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Berliner Kurier 08.06.2019

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*<br />

REPORT<br />

Die beiden Bunkerhälften<br />

haben separate Zugänge.<br />

Die Fabrikbarackeist<br />

Tarnung: Darunter<br />

verbirgt sich ein Bunker<br />

von1400 Quadratmetern,<br />

in dem 135 Menschen<br />

tagelang einen<br />

Atomschlag überstehen<br />

können sollten.<br />

Zumersten Mal zu sehen<br />

Der Atombunker<br />

des Top-Agenten<br />

Markus Wolf,Chef der DDR-Auslandsspionage, sollte im Kriegsfall seine Leute von hier aus leiten<br />

Mitten im Wald östlich<br />

von Berlin<br />

steht eine Fabrikhalle.<br />

Sie ist leer,<br />

und das war sie schon immer.<br />

Zwischen Kiefern und Birken<br />

am Rande der brandenburgischen<br />

Gemeinde Gosen-Neu<br />

Zittau weist das Gebäude vielmehr<br />

auf ein Geheimnis unter<br />

der Erdoberfläche hin – den<br />

Atombunker von Markus<br />

„Mischa“ Wolf, Chef der Stasi-<br />

Auslandsspionage (HVA).<br />

„Das Gebäude war eine Tarnung“,<br />

sagt Jörg Diester (50)<br />

vom Verein Bunker-Dokumentationsstätten.<br />

Denn darunter<br />

hatte die Stasi 1984 einen Betonbunker<br />

fertiggestellt, abgeschirmt<br />

durch mehrere Sperrkreise<br />

im Wald am Seddinsee.<br />

Von dieser „Ausweichführungsstelle“<br />

aus sollte Wolf bei<br />

einem Krisenfall wie etwa einem<br />

Atomschlag sein Agentennetz<br />

im Westen weiter führen.<br />

Erst jetzt rückt der geheime<br />

Ort in den Blick der Öffentlichkeit.<br />

Ab Juli soll es hier erstmals<br />

öffentliche Führungen auf dem<br />

Gelände geben.<br />

Hinter einer schweren Metalltür<br />

in der Halle führt eine<br />

steile Treppe abwärts. Duschen,<br />

mit denen eine atomare<br />

Verseuchung abgewaschen<br />

werden sollte, sind im Original<br />

zu sehen. Lange, schmale Gänge<br />

führen an Schlafkammern<br />

und Dolmetscherkabinen vorbei.<br />

In der Arztstation liegt<br />

noch Verbandsmaterial von damals.<br />

In Raum 14 steht das Bett mit<br />

einer orange-beige-braunen<br />

Matratze für Wolf, der es nie<br />

benutzte. Zur „Einweihung“<br />

der Anlage sei er da gewesen.<br />

Eine Übung habe es im Spionage-Bunker<br />

jedoch nie gegeben.<br />

Fünf Mitarbeiter hätten die Anlage<br />

einsatzbereit gehalten.<br />

Bis zu acht Tage hätten in<br />

dem Gosener Bunker 135 Mitarbeiter<br />

ausharren können, sagt<br />

Diester. Im Westen seien die<br />

Atomschutzbunker dagegen<br />

für 30 Tage zum Überleben angelegt<br />

gewesen.<br />

Alles sei autark gewesen in<br />

dem Millionenprojekt – von<br />

Anlagen zum Aufbereiten von<br />

Trinkwasser über Luftfilter bis<br />

zur Stromerzeugung. Der Bunker<br />

(Typ V2C) bestand aus zwei<br />

spiegelgleichen Teilen mit 22<br />

Räumen sowie separaten Einund<br />

Ausgängen. „Wäre eine<br />

Seite getroffen worden, hätte<br />

die andere übernommen.“<br />

Die Stasi-Leute hätten nicht<br />

begriffen, wie angespannt die<br />

ökonomische Lage in der DDR<br />

war, während immens viel Material<br />

und Geld in den Bunkerbau<br />

gesteckt wurde, resümiert<br />

Diester. Auch für Stasi-Minister<br />

Erich Mielke sowie Staatsund<br />

SED-Chef Erich Honecker

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