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4* <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 106 · D onnerstag, 9. Mai 2019<br />
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Politik<br />
NACHRICHTEN<br />
Aachener Friedenspreis für<br />
Atomwaffengegner<br />
DerAachener Friedenspreis geht in<br />
diesem Jahr an den ukrainischen<br />
Blogger Ruslan Kotsaba und zwei<br />
Initiativen, die sich für den Abzug<br />
der im rheinland-pfälzischen Büchel<br />
stationierten US-Atomwaffen einsetzen.<br />
Dies teilte der Friedenspreis-<br />
Verein am Mittwoch mit. Gegen Kotsaba<br />
laufen Prozesse wegen Landesverrats.Ersetzt<br />
sich für eine friedliche<br />
Lösung des Konflikts in der<br />
Ostukraine ein. (AFP)<br />
Hirte verteidigt Kommission<br />
zu 30 Jahren Mauerfall<br />
DerOstbeauftragte der Bundesregierung,<br />
Christian Hirte(CDU), hat die<br />
Kritik vonLinken und Grünen an der<br />
Besetzung der Kommission zu den<br />
Jubiläen von30Jahren friedlicher<br />
Revolution, Mauerfall und deutscher<br />
Einheit zurückgewiesen. „Es handelt<br />
sich um eine Regierungskommission“,<br />
sagte er am Mittwoch. „Mit<br />
dem Parlament hat das nichts zu<br />
tun.“ DieRegierung sei deshalb „völlig<br />
frei, welche Kandidaten sie benennt“,<br />
fügte Hirtehinzu. (mdc.)<br />
Grünen-Fraktion befürwortet<br />
Masern-Impfpflicht<br />
DieGrünen wollen eine Masern-<br />
Schutzimpfung zur verbindlichen<br />
Bedingung für die Aufnahme von<br />
KinderninKitas machen. Einen Beschluss<br />
dazu fasste die Bundestagsfraktion.<br />
DerAntrag sieht zudem vor,<br />
dass „so schnell wie möglich einen<br />
ausreichenden Impfschutz“ nachweisen<br />
muss,wer in Betreuungseinrichtungen<br />
für Kinder,Schulen oder<br />
Pflegeeinrichtungen arbeitet. Um<br />
die Impfquoten bei Erwachsenen für<br />
Masernund anderen empfohlenen<br />
Impfungen zu erhöhen, soll ein„Einladungswesen“<br />
durch niedergelassene<br />
Ärzte etabliertwerden. (dpa)<br />
Asia Bibi offenbar aus<br />
Pakistan ausgereist<br />
Asia Bibi saß mehr als acht Jahre in einer<br />
Todeszelle und kam im Januar frei. AFP<br />
DieinPakistan der Todesstrafe entgangene<br />
Christin Asia Bibi hat das<br />
Land verlassen. Dasteilte ein Regierungsvertreter<br />
am Mittwoch in Islamabad<br />
mit. IhremAnwalt Saif ul-<br />
Mulook zufolge ist Bibi nun in Kanada.<br />
Dorthin waren auch ihre<br />
Töchter geflohen. (AFP)<br />
Weißes Haus verweigert<br />
Kongress Mueller-Report<br />
DieAuseinandersetzung zwischen<br />
US-Präsident DonaldTrump und den<br />
Demokraten im Kongress über die<br />
Offenlegung vertraulicher Unterlagen<br />
eskaliert. DasWeiße Haus teilte<br />
am Mittwoch mit, Trump mache von<br />
seinem Recht Gebrauch, die Herausgabe<br />
des kompletten, ungeschwärzten<br />
Berichts vonSonderermittler RobertMueller<br />
zur Russland-Affärean<br />
den Kongress zu verweigern. DieRegierung<br />
beruft sich dabei auf das<br />
„executiveprivilege“, das dieVertraulichkeit<br />
