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Berliner Zeitung 09.05.2019

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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 106 · D onnerstag, 9. Mai 2019 15 *<br />

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Berlin<br />

Dieselfrei<br />

zum Karneval<br />

der Kulturen<br />

Gruppen verzichten auf<br />

Autos und schieben Wagen<br />

VonStefan Strauß<br />

Die Diskussionen um die Verkehrswende<br />

und den Klimawandel<br />

haben jetzt auch den Karneval<br />

der Kulturen erreicht. Erstmals<br />

verzichten Karnevalsgruppen in diesem<br />

Jahr beim Umzug am Pfingstsonntag<br />

auf große Lastwagen. Die<br />

Gruppen nutzen stattdessen Lastenfahrräder<br />

und umgebaute Anhänger<br />

für ihre stundenlange Performance<br />

durch die Straßen von Kreuzberg.<br />

Die Anhänger werden ohne Motor<br />

geschoben, also nur mit reiner Muskelkraft.<br />

„Wir möchten die Fahrzeuge des<br />

Straßenumzugs hin zu alternativ betriebenen<br />

Plattformen entwickeln“,<br />

sagt Festivalleiterin Nadja Mau. Das<br />

sei nachhaltiger, in ökologischer<br />

aber auch sozialer Hinsicht. „Und es<br />

ist sicherer.“<br />

Besucher des Karnevals der Kulturen<br />

werden die Veränderungen<br />

schon an der Spitzedes Umzuges sehen.<br />

Die brasilianische Gruppe Sapucaio<br />

no Samba mit etwa 250<br />

Trommlern und Tänzern verzichtet<br />

auf einen Lastwagen und wirdeinen<br />

umgebauten Plattenwagen für ihre<br />

Show nutzen. Die etwa acht Meter<br />

lange Plattform auf Rädern gehörte<br />

früher zu einem Bauwagen, nun<br />

wirddie Plattformmit einem Geländer<br />

und einem Dach zum Karnevalswagen<br />

umgebaut und geschmückt.<br />

Darauf wirddie Musikanlage stehen,<br />

Tänzer führen den Umzug auf der<br />

mobilen Bühne an. „Wir wollen zeigen,<br />

dass es geht, den Karneval<br />

nachhaltiger zu gestalten“, sagt Michael<br />

von Petrykowski von der<br />

Gruppe und Vorstand von Piranha<br />

Arts, die den Karneval der Kulturen<br />

veranstalten. Etwa acht bis zehn Helfer<br />

werden benötigt, den Wagen zu<br />

schieben.<br />

Das mehrtägige Straßenfest mit<br />

dem Umzug als Höhepunkt findet<br />

seit 1996 statt. Hunderttausende Besucher<br />

werden dieses Jahr zu Pfingsten<br />

(7. –10. Juni) erwartet. Die Route<br />

des Umzugs führterneut vonKreuzberg<br />

(Yorckstraße/Großbeerenstraße)<br />

über die Gneisenaustraße<br />

nach Neukölln (Hermannplatz).<br />

Zu den Menschen gehen, ihre Geschichten hören: Schauspielerin Yvonne Johna (l.) und Regisseurin Christiane Wiegand am S-Bahnhof Wartenberg.<br />

Radio Hohenschönhausen<br />

„Auf Empfang“ heißt das Theaterstück einer Schauspielgruppe. Sie führt es am S-Bahnhof Wartenberg auf<br />

