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Berliner Zeitung 22.08.2019

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Saison 2019 |2020<br />

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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 194 · D onnerstag, 22. August 2019 – S eite 1<br />

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Kulturkalender<br />

DER WOCHENÜBERBLICK VOM 22. BIS 28. AUGUST 2019<br />

Filmtipps<br />

Kinoprogramm<br />

Literatur<br />

Ausstellungen<br />

Konzerte<br />

Bühne<br />

Seiten 2&3<br />

Seiten 2–6<br />

Seite 6<br />

Seite 7<br />

Seite 7<br />

Seite 8<br />

Zu den Sorgen des Verfassungsschutzes<br />

gehört auch<br />

die Popmusik. Mitviel Aufmerksamkeit<br />

bedenken die<br />

Schützer seit Anfang des Jahrzehnts<br />

zum Beispiel die properen, linken<br />

Punkrocker Feine Sahne Fischfilet<br />

aus Mecklenburg-Vorpommern<br />

(AfD mit 21 Prozent im Landtag). In<br />

ihrem Heimatland haben sie die<br />

Band bis 2015 jeweils mehrseitig in<br />

ihren Berichten erwähnt und sogar<br />

per Peilsender amWagen vonSänger<br />

und Texter Jan „Monchi“ Gorkow<br />

überwacht. In Sachsen (AfD-Wahlprognose:<br />

25 Prozent) hat man die<br />

Band noch immer auf dem Schirm.<br />

Bevorsich FSF nach ihrem ersten<br />

Album entschieden links aufstellten,<br />

waren sie und offenbar insbesondre<br />

Gorkow recht Hool-rustikal unterwegs.Und,<br />

zugegeben, Sätzewie zuletzt<br />

„Die nächste Polizeiwache ist<br />

nur einen Steinwurf entfernt“ von<br />

ihrem wütenden Titel „Wut“ von<br />

2015 spielen zweifellos mit der unschönen<br />

Möglichkeit vonGewalt.<br />

Andererseits engagieren sich FSF<br />

in einem Bundesland mit erheblicher<br />

Neonazi-Dichte rastlos gegen<br />

Fremdenfeindlichkeit, Rassismus<br />

und Homophobie, Monchi Gorkow<br />

ist auch als Künstler ein gradliniger<br />

Bär mit dickem Herz: „Ich lieb die<br />

Wellen und das Meer“ singt er heimatverbunden<br />

auf dem letzten Album<br />

„Sturmund Dreck“. Aber angesichts<br />

der Rolle, die unsere Schutzbehörden<br />

etwa beim NSU −Gorkow<br />

lebte in der Nachbarschaft eines<br />

NSU-Opfers −gespielt haben; oder<br />

angesichts des in Polizeigewahrsam<br />

verbrannten SierraLeoners Oury Jalloh,<br />

dem Feine Sahne Fischfilet ein<br />

Stück gewidmet haben; oder angesichts<br />

der Entschlossenheit, mit der<br />

die Polizei oft die Versammlungsfreiheit<br />

von Neonazis schützt −dakann<br />

man schon mal künstlerisch übers<br />

Ziel hinausschießen.<br />

Feine Sahne Fischfilet sind zunächst<br />

Popmusiker.Daher haben sie<br />

ja auch die gekränkte Behördenreaktion<br />

sogleich als Promotion-Idee verstanden<br />

und den Verfassungsschützern<br />

in Schwerin zum Dank einen<br />

Präsentkorb vorbeigebracht.<br />

Feine Sahne Fischfilet mit dem unverkennbaren Frontmann Jan „Monchi“ Gorkow.<br />