vonUnterlagen schützt, etwa<br />
in Fragen der nationalen Sicherheit.<br />
DerJustizausschuss im Repräsentantenhaus<br />
hatte vonJustizministerWilliam<br />
Barr die Herausgabe des kompletten<br />
Mueller-Berichts ohne<br />
Schwärzungen verlangt. (dpa)<br />
2017<br />
Alkoholkonsum<br />
von Erwachsenen<br />
über 15 Jahren, pro<br />
Kopf Verbrauch von<br />
reinem Alkohol<br />
0–0,9 Liter<br />
1,0–1,9 Liter<br />
2,0–3,9 Liter<br />
4,0–5,9 Liter<br />
6,0–7,9 Liter<br />
8,0–9,9 Liter<br />
10,0–11,9 Liter<br />
über 12,0 Liter<br />
Keine Daten<br />
Kanada<br />
USA<br />
Die junge Generation hierzulande<br />
wirdimmer vorbildlicher.<br />
Sie engagiert<br />
sich nicht nur im Kampf<br />
gegen den Klimawandel, sie trinkt<br />
auch weniger Alkohol. Nach den<br />
neuesten Zahlen der Bundeszentrale<br />
für gesundheitliche Aufklärung<br />
(BZgA) trinken 8,7 Prozent der 12-<br />
bis 17-Jährigen mindestens einmal<br />
proWoche Alkohol. Im Jahr 2004 warenesnoch<br />
gut 21 Prozent. Die2018<br />
durchgeführte Umfrage dokumentiere<br />
damit einen neuen Tiefstand –<br />
und den Erfolg der vielfachen Anstrengungen<br />
in der Alkoholprävention,<br />
sagte BZgA-Leiterin Heidrun<br />
Theiss am Mittwoch in Berlin.<br />
In der Altersgruppe der 18- bis 25-<br />
Jährigen gibt es allerdings einen negativen<br />
Trend. Demnach trinken<br />
wieder etwas mehr junge Erwachsene<br />
regelmäßig (33,4 Prozent), aber<br />
auch exzessiv. Aktuell gaben knapp<br />
38 Prozent an, sich im letzten Monat<br />
in einen Rausch getrunken zu haben,<br />
zwei Jahre zuvor lag die Quote<br />
noch bei knapp 33 Prozent. DieBZgA<br />
will darum nun verstärkt junge Erwachsene<br />
für einen bewussten Umgang<br />
mit Alkohol sensibilisieren.<br />
Solche Bemühungen sind auch in<br />
vielen anderen Ländern der Welt<br />
vonnöten, wie eine Studie zeigt, die<br />
jetzt im Fachmagazin Lancet erschienen<br />
ist. Die Auswertung von<br />
Daten aus 189 Ländern ergab, dass<br />
der Alkoholkonsum der Weltbevölkerung<br />
von1990 bis 2017 um 70 Prozent<br />
gestiegen ist. Ursache war zum<br />
einen der Bevölkerungszuwachs,<br />
aber auch stärkerer Konsum pro<br />
Kopf habe dazu beigetragen, berichten<br />
Forscher um Jakob Manthey vom<br />
Institut für Klinische Psychologie<br />
und Psychotherapie der Technischen<br />
Universität Dresden.<br />
Allerdings fanden die Wissenschaftler<br />
große regionale Unterschiede.<br />
Während der Alkoholkonsum<br />
beispielsweise in China, Indien<br />
und Vietnam stark wuchs, ist er in<br />
osteuropäischen Ländern von einem<br />
hohem Niveau deutlich gesunken.<br />
In Deutschland beobachtete<br />
das Team eine Stagnation mit leicht<br />
sinkendem Trend. Allerdings zählt es<br />
zu den Ländern mit den höchsten<br />
Alkoholraten<br />
weltweit.<br />
Die Studie<br />
lässt befürchten,<br />
dass das Ziel der<br />
Weltgesundheitsorganisation<br />
(WHO), von<br />
2018 bis 2025<br />
den globalen Alkoholkonsum<br />
um zehn Prozent<br />
zu reduzieren,<br />
