21.07.2019 Aufrufe

Berliner Zeitung 20.07.2019

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 166 · 2 0./21. Juli 2019 3<br />

·························································································································································································································································································<br />

Report<br />

IM OSTEN GEHT DER<br />

SOMMER AUF<br />

Die Sommerserie der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong>,Teil 5<br />

DER KLEINE REISEFÜHRER – WÜSTENHAIN<br />

Entfernung von Berlin-Alexanderplatz: 115 Kilometer<br />

Dauer der Anreise mit VW Bus T3: 2Stunden<br />

Zahl der Übernachtungsplätze: noch keine, hoffentlich bald 28<br />

Einwohnerzahl: 79<br />

Partei mit dem stärksten Wahlergebnis: Bei den Kommunalwahlen<br />

im Mai diesen Jahres bekam die CDU 31 Prozent im Wahlkreis<br />

Vetschau/Spreewald, zu dem Wüstenhain gehört.<br />

Jahreshöhepunkte im Ort: das Treckertreffen<br />

WichtigsteSehenswürdigkeit: die Dorfkirche<br />

Kulinarische Spezialitäten: Wildschweinbraten und Spreewaldgurken<br />

Nächste Bademöglichkeit: 500 Meter zum Gräbendorfer See<br />

noch daran, dass Frau Mütze dabei einen Kuss indie<br />

Luft haucht („perlmuttglänzender Lippenstift“) und<br />

dass ich denke, sie meine ein seltenes Treckermodell.<br />

Wiegesagt, die Hitze.<br />

Ichbeeile mich also, zur, genau, Hauptstraße vorzulaufen,<br />

wo der Wettkampf im Rückwärtsschieben in vollem<br />

Gange ist, der 100-Meter-Sprint des Wüstenhainer<br />

Treckertreffens sozusagen. Mittlerweile wundere ich<br />

mich ja über gar nichts mehr: Dastehen ein gutes Dutzend<br />

Männer und Frauen im Staubund sehen dabei zu,<br />

wie einer nach dem anderen versucht, einen Treckermit<br />

Anhänger rückwärts gegen eine Holzplanke zu fahren,<br />

die dann hupt. Auf einem Kremserwagen daneben sitzt<br />

so eine ArtJuryund stoppt die Zeit. DieBestenbrauchen<br />

30 Sekunden. Ich kann Ihnen nicht sagen, was mich<br />

mehr fasziniert: dass es anscheinend sehr schwierig ist,<br />

einen Traktor –715 PS, Baujahr 1978, Marke: Eigenbau –<br />

Naschhausen<br />

Rom<br />

Herzsprung<br />

Eisdorf<br />

BLZ/GALANTY<br />

Wüstenhain<br />

Nächste<br />

Woche:<br />

Wetterwitz<br />

Netter Typ: Frank Paulisch, Schatzmeister des Heimatvereins,<br />

kühlt sich in der Dorfkirche ab.<br />

im Rückwärtsgang zu manövrieren, etwas, das, wie mir<br />

ein Mann mit Strohhut am Rande erzählt, ein Bauer jeden<br />

Tagmacht:„Irgendwiemussdas Ding ja abends zurück<br />

in die Scheune.“ Oder dass Männer mit muskulösen<br />

Armen und sonnengegerbten Gesichternbei dieser Disziplin<br />

die Nerven verlieren –„Nee, Leute,heute geht bei<br />

mir gar nichts!“ –, während eine Frau mit dirndltauglichem<br />

Dekolleté ihre Röcke rafft und „das Ding“ mit<br />

zwei Zügen gegen die Latte rammt.Toll, denke ich, als die<br />

Dirndlfrau die Arme in die Luft reißtund lauthals jubelt,<br />

