst, dass ich dir etwas tue?“<br />
Meine Panik brach über mir zusammen. Diesen Tonfall kannte ich sehr<br />
genau. Er war die letzte Stufe vor der Gewalt. Er wurde leise, zynisch<br />
und er grinste, bevor er zuschlug. Das Grinsen sah aus, als müsste ihm<br />
das Gesicht davon schmerzen, so angespannt war es.<br />
„Ich werde doch mein eigenes Kind nicht gefährden!“, fuhr er fort.<br />
„Die Frucht deines Leibes! Von mir gezeugt.“<br />
Scheinbar nachdenklich legte er eine Hand an sein Kinn und wandte<br />
sich von mir ab. Meine Aufmerksamkeit ließ keine Sekunde nach. Er<br />
war wie ein gefährliches Raubtier, das man nicht aus den Augen lassen<br />
durfte. Seine Angriffe kamen immer dann, wenn man am allerwenigsten<br />
damit rechnete. Plötzlich tippte er sich mit dem Zeigefinger<br />
leicht an die Stirn.<br />
„Ach, so dumm bin ich“, sagte er, drehte sich lächelnd zu mir und kam<br />
während des Redens langsam wieder auf mich zu. „Es ist ja gar nicht<br />
von mir gezeugt, sondern von diesem widerlichen Weichei. Entschuldige<br />
meine Gedankenlosigkeit, Liebling.“<br />
Im selben Sekundenbruchteil zog er den rechten Handrücken so<br />
scharf und ansatzlos hoch in mein Gesicht, dass ich mich trotz aller<br />
Vorsicht nicht dagegen schützen konnte. Ich fiel um, meine Wange<br />
brannte wie Feuer. Als ich mich aufrappeln wollte, trat er in meinen<br />
Rücken.<br />
„Das Kind!“, schrie ich nur. „Hör auf damit! Hör sofort auf!“<br />
Das Lächeln, das während des Schlages restlos aus seinen Zügen verschwunden<br />
war, kehrte so plötzlich zurück, als habe er in seinem Innern<br />
einen Schalter dafür.<br />
„Stimmt ja“, sagte er sanft und hielt mir die Hand hin, als wolle er mir<br />
hoch helfen. „Das Kind, natürlich! Auch wenn es nicht von mir gezeugt<br />
ist, bleibt es natürlich noch immer ein Kind.“<br />
Ich ignorierte seine Hand und wollte mich allein aufrappeln.<br />
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