nicht erreicht<br />
wird. Denn er<br />
stieg im globalen<br />
Durchschnitt pro<br />
Kopf von5,9 Liter<br />
reinem Alkohol<br />
im Jahr 1990 auf<br />
6,5 Liter im Jahr<br />
2017. Und die Prognose der Studie<br />
für 2030 stellt in Aussicht, dass er auf<br />
7,6 Liter steigt.<br />
Zur Einordnung: 7,6 Liter reiner<br />
Alkohol im Jahr entsprechen etwa 410<br />
MilliliternBier proTag. Dasklingt zunächst<br />
nicht nach übermäßig großen<br />
Mengen. Zu bedenken ist jedoch,<br />
dass an diesen 410 Millilitern jene 53<br />
Prozent der Weltbevölkerung, die<br />
2017 abstinent lebten, nicht beteiligt<br />
sind –und marginal nur jene,die bloß<br />
VonAnne Brüning und Alice Lanzke<br />
Jugendliche und Alkohol<br />
Alkoholkonsum (mindestens ein Mal in der<br />
Woche) bei Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen im Alter von 12 bis 25 Jahren,<br />
April bis Juni 2018, in Deutschland, in %<br />
65,9%<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
25,4%<br />
20<br />
18- bis 25-Jährige<br />
43,6<br />
12- bis 17-Jährige<br />
21,2<br />
33,4<br />
10<br />
14,6<br />
0<br />
8,7<br />
7980 90 2000 10 18<br />
BLZ/GALANTY; QUELLE: BUNDESZENTRALE FÜR GESUND-<br />
HEITLICHE AUFKLÄRUNG, DPA<br />
an Wochenenden und feiertags trinken.<br />
Der durchschnittliche Konsum<br />
vonGewohnheitstrinkernist also wesentlich<br />
höher.<br />
Damit wird Alkohol zunehmend<br />
auch Todesopfer fordern. Verkehrsunfälle,<br />
Herz- und Kreislauferkrankungen<br />
sowie<br />
Krebs sind nur ein<br />
Teil der Todesursachen,<br />
die direkt<br />
oder indirekt mit<br />
Alkohol inVerbindung<br />
gebracht<br />
werden. Nach<br />
WHO-Angaben<br />
ging 2016 jeder<br />
20. Todesfall weltweit<br />
auf Alkohol<br />
zurück. „Alkohol<br />
wird einer der<br />
Hauptrisikofaktorenfür<br />
vorhersehbare<br />
Krankheiten<br />
bleiben und seine<br />
Auswirkungen<br />
werden sich<br />
wahrscheinlich<br />
relativ zu anderen Risikofaktoren erhöhen“,<br />
sagt Studienautor Jakob<br />
Manthey.<br />
Für die Untersuchung analysierte<br />
das Forscherteam Daten zum Alkoholkonsum<br />
von Menschen von 15<br />
bis 99 Jahren aus 189 Ländernfür die<br />
Jahre 1990, 2010 und 2017 und prognostizierte<br />
daraus zudem die Entwicklung<br />
für das Jahr 2030. DieWissenschaftler<br />
stellten fest, dass 2017<br />
in nordafrikanischen Ländern sowie<br />
Der Mann hinter Selenskyj<br />
Ländern des Nahen Ostens am wenigsten<br />
getrunken wurde, während<br />
es in Zentral- und Osteuropa am<br />
meisten war. Der höchste Anstieg<br />
seit 2010 aber wurde mit 34 Prozent<br />
im wirtschaftlich aufstrebenden<br />
Südostasien beobachtet.<br />
Im Detail hatte Moldawien 2017<br />
den höchsten Konsum (15 Liter pro<br />
Kopf bei den 15- bis 99-Jährigen)<br />
und das überwiegend muslimische<br />
Kuwait den geringsten (weniger als<br />
0,005 Liter). DieWissenschaftler führen<br />
die unterschiedlichen Zahlen<br />
und Entwicklungen auf Faktoren wie<br />
Religion, Gesundheitspolitik und<br />
