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…eine Schule individuellen und gemeinsamen Lernens<br />
August ist sehr begabt und interessiert<br />
sich für vieles. Er findet im gesamten<br />
Schulgebäude Anregungen und beginnt<br />
mit den Erläuterungen und Fotos<br />
unserer Verfassungsorgane in der Eingangshalle<br />
im Rahmen einer politischen,<br />
demokratischen Bildung.<br />
An einer inklusiven ganztägigen Bildungseinrichtung<br />
wie unserer geht kein<br />
Kind mittags in das Offene Ganztagsangebot,<br />
sondern alle sind Teil der Offenen<br />
Ganztagsschule und gestalten das inklusive<br />
ganztägige Lernen und Leben in der<br />
Vielfalt mit. Staunen, Forschen, Feiern,<br />
angewandtes Wissen und Fertigkeiten,<br />
demokratisches, nachhaltiges Lernen –<br />
individuell und kooperativ in Gemeinschaft<br />
–, das sind hier die Schwerpunkte<br />
eines erweiterten Bildungsverständnisses.<br />
Von den 300 Kindern der dreizügigen<br />
inklusiven Grundschule gehen<br />
90 % in den Offenen Ganztag. Der Träger<br />
der freien Jugendhilfe, das Kinderwerk<br />
Baronsky und die Schule möchten<br />
das gemeinsame Bildungsverständnis<br />
im Ganztag auch begrifflich verdeutlichen<br />
und sprechen von einer »inklusiven<br />
ganztägigen Bildungseinrichtung«<br />
(IGB – vgl. Imhäuser / Köster-Ehling<br />
2016). Individuelles, fachliches Lernen<br />
bleibt dabei nicht isoliert, sondern findet<br />
seine Reflexion und Bedeutung immer<br />
in gemeinschaftlichem, fächerübergreifendem<br />
Austausch und Schulfeiern.<br />
Statt eines Raumkonzeptes gibt es ein<br />
Flächenkonzept, Raumnutzungspläne<br />
und einen gemeinsam eingerichteten<br />
Personalraum für alle Mitarbeiter/innen<br />
der IGB. Zugrunde liegt ein Verständnis,<br />
dass Lernen und Sich-Bilden jederzeit<br />
und überall stattfindet. Dabei werden<br />
formale, nonformale und informelle<br />
Lernzugänge partizipativ ermöglicht.<br />
Alle 12 Klassen sind gleichzeitig auch<br />
Gruppen am Nachmittag bis 14.30 Uhr.<br />
Feste Tandems von einer Lehrkraft und<br />
einer pädagogischen Fachkraft des Trägers<br />
(multiprofessionelle Teamarbeit)<br />
gestalten die gesamte Lernfläche gemeinsam<br />
– orientiert an den Bedarfen<br />
der Kinder und Erwachsenen. In den<br />
Lernzeiten am Vor- und Nachmittag findet<br />
individuelles und gemeinsames Lernen<br />
auf Pädagogen- und Kinderebene<br />
statt. Das pädagogische Personal, die Eltern<br />
und das gesamte Schulpersonal bzw.<br />
außerschulische Partner verstehen sich<br />
als professionelle Lerngemeinschaft z. B.<br />
bezüglich eines veränderten zukunftsfähigen<br />
Bildungsverständnisses und der<br />
Bereitschaft zum Perspektivwechsel.<br />
Räume und Flächen<br />
Die IGB Gottfried Kinkel hat alle<br />
Räume, außer den Klassenräumen,<br />
thematisch Bildungsbereichen (Motorik;<br />
Bauen & Konstruieren; Atelier;<br />
Snoozelraum; Musik & Theater u. a.)<br />
zugeordnet. Alle Räume stehen den<br />
ganzen Tag für eine multifunktionale<br />
Nutzung zur Verfügung. Das Pronomen<br />
›mein‹ bezogen auf Räume, Fach,<br />