wie sich ganz nebenbei noch das Genderthema in diese<br />

Geschichte schleicht: die Frauen im Osten, dieanpacken<br />

und alles zusammenhalten.<br />

Aber: Was weiß denn ich? Ich habe keine Ahnung,<br />

wie sie so sind, die Wüstenhainer.Zumir warensie alle<br />

sehr nett. Herr Paulisch, Frau Mütze, die Frauen vom<br />

Kinderschminkstand, die Männer vom Treckerrennen<br />

Landfrauenpower:Treckerfahren ist in<br />

Wüstenhain nicht allein Männersache.<br />

in ihren Poloshirts mit der Aufschrift „Die Rückwärtsschieber“.<br />

Na klar habe ich Herrn Paulisch gefragt, wie er so<br />

tickt, der gemeine Wüstenhainer. Herr Paulisch kennt<br />

Wüstenhain, seit erein kleiner Junge ist, auch wenn er<br />

hier heute nur seine Wochenenden verbringt, eigentlich<br />

wohnt er nämlich in Cottbus, das fällt mir gerade<br />

wieder ein. Aber seine Stiefmutter hat einen mobilen<br />

Friseursalon, mit dem sie durchs Dorf zieht. Friseure<br />

sind für uns Journalisten ja ähnlich wie Taxifahrer,Volkes<br />

Stimme sozusagen, an dieser Stelle muss halt der<br />

Stiefsohn derDorffriseurin genügen. Also?<br />

Aufgeschrieben habe ich: „nie zurückhaltend“,<br />

„herzlich“ und: „eine eingeschworene Truppe, die<br />

Leute aber gerne aufnimmt“. Von Kati am Kinderschminkstand<br />

habe ich noch erfahren, dass man sich<br />

hier am Wochenende zum Grillentrifft, zusammen Ge-<br />

burtstage feiertund dass etwas schiefgelaufen ist, wenn<br />

man mit zehn noch kein Moped fahren kann. Auf dem<br />

Trecker knatterndie Kinder,die hier Leon oder Finheißen,<br />

zum ersten Malmit vier über die Äcker,dann sind<br />

die Räder noch größer als sie selbst.<br />

Reicht Ihnen das? Ich hätte noch Herrn Letsch, den<br />

Restaurateur, fragen können, ich meine: WasanWüstenhain<br />

ist so reizvoll, dass er so viel Arbeit in eine alte<br />

Dorfkirche steckt? Aber Herr Letsch war leider nicht da.<br />

Undwas sagt wohl das deutsch-belgische Ehepaar,das<br />

in der alten Dorfkneipe Kurse in griechischem Volkstanz<br />

gibt und Tanzabende veranstaltet, bei denen man<br />

tanzen darf, wie man will. Ich dachte an die Discofox-<br />

Ladys auf dem Sommerfest und an Katis Blick, als sie<br />

sagte: „Die tanzen da barfuß mit Räucherstäbchen und<br />

so, das ist kein Tanzen!“ So typisch wüstenhainisch erschien<br />

mir das Tanzcafé nicht.<br />

ICH KANN IHNEN NICHT MAL SAGEN, WOFÜR DER WÜS-<br />

TENHAINER POLITISCH SO STEHT. Die Wahlergebnisse<br />

werden nicht gesondertaufgeführt. Beiden Kommunalwahlen<br />

im Mai kam die AfD im Kreis Vetschau, zu dem<br />

Wüstenhain gehört, auf gut 16 Prozent, unter Brandenburger<br />

Durchschnitt also. Herr Paulisch sagt, er kenne<br />

niemanden, der AfD wählt. Aber erstenssprechen sie im<br />

Heimatverein nicht über Politik. Undzweitens: Wenn jemand<br />

AfD wählt, sagt Herr Paulisch, dann nicht wegen<br />

der Ausländer, hier gibt es nämlich kaum welche, sondern,<br />

um denen in Berlin eins auszuwischen. Oder wegen<br />

der Kreisreform, die hat auch vielen nicht gefallen.<br />