Wirtschaftswachstum zurück.Vorallem<br />
das ökonomische Wachstum<br />
scheint sich hierbei auszuwirken,<br />
wie die Beispiele China und Indien<br />
zeigen, wo sich der Alkoholkonsum<br />
zwischen 1990 und 2017 jeweils fast<br />
oder mehr als verdoppelt hat.<br />
In Deutschland sowie in anderen<br />
Ländern mit hohem Einkommen<br />
stagnierten oder sanken die Zahlen<br />
indes: So wurden 1990 hierzulande<br />
noch gut 16 Liter reinen Alkohols getrunken,<br />
2010 waren es knapp 13 Liter.<br />
2017 folgte eine leichte Steigerung<br />
auf 13,05 Liter. Für 2030 prognostizieren<br />
die Wissenschaftler einen<br />
Konsum von11,63 Litern.<br />
„Unsere Studie bietet einen umfassenden<br />
Überblick über die sich<br />
verändernde Landschaft des weltweiten<br />
Alkoholkonsums“, sagt Psychologe<br />
Manthey. „Vor 1990 wurde<br />
der meiste Alkohol in Ländern mit<br />
hohem Einkommen konsumiert –<br />
mit den höchsten Leveln in Europa.“<br />
Dieses Muster habe sich jedoch<br />
deutlich verändertmit starken Reduzierungen<br />
in Osteuropa und gewaltigen<br />
Zuwächsen in mehreren Ländern<br />
mit mittlerem Einkommen wie<br />
China, Indien und Vietnam. Dieser<br />
Trend werde sich voraussichtlich bis<br />
2030 fortsetzen, sodass Europa dann<br />
nicht mehr den höchsten Alkoholkonsum<br />
haben werde. (mit dpa)<br />
Der skrupellose Oligarch Ihor Kolomojskyj unterstützte den künftigen ukrainischen Präsidenten im Wahlkampf<br />
VonStefan Scholl<br />
Brasilien<br />
Deutschland<br />
Der ukrainische Dollarmilliardär<br />
Ihor Kolomojskyj gilt als Sponsor,wenn<br />
nicht als politischer Coach<br />
des künftigen ukrainischen Präsidenten<br />
Wolodymyr Selenskyj. Obwohl<br />
der die Korruption bekämpfen<br />
will, während Kolomojskyj als Symbolfigur<br />
der Oligarchengeneration<br />
gilt, die allen Reformen imWegsteht.<br />
Ihor Kolomojskyj Umgang mit<br />
Geld ist legendär. Als Vereinspräsident<br />
des Erstligaklubs FK Dniproließ<br />
er sich allein das Stadion „Dnipro-<br />
Arena“ 40 Millionen Euro kosten.<br />
2010 heuerte er den spanischen Trainer<br />
Juande Ramos an, der Dnipro<br />
2014 zur ukrainischen Vizemeisterschaft<br />
führte. Imselben Jahr trennte<br />
man sich, Ramos wurde vertragsgerecht<br />
ausgezahlt. Aber Kolomojskyj<br />
verweigerte seinen Assistenten ihre<br />
letzten Monatsgehälter,etwa 300 000<br />
Euro. Die Spanier klagten, bekamen<br />
recht, die Schuld wuchs auf zwei Millionen<br />
Euro. Aber Kolomojskyj blieb<br />
stur, seine Sturheit kam dem FK<br />
Dnipro teuer zu stehen. Die Fifa<br />
sperrte den Verein für alle internationalen<br />
Turniere, entzog ihm 2018 gar<br />
die Profi-Lizenz.<br />
Ihor Kolomojskyj,56, ist<br />
laut Forbes 1,1 Milliarden<br />
Dollar reich. Kolomojskyj<br />
wuchs in Dnipro, dem<br />
spätsowjetischen Dnjepropetrowsk,<br />
auf. Er machte<br />
sein erstes Rubelvermögen<br />
mit Porträtfotos, die er kasachischen<br />
Kolchosbauern<br />
verkaufte.Anfang der 90er-<br />
Jahre gründete er seine eigene<br />
