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… eine Schule, die Leistungen würdigt und fördert<br />
Claudia Leipold / Claudia Tröbitz<br />
Der individuelle Weg und<br />
Fortschritt eines jeden Kindes<br />
Eine Schule unserer Zeit und ihre PädagogInnen sollen Kinder befähigen, sich<br />
authentisch einschätzen zu können, und ihnen Werkzeuge an die Hand geben,<br />
Lernen zu planen sowie herausfordernde Inhalte zu finden oder diese selbst anbieten.<br />
Sie ist eine sichere und geborgene Umgebung, in der jedes Kind sein individuelles<br />
Leistungsprofil entfalten kann. Denn darin besteht die Heterogenität.<br />
Auch der inklusive Gedanke stellt<br />
lediglich die Anerkennung der<br />
Unterschiedlichkeit aller dar.<br />
Alle Kinder sollen somit anschlussfähiges<br />
und auf Verständnis gerichtetes<br />
Wissen erwerben. Viele Instrumente,<br />
die im Folgenden vorgestellt werden,<br />
können dabei Einsatz finden und diese<br />
Aufgabe einfacher machen, als sie<br />
scheint. Denn oftmals hemmt das Bemühen<br />
um Vollständigkeit die praktische<br />
Umsetzung.<br />
Leisten und Leistung<br />
Leistungsermittlung und -beobachtung<br />
sollte den individuellen Weg und Fortschritt<br />
eines jeden Kindes aufzeigen und<br />
in den Fokus stellen, dabei helfen, diesen<br />
auszubauen und die Kinder selbst<br />
daran zu beteiligen. Sie sollte Lernbereitschaft<br />
fördern und die Verantwortung<br />
der Kinder für das eigene Lernen<br />
weiter steigern. Außerdem sollte sie<br />
auch der Information der Eltern sowie<br />
als wichtiges Instrument zur Qualitätssicherung<br />
pädagogischer Arbeit dienen.<br />
Was braucht es?<br />
Offener (oder geöffneter) Unterricht ist<br />
für die Begegnung verschiedener Leistungsprofile,<br />
deren Darstellung und<br />
Ausbau grundlegend. Unterricht vom<br />
Kinde aus (vgl. Peschel 2002) ist Folge<br />
und Basis von Inklusion zugleich. Rituale<br />
und Wiederholungen geben diesem<br />
einen sicheren Rahmen sowie Struktur<br />
und ermöglichen Selbstständigkeit in<br />
der Lernorganisation und Alltagsbewältigung.<br />
Ein fester Wochenrhythmus<br />
gibt allen Kindern Halt und unterstützt<br />
sie, sich im Schulalltag zurechtzufinden<br />
und sich aktiv einzubringen. Jedes Kind<br />
weiß vorher schon, wie der Tag verläuft.<br />
Es hat die Ruhe und die Möglichkeit,<br />
sich über seine Lerninhalte und Beziehungen<br />
Gedanken zu machen, diese<br />
mitzugestalten. Ein ritualisierter Planungskreis,<br />
geleitet durch ein Kind, gibt<br />
zudem Sicherheit und bildet gegenseitige<br />
Verantwortungsübernahme durch<br />
die Kinder heraus. Individuelles und<br />
kooperatives Lernen ergeben sich themen-<br />
und persönlichkeitsabhängig. Der<br />
qualitative Anspruch offenen Unterrichts<br />
wird durch das tägliche Handeln,<br />
gemeinsam festgelegte Regeln des Miteinanders<br />
und Kriterien inhaltlicher<br />
Arbeit bestimmt. Regelmäßige Rückmeldungen<br />
(durch Kinder und PädagogInnen)<br />
sowie die ritualisierte Anwendung<br />
der Instrumente zur Lerndokumentation<br />
und deren ständige Übung<br />
untermauern dies. Sie geben nicht nur<br />
eine Rückmeldung des eigenen Lernstandes,<br />
sondern gleichzeitig einen<br />
Überblick über von außen herangetragene<br />
Inhalte und Kompetenzanforderungen.<br />
Zudem besteht der Anspruch,<br />
über klare Kriterien Transparenz zu<br />
schaffen und prozessuale Einschätzungen<br />
zu ermöglichen. Die Kinder können<br />
sich durch diese Transparenz auf<br />
das einstellen, was von ihnen erwartet<br />
wird, und anhand stetiger Kriterien sich<br />
diesen Zielen Stück für Stück nähern.<br />
Für alle Beteiligten müssen die Rückmeldungen<br />
dazu verständlich sein und<br />
weiterführend Aufgaben und Ziele aufzeigen.<br />
Dabei geht es immer um ehrliches<br />
und klares Feedback – weder defizitär<br />
orientiert noch beschönigend. Die<br />
Kinder sollen immer im Kontext ihrer<br />
individuellen Lebensumstände und<br />
Entwicklung gesehen werden. Neben<br />
Wissen und Können sind insbesondere<br />
die Lernentwicklung, das soziale Ler-<br />
Claudia Leipold und Claudia Tröbitz<br />
sind Grundschullehrerinnen und<br />
arbeiten als Stammgruppenleiterinnen<br />
in einer jahrgangsgemischten<br />
Gruppe (1–4) am Evangelischen Schulzentrum<br />
Muldental.<br />
www.<br />
eva-schulze-mtl.de<br />
Die Grundschule des Evangelischen<br />
Schulzentrums Muldental<br />
… ist Teil eines Schulzentrums und<br />
setzt sich aus ca. 110 Kindern und 20<br />
Erwachsenen zusammen. In inklusiven<br />
Lerngruppen und -arrangements ist<br />
das Lernen der Kinder in durchgehender<br />
Jahrgangsmischung organisiert.<br />
Selbstbestimmtheit im Lernen, Kooperation<br />
und Eingebundenheit in der<br />
großen Schulgemeinschaft stehen im<br />
Vordergrund und brachten die Schule<br />
im Jahr 2015 im Zuge der Vergabe des<br />
deutschen Schulpreises unter die besten<br />
Schulen Deutschlands. Eine Juryrückmeldung<br />
gab den letzten Anstoß,<br />
auch in der Dokumentation und Darstellung<br />
von Leistungsprofilen mutiger<br />
zu werden. So wurde zum Beispiel beschlossen,<br />
endgültig Abschied von den<br />
Ziffernnoten zu nehmen. Ein Prozess<br />
begann, der versuchte zu bündeln, was<br />
vorhanden war, und zu ergänzen, was<br />
für den Einzelnen als nötig erschien,<br />
um sicher und gerecht das Lernen, Vorwärtskommen<br />
und damit das tägliche<br />
Leisten (Prozesse und Produkte des<br />
Schulalltages) der Kinder abzubilden.<br />
GS aktuell 147 • September 2019<br />
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