Klasse / Gruppe und Material entfällt.<br />
In jedem Raum gibt es die Möglichkeit<br />
eines Sitzkreises, der den Start in den<br />
Tag in Gemeinschaft ermöglicht. Im<br />
Morgenkreis werden die individuellen<br />
und gemeinschaftlichen Themen des<br />
Tages besprochen. Die Kinder übernehmen<br />
Dienste und partizipieren am Tagesablauf<br />
und ihrem Lernvorhaben mit.<br />
In freien Lernzeiten wählen die Kinder<br />
individuell ihren Lernort. Dazu gehören<br />
Flure, Eingangshalle, Themenräume,<br />
Nebenräume und der Beratertisch.<br />
Lernüberprüfungen werden zu individuellen<br />
Zeiten geschrieben und dabei<br />
suchen sich die Kinder den passenden<br />
Ort für sich (stiller Rückzugsraum oder<br />
mitten in der Klassengemeinschaft). In<br />
einigen Klassen gibt es keine festen Sitzplätze,<br />
sondern die Kinder entscheiden<br />
täglich neu, welcher Platz für die<br />
heutige Aufgabe und Zusammenarbeit<br />
passend ist. Kinder, denen ein vertrauter<br />
Platz wichtig ist, können sich diesen<br />
einrichten. Über den ganzen Tag werden<br />
im Sitzkreis immer wieder Lerninhalte<br />
gemeinsam reflektiert und vorgestellt.<br />
Somit erhält der Klassenraum<br />
eine Heimatfunktion (vgl. Kricke /<br />
Reich /Schanz / Schneider 2018).<br />
Besonderer Lernort ist der Schulgarten<br />
mit zwei Hühnern. Der tierpädagogische<br />
Ansatz und die Übernahme von<br />
Verantwortung bedeuten für viele Kinder,<br />
in besonderer Weise für die Kinder<br />
mit sozial-emotionalen Bedarfen, Lernzuwächse.<br />
In stiller Atmosphäre werden<br />
die Tiere vorsichtig gepflegt und Nähe<br />
zugelassen. Neu zugewanderte Kinder<br />
erleben dies oft nach ihren Fluchterfahrungen<br />
als besonderen Ort der Verarbeitung.<br />
Hinzu kommen sprachsensible<br />
Ansätze mit Kindern aller Altersstufen.<br />
Ab 14.30 Uhr öffnet sich die gesamte<br />
Schulfläche für die Kinder. Mit Hilfe individueller<br />
Klammern wählen die Kinder<br />
selbstbestimmt einen Raum und damit<br />
ein Bildungsangebot. Ausdrücklich<br />
Die Schulgemeinschaft zum Abschluss der Projektwoche »Verschiedenheit ist bei<br />
uns normal«<br />
gehört dazu der Schulhof als Zeit für<br />
freies Spiel und soziales, kooperatives<br />
Lernen. Ergänzt werden diese Angebote<br />
durch außerschulische Kooperationspartner<br />
(Vereine, Kirchen, Therapeut/innen,<br />
Musikschule u. a.) und die Öffnung<br />
zum Sozialraum Oberkassel.<br />
Zusammenfassend gestaltet die IGB<br />
die gesamte Schulfläche für die folgenden<br />
Kommunikationsanlässe: 1<br />
●●<br />
mountaintop (Hügel – frontale Zuwendung;<br />
z. B. Plakatpräsentation; Aufführungen)<br />
●●<br />
cave (Höhle – Rückzugsort; z. B. Decke<br />
in einer Nische auf dem Schulhof; Leseecke)<br />
●●<br />
campfire (Lagerfeuer – Zusammenkunft;<br />
z. B. Klassenrat; Sitzkreis zum<br />
gemeinsamen Reflektieren und Verbalisieren<br />
von Lerninhalten; echtes Lagerfeuer;<br />
gemeinsames Essen; Monatsfeier)<br />
GS aktuell 147 • September 2019<br />
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