Bank, verschaffte sich Aktienmehrheiten<br />
von Stahlkombinaten,<br />
Raffinerien, Tankstellenketten und<br />
Fernsehsendern. Julia Timoschenko,<br />
die wie er aus Dniprostammt, verhalf<br />
ihm 2010 als Premierministerin mit<br />
einem umstrittenen Manöver zu 42<br />
Prozent der Staatsfirma Ukrnaft, dem<br />
größten Rohstoffkonzerndes Landes.<br />
Russland<br />
In Deutschland ist der Alkoholkonsum<br />
weiterhin hoch. Weltweit steigt er nun vor allem in<br />
China und Indien<br />
„Kolomojskyj ist einer der gefährlichsten<br />
ukrainischen Oligarchen“,<br />
sagte der US-Diplomat Jonathan<br />
Bronson dem Portal Daily Beast, „er<br />
hat keine Angst, sich die Hände<br />
schmutzig zu machen.“ Als<br />
im Frühjahr 2014 im benachbarten<br />
Donbass prorussische<br />
Aufstände ausbrachen,<br />
übernahm Kolomojskyj<br />
für mehrere Monate<br />
als Gouverneur die<br />
IMAGO IMAGES<br />
China<br />
Im Rausch<br />
Australien<br />
Verantwortung in der Region<br />
Dnipro. Er stellte Freiwilligenbataillone<br />
auf und<br />
Lebt noch in Israel:<br />
Ihor Kolomojskyj. erstickte alle separatistischen<br />
Kundgebungen im<br />
Keim. Aber bald geriet er in Streit mit<br />
dem neuen Präsidenten Petro Poroschenko.<br />
Der entzog ihm die Kontrolle<br />
über Ukrnaft und ließ Kolomoiskis<br />
PrivatBank verstaatlichen. Nach<br />
Angaben der Nationalbank drohte<br />
ihr der Bankrott, Kolomojskyj und<br />
seine Leute hätten 5,5 Milliarden<br />
Dollar von ihren Konten verschwin-<br />
1990<br />
BLZ/GALANTY; QUELLE: MANTHEY, LANCET 2019<br />
den lassen. Kolomojskyj aber fordert<br />
eine Kompensation vonzweiMilliarden<br />
Dollar für die enteignete Bank.<br />
Poroschenko beschimpfte Selenskyj<br />
als Marionette Kolomojskyj. Dem<br />
gehört der TV-Kanal 1+1, wo Selenskyjs<br />
Showsliefen. Undgerade erst bezeichnete<br />
Kolomojskyj Innenminister<br />
Arsen Awakow als „Stabilitätsfaktor“.<br />
Selenskyj solle diesen Minister<br />
auf jeden Fall behalten. Awakow ist<br />
wie Kolomojskyj korruptionsumwittert,<br />
wie Kolomojskyj hat er nach Angaben<br />
ukrainischer Journalisten Gefolgsleute<br />
in Selenskyjs Mannschaft<br />
platziert. Selenskyj aber hat der Korruption<br />
den Kampf angesagt. Zu seinen<br />
engen BeraterngehörtExfinanzminister<br />
Oleksandr Daniljuk, der die<br />
Verstaatlichung der PrivatBank mitorganisierte.Nun<br />
wartet Kiew auf Kolomojskyj<br />
angekündigte Rückkehr<br />
aus seinem TelAviver Exil. Und darauf,<br />
ob es danach Antikorruptionsreformen<br />
oder einen neuen Beutezug<br />
des Oligarchen geben wird.<br />
Bundeswehr<br />
im Ausland<br />
ohne Mandat<br />
Streit über deutsche Soldaten<br />
in Niger und Kamerun<br />
VonJörg Köpke<br />
Bewaffnete Soldaten der Bundeswehr<br />
sind ohne Zustimmung<br />
des Bundestages nicht nur in Niger,<br />
sondern auch in Kamerun im Einsatz.<br />
Daswurde der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
(Redaktionsnetzwerk Deutschland)<br />
aus Kreisen des Auswärtigen Ausschusses<br />