Ihr immenser Erfolg, der sie in<br />

ausverkaufte Hallen, auf Groß-Festivals<br />

und in die vielbeachtete Dokumentation<br />

„Wildes Herz“von Charly<br />

Hübner geführt hat, verdankt sich<br />

nicht nur der aufrechten Haltung,<br />

sondern auch dem Ritterschlag öffentlicher<br />

Aufmerksamkeit. Diese<br />

Hau Rock<br />

Feine Sahne Fischfilet spielen in der Zitadelle Spandau<br />

wurde zuletzt, 2018, ordentlich<br />

durch die klägliche Affäre des Bauhaus<br />

Dessau geschürt, wo man in<br />

vorauseilendem Gehorsam einen<br />

Auftritt abgesagt hat, aus Angst vor<br />

marodierenden Neonazis.<br />

Ästhetisch wiederum trifft sich<br />

die Musik der sechs Musiker bis in<br />

VonMarkus Schneider<br />

den grölenden Gestus mit allen<br />

möglichen nicht gerade modischen<br />

Hau-Rock-Entwürfen von rechts<br />

nach links. Wobei es gegenüber<br />

klangverwandten Heimatrechten<br />

wie Frei.Wild doch an disziplinärer<br />

Straffheit fehlt, und die dynamischen<br />

Bläser der sechs Fischfilets<br />

bringen durchaus einen angenehm<br />

optimistischen und warmen<br />

Schwung in den bodenständigen<br />

Punkrock zur rauen Männerstimme<br />

Gorkows.<br />

Sie erinnern eher an die Tote Hosen,<br />

gleichsam ihre gewerkschaftliche<br />

Erwachsenenversion, von deren<br />

FSF<br />

Management sie auch betreut werden.<br />

Das Repertoire besteht ähnlich<br />

wie bei den Düsseldorfernaus einerseits<br />

politkritischen Stücken und andererseits<br />

Wohlfühlnummernfür die<br />

Gemeinde.„Wir sind zurück in unsrer<br />

Stadt/ mit zwei Promille durch<br />

die Nachbarschaft (…) und wir<br />

scheißen vor eure Burschenschaft“<br />

heißt es im typisch hymnischen Refrain<br />

des letzten Album-Openers.<br />

Entscheidend spürt man jedoch<br />

bei der Band aus jedem Ton die<br />

Dringlichkeit; und wo die Hosen in<br />

Tagen wie diesen eher auf Konsens<br />

setzen, bauen Feine Sahne Fischfilet<br />

auf Konfrontation. Auf „Sturm und<br />

Dreck“ geht es daher grimmig um<br />

die herzlosen Zustände auf den<br />

Flüchtlingstrails der Meere, es geht<br />

um Freundschaft, soziale Kälte und<br />

um wehrhafte Solidarität. Gorkow<br />

singt ein hübsches Liebeslied an<br />

seine Eltern (Bauingenieur/ Zahnärztin),<br />

und er kann auch Antifa-<br />

Schlagertexte mit Attitude singen:<br />

„Wenn alle mutlos sind/ Halten wir<br />

uns fest/ Komm schlag zurück/ denn<br />

Angst frisst Seele auf“.<br />

Das Album kam aus dem Stand<br />

auf den dritten Platz der deutschen<br />

Charts, die Konzerte sind ausverkauft.<br />

Es teilen offenbar viele Menschen<br />

die −und sei’skitschig und pathosdicht<br />

vorgetragene −Meinung,<br />

dass wir uns und unsere Minderheiten<br />

vor blinder Menschenfeindlichkeit<br />

schützen sollten. Verwirrend,<br />

dass sowas die Verfassungswacht<br />

alarmiert. Sieht aber auch aus, als<br />

warte viel Arbeit auf sie.<br />

Feine SahneFischfilet<br />

Konzert: 23.8., 19 Uhr, Zitadelle Spandau,<br />

Aftershow-Party: ab 23.59Uhr,imMenschmeier,<br />

Storkower Straße121.<br />

