Berliner Kurier 08.06.2019
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POLITIK<br />
MEINE<br />
MEINUNG<br />
Schiene mit<br />
neuem Charme<br />
Ausgerechnet das Verkehrsmittel,<br />
über das in<br />
Deutschland am liebsten geschimpft<br />
wird, erscheint gerade<br />
in einem neuen Licht: Ist<br />
es wirklich gerecht, stundenlange<br />
Verspätungen am Flughafen<br />
stoisch zu ertragen, den<br />
Zugführer im ICE aber schon<br />
nach zehn Minuten Zwangspause<br />
zu beschimpfen? Die<br />
Bahn gewinnt an Stärke, weil<br />
die anderen Verkehrsmittel<br />
dramatisch schwächeln. Und<br />
weil Mobilitätvom Modethema<br />
zu einem echten Zukunftsprojekt<br />
wird: Werwegen<br />
des Klimawandels von<br />
Flugscham geplagt ist, entdeckt<br />
schnell den Charme der<br />
Bahn.<br />
Das neue Strategiepapier des<br />
Bahnchefs setzt die richtigen<br />
Signale: Wer pünktlich(er)<br />
werden will, muss sich auf<br />
sein Kerngeschäft konzentrieren.<br />
Und das liegt auf der<br />
Schiene, nichtinAuslandsbeteiligungen.<br />
Wer gegenüber<br />
Auto und Flugzeug punkten<br />
will, muss Städteverbindungen<br />
im Halbstundentakt anbieten.<br />
Sinnvoller als die Androhung<br />
von neuen Strafsteuern<br />
für den klimaschädlichen<br />
Flugverkehr sind kräftige<br />
öffentliche Investitionen in<br />
das ohne Zweifel umweltfreundlichste<br />
Verkehrsmittel<br />
–die Bahn.<br />
MANN DESTAGES<br />
Friedrich Merz<br />
Friedrich Merz, früherer<br />
Unionsfraktionschef im Bundestag,<br />
rechnet mit einem<br />
baldigen Ende der GroKo.<br />
„Die große<br />
Koalition<br />
hält nicht<br />
über den<br />
Jahreswechsel<br />
2019/2020<br />
hinaus“,<br />
sagte Merz<br />
dem „Handelsblatt“.<br />
Es kämen<br />
keine neuen Ideen und auch<br />
keine großen gesellschaftspolitischen<br />
Anstöße mehr.<br />
Den Grünen, die er als<br />
„Wettbewerber Nummer<br />
eins“ bezeichnete, warf Merz<br />
„Umweltpopulismus“ vor.<br />
Foto: KayNietfeld/dpa<br />
Von<br />
Jörg<br />
Kallmeyer<br />
Fotos: bgblue/iStock; vladwel/iStock; Kay Nietfeld/dpa<br />
Milliardenpaket<br />
für bessereBahn<br />
Berlin – Mit der Strategie<br />
„Starke Schiene“ will sich die<br />
Bahn auf das Deutschlandgeschäft<br />
konzentrieren und den<br />
Klimaschutz durch besseren<br />
Schienenverkehr voranbringen.<br />
Foto: Nerthuz/iStock<br />
Mehr und pünktlichere Züge<br />
und eine bessere Infrastruktur:<br />
„Wir setzen voll und ganz auf<br />
einen starken Ausbau der<br />
Bahn“, heißt es in Unterlagen,<br />
die dem RedaktionsNetzwerk<br />
Deutschland (RND) vorliegen.<br />
Demnach soll die Infrastruktur<br />
robuster, das Unternehmen<br />
schlagkräftiger und der Bahnverkehr<br />
schneller und moderner<br />
werden. Der DB-<br />
Aufsichtsrat wird die<br />
neue Strategie Mitte<br />
Juni bei einem<br />
zweitägigen<br />
Treffen beraten.<br />
▶ Was sind die<br />
Ziele? Bahnchef<br />
Richard<br />
Lutz braucht 5Milliarden Euro<br />
für eine bessere Bahn, die<br />
Pünktlichkeit und Qualität verbessern<br />
und die nötigen Kapazitäten<br />
bei Zügen, Personal und<br />
Netz schaffen soll. Die Bahn<br />
will zum Klimaschutz beitragen<br />
und bis 2038 Züge komplett mit<br />
Ökostrom betreiben.<br />
▶ Was haben die Bahnkunden<br />
davon? Im Fernverkehr soll<br />
sich die Zahl der Passagiere<br />
zwischen 2015 und 2030 auf<br />
260 Millionen verdoppeln. 30<br />
Großstädte sollen im Halbstundentakt<br />
verbunden sein, als erste<br />
Verbindung kommt Hamburg–Berlin.<br />
Dafür sollen 120<br />
Fernzüge gekauft und die Flotte<br />
auf 600 Fahrzeuge ausgebaut<br />
FlaggschiffimFernverkehr: Der ICE soll in Zukunft noch<br />
häufiger fahren und besonders die Großstädte besser<br />
miteinander verbinden.<br />
Viel mehr Züge,<br />
bessereBahnhöfe,<br />
moderneInfrastruktur:<br />
Der Verkehrskonzern<br />
will wieder den Kunden<br />
in Deutschland in den<br />
Mittelpunkt stellen<br />
werden. Weitere sieben Millionen<br />
Menschen sollendirekt ans<br />
ICE-, Intercity- und Eurocity-<br />
Netz angebunden werden. Kleinere<br />
und mittlere Städte sollen<br />
mindestens im Zweistundentakt<br />
Abfahrten bekommen. Im<br />
Nahverkehr sollen eine Milliarde<br />
Fahrgäste pro Jahr zusätzlich<br />
gewonnen werden.<br />
▶ Was passiert bei der Infrastruktur?<br />
Das 33 200 Kilometer<br />
lange Schienennetz und die<br />
mehr als 5000 Bahnhöfe gehören<br />
dem Bund, werden von der<br />
DB Netz verwaltet und sind<br />
teils veraltet, auch wegenzugeringer<br />
und ineffizienter Finanzierung.<br />
Nun sollen die Kapazitäten<br />
um 30 Prozent auf 1,45<br />
Milliarden Trassenkilometer<br />
durch Ausbau, Modernisierung<br />
und Digitalisierung erweitert<br />
werden.