des Bundestages bestätigt,<br />
der am Mittwoch in geheimer Sitzung<br />
in Berlin tagte.<br />
Nach Angaben von Teilnehmern<br />
informierte Generalinspekteur Eberhard<br />
Zorn das Gremium auf Nachfrage<br />
auch über Einsätze von Spezialeinheiten<br />
der Bundeswehr in Jordanien<br />
und Tunesien. Dort hielten<br />
sich die Soldaten jedoch unbewaffnet<br />
auf. Nach den Informationen<br />
sind in Kamerun, Jordanien und Tunesien<br />
jeweils Soldaten im einstelligen<br />
Bereich stationiert, in Niger rund<br />
zwei Dutzend.<br />
DerWehrbeauftragte des Bundestages,<br />
Hans-Peter Bartels, kritisierte<br />
dieses Vorgehen. „Es gibt nicht zweierlei<br />
Bundeswehr und auch nicht<br />
zweierlei Parlamentsbeteiligung.<br />
Auch Spezialkräfte sind Soldaten der<br />
Bundeswehr.Esmüssen die gleichen<br />
Grundsätze gelten.“ Der SPD-Politiker<br />
forderte einheitliche rechtliche<br />
Standards und eine transparente Beteiligung<br />
des Bundestages.<br />
Unterstützung bei der Ausbildung<br />
Teilnehmer der Ausschusssitzung<br />
berichteten von einer Debatte über<br />
die rechtlichen Grundlagen von bewaffneten<br />
Auslandseinsätzen der<br />
Bundeswehr. Laut Parlamentsbeteiligungsgesetz<br />
liegt ein bewaffneter<br />
Einsatz der Streitkräfte vor, wenn<br />
Soldaten damit rechnen müssen, in<br />
bewaffnete Auseinandersetzungen<br />
zu geraten.<br />
Nach Angaben desVerteidigungsministeriums<br />
handelt es sich im Niger<br />
seit dem 31. Mai 2018 um eine<br />
Ausbildungsunterstützung eines sogenannten<br />
Partnerverbandes mit<br />
rund 20 Soldaten am Ausbildungsort<br />
Tahoua. Bislang seien 280 nigrische<br />
Soldaten ausgebildet worden, sagte<br />
ein Sprecher des Ministeriums.„Eine<br />
Einbeziehung in bewaffnete Unternehmen<br />
im Sinne des Parlamentsbeteiligungsgesetzes<br />
erfolgt nicht und<br />
wird auch nicht qualifiziert erwartet.“<br />
LIBYEN<br />
ALGERIEN<br />
100 km Madama<br />
Niamey<br />
BENIN<br />
Arlit<br />
Tahoua<br />
NIGERIA<br />
NIGER<br />
TSCHAD<br />
Tschadsee<br />
KAMERUN<br />
BLZ/ISABELLA GALANTY<br />
Bartels widerspricht dieser Auffassung.<br />
Das Auswärtige Amt habe<br />
eine Reisewarnung für das Land herausgegeben.<br />
Zudem seien erst im<br />
vergangenen Jahr vier Angehörige<br />
der US Special Forces bei einem Einsatz<br />
in Niger ums Leben gekommen.<br />
Linken-Außenexpertin Sevim<br />
Dagdelen schloss sich der Kritik des<br />
Wehrbeauftragten an. „Auslandseinsätze<br />
dürfen nicht in vertraulichen<br />
Sitzungen ausgekungelt werden. Die<br />
Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee<br />
und keine Kanzlerarmee“, sagte<br />
Dagdelen.<br />
Neben Niger gilt auch Kamerun<br />
als unsicherer Staat in Westafrika. Im<br />
Norden, an der Grenze zuNigeria,<br />
terrorisieren die Islamisten vonBoko<br />
Haram die Bevölkerung. In den Provinzen<br />
Nord- und Südwestkamerun<br />
gewinnen Separatisten immer mehr<br />
Zulauf. Dort kommt es zu blutigen<br />
Zusammenstößen.