VonStefan Strauß<br />

Der Platz auf dieser Seite<br />

des S-Bahnhofs ist recht<br />

groß und er hat keinen<br />

Namen. Bäume sind in<br />

gleichen Abständen gepflanzt, Blumenbeete<br />

gepflegt. Die Bänke am<br />

Rand stehen so weit auseinander,als<br />

hätten die Stadtplaner verhindern<br />

wollen, dass es sich dort mehr als<br />

zwei Menschen gemütlich machen.<br />

Männer führen ihreHunde über den<br />

Vorplatz, andere trinken auf der<br />

Bank ihr Bier. Passanten eilen zur S-<br />

Bahn, andere kehren von dort nach<br />

Hause zurück. Es ist ein ruhiger Ort.<br />

Theater im Berufsverkehr<br />

VOLKMAR OTTO<br />

In ein paar Tagen wirdesauf diesem<br />

Platz lauter werden, Ungewöhnliches<br />

wird passieren. Dann findet<br />

dort eine Live-Show statt, mitten im<br />

Berufsverkehr.Die Radiojournalistin<br />

Frau Fröhlich wird Passanten befragen.<br />

Sie begleitet zwei Wellenforscherinnen,<br />

die erzählen ihr vonHohenschönhausen,<br />

von der Geschichte<br />

des alten Stadtteils, der seinen<br />

eigenständigen Namen nach<br />

der Bezirksfusion 2001 mit Lichtenbergverlor.Die<br />

Menschen in Hohenschönhausen<br />

beklagen heute immer<br />

noch, bei ihnen passiereviel weniger<br />

als anderswo. AnKultur mangele es<br />

ebenso wie an Gemeinschaft. Kaum<br />

noch jemand weiß voneinander.Nur<br />

der Paketbote sorgt noch dafür,dass<br />

Hausbewohner bei ihren Nachbarn<br />

klingeln. Um ihr Paket abzuholen.<br />

Genau deswegen hat sich Christiane<br />

Wiegand diesen Platz am S-<br />

Bahnhof Wartenberg für ihr Radio-<br />

Theaterprojekt unter freiem Himmel<br />

ausgesucht. „Wir wollen die Sinne<br />

schärfen für den Ort, an dem man<br />

wohnt“, sagt die künstlerische Leiterin<br />

und Regisseurin der freien Theatergruppe<br />

Kiez to Go. „Denn ein<br />

Wohnort kann zum Lebensort werden,<br />

wenn die Menschen die Geschichte<br />

dieses Ortes kennen.“<br />

Also haben die Schauspieler und<br />

die Regisseurin einige Menschen aus<br />

verschiedenen Generationen über<br />

ihr Leben in Hohenschönhausen befragt.<br />

Frühere Dorfbewohner erinnern<br />

sich an eine Zeit, als die Kirchenglocken<br />

noch läuteten, bevor<br />

die Bewohner umziehen mussten,<br />

weil ihre Wohnhäuser abgerissen<br />

wurden. Siestanden den Neubauten<br />

im Weg. DieGeneration Gummistiefel<br />

zog dort ein. Denn die ersten Bewohner<br />

der Neubausiedlung<br />

brauchten wasserfeste Schuhe,<br />

rundherum wurden weitere Häuser<br />

gebaut, der Boden war matschig,<br />

Gehwege wurden später gebaut.<br />

Die Theaterleute sprachen auch<br />

mit alleinerziehenden Müttern, mit<br />

Jugendlichen, Aussiedlern und<br />

Flüchtlingen. „Das sind Stimmen<br />

vonMeschen, die etwas zu sagen haben“,<br />

sagt Christiane Wiegand. Sie<br />

wuchs, 1978 geboren, in Mitte und<br />

Friedrichshain auf, studierte Dramaturgie<br />

in Leipzig und entschied sich<br />

danach für die kiezbezogene Theaterarbeit,<br />

für die Geschichten der<br />

Menschen. Authentisch, gesellschaftsnah<br />

und nicht elitär.<br />

DieInterviews aus 80 Jahren Kiezgeschichte<br />

bildeten die Grundlage<br />

für das Theaterstück „Auf Empfang“,<br />

das ab dem 16. Mai auf dem Prerower<br />

Platz und auf dem Platz ohne<br />

Namen am S-Bahnhof Wartenberg.<br />

Im vergangenen Jahr führte die Theatergruppe<br />

das Stück erstmals in Hohenschönhausen<br />

auf. Nun haben<br />

der BezirkLichtenbergund die Wohnungsbaugesellschaft<br />

Howoge die<br />

Weiterführung mitfinanziert.<br />

Es ist ein Theater im Vorübergehen,<br />

auch wer imLaufe der Aufführung<br />

erscheint, versteht die Geschichten.<br />

Wie man es aus dem Radio<br />

kennt, wiederholen die drei<br />

Schauspielerinnen ihre Passagen.<br />

DieWellen aus der Vergangenheit, so<br />

die Idee, werden in diesem Stück<br />

hörbar gemacht. „Es geht dabei auch<br />

um die Frage,welche Spuren hinterlassen<br />

wir mit unserem Zusammenleben<br />

