GRO_Taschenbuch_MUSTER_2019
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
„Darüber habe ich natürlich auch nachgedacht“, sagte sie und zum<br />
ersten Mal huschte ein leichter Zweifel über ihr Gesicht. „Aber<br />
schließlich hatte sie das Kind ja ausgesetzt. Fehlt eine solche Mutter<br />
dem Kind wirklich?“<br />
Ich gab ihr keine Antwort. Neben Maurice war Lara das Opfer in dieser<br />
Geschichte. Ich fand nicht, dass wir ausgerechnet über sie zu Gericht<br />
sitzen sollten.<br />
Lara war davon ausgegangen, dass Marlies Schwalm nicht tiefer in die<br />
Sache involviert war. Mittlerweile erschien es mir immer wahrscheinlicher,<br />
dass sie sich damit irrte.<br />
„Wollte Kirchhoff das Baby töten?“, fragte ich.<br />
Fast verächtlich sah sie mich an.<br />
„Wie kommen Sie denn darauf?“<br />
„Wollte er?“, wiederholte ich die Frage.<br />
„Unsinn!“, sagte sie entschieden.<br />
In diesem Moment klingelte es an der Tür. Marlies Schwalm stand sofort<br />
auf. Ich wollte das Gleiche tun, aber zu meiner Überraschung bat<br />
sie mich, noch sitzen zu bleiben.<br />
„Ich bin gleich wieder bei Ihnen“, sagte sie. „Dann können wir das Gespräch<br />
gern in Würde beenden.“<br />
Mit diesen Worten verließ sie das Zimmer und schloss die Tür hinter<br />
sich. Draußen hörte ich gedämpfte, aber aufgeregte Stimmen. Nur<br />
kurze Zeit später war Marlies Schwalm zurück. Plötzlich war nicht<br />
mehr die Rede davon, das Gespräch in Würde zu beenden.<br />
„Wenn ich Sie jetzt bitten dürfte“, sagte sie stattdessen, ohne sich<br />
selbst wieder zu setzen. Irgendetwas musste in der Zwischenzeit passiert<br />
sein.<br />
Verblüfft sah ich sie an, stand aber auf.<br />
„Sie sind mir noch eine Antwort schuldig“, sagte ich.<br />
„Das glaube ich kaum“, antwortete sie schnippisch und ging zur Tür.<br />
„Ich habe Ihnen schon erklärt, dass Ihre Unterstellung, oder die Ihrer<br />
Freundin, vollkommen absurd ist. Natürlich wollte Bruno das Kind<br />
nicht töten. Er wollte seine Frau für ihre Untreue bestrafen, das war<br />
175