GRO_Taschenbuch_MUSTER_2019

damit rechnen, dass ich Ihnen durch halb Hamburg folge.“
Hinter Katjas Stirn arbeitete es mit Hochdruck. Dann sah sie mich mindestens
zehn Sekunden lang durchdringend aus ihren blauen Augen
an. Sie war sich darüber im Klaren, dass sie die volle Verantwortung
für die Situation und alle Folgen trug. Ohne ein weiteres Wort ging
sie los.
Wir hatten noch glatte fünf Minuten Fußweg vor uns, trotz hohem
Tempo. Ich schwitzte, es war unglaublich heiß. Immer im Abstand von
circa fünfzig Metern dackelte ich Katja hinterher. Sie drehte sich nicht
ein einziges Mal zu mir um.
Das Haus, auf das wir schließlich zusteuerten, lag etwas abseits in
einem kleinen Waldstückchen. Es hatte etwas Oasenhaftes, war in
einem hellen Terrakottaton gestrichen und besaß dadurch ein gewisses
südländisches Flair. Neben der Haustür war ein nicht allzu großes
weißes Schild angebracht:
Dr. Ulrich Schuberth
Diplom-Psychologe
Verschiedene Therapieformen
Sprechzeiten Mo. bis Fr. 8¬ – 13 Uhr
Katja hatte die Haustür erreicht und klingelte. Ich blieb in gebührendem
Abstand auf der Straße zurück und sah von dort aus, wie ihr die
Tür von einem auffallend großen, graumelierten Mann in mittleren
Jahren geöffnet wurde. Seine ungewöhnliche Körpergröße fiel neben
der kleinen Katja besonders stark ins Auge. Während er mir einen
verhalten misstrauischen Blick zuwarf, bevor er die Tür hinter sich
und Katja schloss, benahm sie sich noch immer, als bemerke sie mich
nicht. Sie nahm ihre Rolle ernst und spielte sie nicht schlecht.
Von Lara gab es keine Spur. Auch ihr Auto war nicht vor dem Haus geparkt,
nur ein etwas älteres, beigefarbenes Mercedesmodell, das sich
problemlos Dr. Schuberth zuschreiben ließ, der hier vermutlich nicht
nur praktizierte, sondern auch lebte.
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