Sie kam ja dann auch gar nicht. Ein bisschen nachtragend<br />

sind sie also auch, hier in der Niederlausitz.<br />

Ich sollte fairerweise noch erwähnen, dass die Grünen<br />

in dieser Gegend auf fast elf Prozentkommen, was<br />

wiederum überdurchschnittlich für eine ländliche Region<br />

ist, aber leicht zu erklären: Fünf Kilometer von<br />

Wüstenhain entfernt, in Tornitz, steht die größte<br />

Schweinemastanlage Deutschlands. Letztes Jahr kam<br />

heraus, dass einer der Gülletanks auf dem Gelände<br />

leckt und das Grundwasser verschmutzt. Trotzdem will<br />

der Betreiber noch mehr Schweine halten. Um die<br />

70 000 sind es aktuell, wobei das niemand so genau<br />

weiß. Fragen Siedoch mal bei der Bürgerinitiativenach,<br />

sieheißt „Schweinewind“. Aufdem Land wirdman aus<br />

sehr pragmatischen Gründen zum Umweltschützer –<br />

dann aber richtig.<br />

All das habe ich aber erst später nachgelesen. Am<br />

Ende gebe ich Ihnen lieber einen Satz mit, den ich ohne<br />

Probleme in meinem Block entziffern kann. Die lesbarenWorte<br />

sind meist die wichtigsten, ist meine Erfahrung.<br />

Sie stammen von einer jungen Frau, die bei den<br />

Rückwärtsschiebern saß. Sie studiert zwar in Cottbus,<br />

kann es aber kaum erwarten, endlich in ihr Dorf zurückzuziehen.<br />

„Wir leben da, wo andere Urlaub machen.“<br />

Schön, oder? Treckerfahrenkonnte sie übrigens<br />

auch ziemlich gut.<br />

Anne Lena Mösken hat ihren Bulli abends am Gräbendorfer<br />

See geparkt und dortsehr gefroren: Nachts<br />

sanken die Temperaturen auf 12 Grad.<br />

Unser Geschenk:<br />

Automatik +3.000 € 1<br />

Suzuki Vitara Automatik<br />

Inkl. Automatikgetriebe,<br />

Metallic-Lackierung, Rückfahrkamera,<br />

Klimaautomatik,<br />

Tempomat, Sitzheizung vorn,<br />

farbiges Multifunktionsdisplay,<br />

17“-Alufelgen, Audiosystem<br />

mit Smartphone-Anbindung<br />

inkl. Bluetooth®-Freisprecheinrichtung<br />

u.v.m.<br />

Gesamtverbrauch l/100<br />

km: innerorts 6,6;<br />

außerorts 5,1; kombiniert<br />

5,7 CO 2<br />

-Emissionen<br />

kombiniert 129 g/km<br />

(VO EG715/2007);<br />

Effizienzklasse C<br />

1<br />

4.500 €maximale Ersparnis gegenüber<br />

unseres Normalpreises zusammengesetzt<br />

aus 1.500 €Automatikgetriebe +3.000 €<br />

Nachlass. 2 Preis für eine Tageszulassung<br />

06/19 des Suzuki Vitaras 1.0 Boosterjet<br />

bei uns schon ab<br />

€19.950,- 2 Comfort Automatik 82 kW/111 PS.<br />

Begrenzte Stückzahl. Das Angebot gilt<br />

nur solange unser Vorrat reicht.<br />

www.autohaus-wegener.de<br />

Filiale<br />

Wendenschloßstr. 26<br />

12559 Berlin-Köpenick<br />

Tel. 030 6566118-0<br />

Filiale<br />

Buckower Damm 100<br />

12349 Berlin-Britz<br />

Tel. 030 8600800-0<br />

Filiale<br />

Oranienbruger Str. 180<br />

13437 Berlin-Wittenau<br />

Tel. 030 2580099-0<br />

(Hauptbetrieb: Autohaus Wegener Berlin GmbH |AmJuliusturm 54 |13599 Berlin)<br />

Außerdem finden Sie<br />

uns in Ludwigsfelde,<br />

Potsdam und Nauen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!