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Heute<br />

mit den<br />

DSO-<br />

Nachrichten<br />

DSO-Nachrichten05|06 2019<br />

DSO-Nachrichten09|10 2019<br />

Wie stellt man sich einen namhaften<br />

Kunstsammler vor?<br />

Reich? Geheimnisvoll? Exzentrisch?<br />

Obsessiv? Zurückhaltend oder aber<br />

prahlerisch?<br />

Nun, den Kunstsammler, die<br />

Kunstsammlerin schlechthin gibt es<br />

nicht. Was aber alle, die nicht mit<br />

Kunst und deren Geldwertjonglieren,<br />

eint, ist die innigliche Liebe zur Kunst,<br />

die Passion, Kunstwerke und Künstler<br />

aufzuspüren, zu entdecken, meist<br />

ganz nach dem eigenen Geschmack<br />

und nicht nach Museumsrichtlinien.<br />

Unddennoch sind etliche Sammlungen<br />

bisweilen enzyklopädisch entstanden.<br />

Sammler kaufen, um zu erforschen,<br />

zu dokumentieren, zu publizieren,<br />

und auch, um auszustellen,<br />

andereMenschen teilhaben zu lassen<br />

an ihrem Besitz.<br />

Die Idealisten unter den Sammlern<br />

–und derer gibt es mehr als wir<br />

denken –agieren oft als Partner der<br />

Museen und Galerien, leisten mit ihrerkostspieligen<br />

Passion ästhetische,<br />

kunstpädagogische Bildungsarbeit.<br />

Genau das wirdmit Freude und auch<br />

Respekt sehen und erleben, wer sich<br />

in der ersten <strong>Berliner</strong> „Collectors<br />

Night“ neugierig auf den Wegmacht. Julian Rosefeldt: Videoszene „Deep Gold“, 2013/14. COLLECTION WEMHÖNER/ VG BILDKUNST BONN 2019<br />

Passion nach Sonnenuntergang<br />

Zum ersten Male in einer „Collectors Night“ zeigen zwölf <strong>Berliner</strong> Privatsammler<br />

am 23. August ihre neuen und seit Jahrzehnten gehüteten Schätze<br />

VonIngeborg Ruthe<br />

Der Rest, der bleibt: Joyce Pensatos „Studio 2018“ (Detail).<br />

HAUBROK COLLECTION.<br />

Es nimmt Zeit in Anspruch, um zwölf<br />

große <strong>Berliner</strong> Privatsammlungen zu<br />

besuchen: Collection Bergmeier (Bülowstr.<br />

90), Boros Collection (Reinhardtstr.20),<br />

The Feuerle Collection<br />

(Hallesches Ufer 70), Kienzle Art<br />

Foundation (Bleibtreustraße 54), me<br />

Collectors Room (Auguststr. 68),<br />

Rocca Stiftung (Dubrowstr.17),<br />

Sammlung Ulrich Seibert (Oranienburger<br />

Str 32), Julia Stoschek Collection<br />

(Leipziger Straße 60), Sammlung<br />

Wemhöner (Hasenheide 13), Sammlung<br />

Ivo Wessel (Lehrter Straße 57),<br />

Sammlung Wurlitzer Berlin –Pied-àterre(Mohrenstraße<br />

61).<br />

Es ist besonders erfreulich, die<br />

Sammlung Haubrok aus dem Lichtenberger<br />

Gewerbe/Atelier-Areal<br />

„Fahrbereitschaft“ in der Herzbergstraße,woStadträtin<br />

Monteirounverständlicherweise<br />

das Ausstellen untersagt,<br />

für diese eine Nacht im Asyl<br />

Weydingerstraße 10 erleben zu können.<br />

Die Schau ist der vor wenigen<br />

Wochen verstorbenen US- Künstlerin<br />

Joyce Pensato gewidmet.<br />

Collectors Night 23.August,17bzw.18Uhr bis<br />

24 Uhr.Eintritt: frei,außer Feuerleund Boros, hier<br />

nur mitFührung.Anm: berlincollectors.com

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