im Äther eines Ortes“, sagt<br />

Yvonne Johna, die im Stück die Rolle<br />

der Radiojournalistin spielt. Und<br />

welche Rolle spielt die Geschichte eines<br />

Ortes heute für die Bewohner?“<br />

Straßentheater erfordertImprovisation.<br />

Die Schauspieler haben keinen<br />

Rückzugsraum, ihre Bühne ist<br />

offen. Aus Passanten werden Zuschauer,<br />

für einen Augenblick oder<br />

länger.Ein Kommen und Gehen. Bei<br />

den vergangenen Aufführungen gab<br />

es Szenenapplaus, Besucher fragten<br />

nach der Radiofrequenz und ob es<br />

die Sendung auch als Podcast gebe,<br />

erzählt Christiane Wiegand.<br />

AufEmpfang: Radio Open Air Theater, 16., 17.<br />

und 18. Mai, PrerowerPlatz vordem Linden-Center;24.,25.<br />

und 26. Mai,Platz am S-Bahnhof<br />

Wartenberg (Ausgang am Berl), Beginn: 17 Uhr.<br />

Eintritt frei. Notfalls gibt es aucheine Schlechtwettervariante.<br />

NACHRICHTEN<br />

Ryanair zieht nicht mit<br />

um zum BER-Neubau<br />

Am neuen Hauptstadtflughafen BER<br />

wirdsich die Fluggesellschaft<br />

Ryanair mit den alten Terminals begnügen.<br />

Ihre Passagierewerden weiterhin<br />

am Standortdes früheren<br />

DDR-Zentralflughafens am Rande<br />

des BER-Areals in Schönefeld einchecken.<br />

Wiedie Flughafengesellschaft<br />

am Mittwoch mitteilte,ziehen<br />

in das neue zentrale Hauptterminal<br />

die Lufthansa sowie die britische Billiglinie<br />

Easyjet, der größte <strong>Berliner</strong><br />

Flughafenkunde.Die Lufthansa-<br />

Tochter Eurowings werdedas Terminal<br />

2nutzen, das seit vergangenem<br />

Herbst gebaut wird. Dieübrigen<br />

rund 80 Airlines sollen in den nächsten<br />

Wochen verteilt werden. (dpa)<br />

Schulleiter darf doch<br />

noch bleiben<br />

DieBildungsverwaltung erlaubt es<br />

Michael Rudolph, dem Leiter der<br />

Bergius-Sekundarschule in Friedenau,<br />

nun doch, ein Jahr länger auf<br />

seinem Posten zu bleiben. „Ich freue<br />

mich sehr“, sagte Rudolph am Mittwoch.<br />

Derinzwischen ausgeschiedene<br />

Bildungsstaatssekretär Mark<br />

Rackles hatte es abgelehnt, ihn über<br />

die Pensionsgrenzehinaus arbeiten<br />

zu lassen. Rudolph hatte zuvor einen<br />

negativen Schulinspektionsbericht<br />

nicht akzeptiertund seine Kritik öffentlich<br />

vorgetragen. (mak.)<br />

Umfrage: Grüne weiter vorn,<br />

AfD mit Verlusten<br />

DieGrünen stehen einer aktuellen<br />

Umfrage zufolge weiterhin in der<br />

Wählergunst ganz oben. 23 Prozent<br />

der Befragten würden der Partei ihre<br />

Stimme geben, wenn am nächsten<br />

Sonntag Abgeordnetenhauswahl<br />

wäre. Dasgeht aus der aktuellen<br />

Umfrage voninfratest dimap im Auftrag<br />

vonRBB-Abendschau und <strong>Berliner</strong><br />

Morgenpost hervor. DieGrünen<br />

verlieren einen Prozentpunkt im<br />

Vergleich zur November-Umfrage.<br />

DieLinke gewinnt leicht (+1) und<br />

steht mit 19 Prozent an zweiter Stelle.<br />

Es folgen CDU mit 17 Prozent (-1)<br />

und die SPD mit gleichbleibend 15<br />

Prozent. DieAfD verliert3Prozentpunkte<br />

und liegt bei 10 Prozent. Die<br />

FDP kommt auf 6Prozent. (dpa)<br />

Wir danken allen Teilnehmern<br />

BERLIN<br />

BEWEGER<br />

EinigeThemen der Beilage:<br />

Wie sicher ist Ihr Zuhause – DerrichtigeSchutz<br />

Sommerzeit ist Urlaubszeit – SichereReisevorbereitung<br />

Gefahr erkannt,Gefahr gebannt – Konflikte vermeiden<br />

SICHERHEIT<br />

Lesen Sie<br />

am<br />

20.05.2019,<br />

in Ihrer<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong><br />

DieBerlinBeweger zum Thema Sicherheitinder Stadt Berlin<br />

Jessyca Staedtler,Daniel Holzapfel,<br />

Rainer Ehrhardt, Dr.Klaus Scho<br />

Erich Marks, Torsten Akmann,<br />

Andreas Kopietz<br />

Jens Kauerauf, Rainer Ehrhardt,<br />

Arno Schupp, Jessyca Staedtler,<br />

Erich Marks, Torsten Akmann,<br />

Andreas Kopietz, Dr.Klaus Scho<br />

Dr.Klaus Scho, Daniel Holzapfel<br />

Thomas Heilmann, Jens Kauerauf,<br />

Rainer Ehrhardt

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