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16 * <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 240 · M ittwoch, 16. Oktober 2019<br />
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Berlin/Brandenburg<br />
NACHRICHTEN<br />
Zahl der Berufspendler<br />
erreicht Höchstwert<br />
Rund 376 000 Menschen in Brandenburgsind<br />
im vergangenen Jahr<br />
zur Arbeit gependelt. Dassei ein<br />
neuer Höchstwert, teilte die Industriegewerkschaft<br />
(IG) Bauen-Agrar-<br />
Umwelt am Dienstag mit. Im Vergleich<br />
zum Jahr 2000 sei das eine<br />
Steigerung um 32 Prozent. Hauptursache<br />
für die Entwicklung sei der<br />
Mangel an günstigen Wohnungen in<br />
den Groß- und Unistädten, in denen<br />
gleichzeitig die meisten Jobs entstanden<br />
seien, sagte der Bezirksvorsitzende<br />
der IG BauBrandenburg,<br />
Rudi Wiggert. DieFolge der hohen<br />
Zahl der Berufspendler seien nicht<br />
nur immer längereStaus und überfüllte<br />
Züge.Esgeht laut Wiggertauch<br />
wertvolle Zeit für Familie,Freunde<br />
und Hobbys verloren. (dpa)<br />
AfD-Mann akzeptiertStrafe<br />
nach Holocaustleugnung<br />
DerStrafbefehl gegen einen Teilnehmer<br />
einer AfD-Besuchergruppe,der<br />
laut Anklage in der Gedenkstätte<br />
Sachsenhausen die Existenz von<br />
Gaskammerninfrage gestellt hat, ist<br />
rechtskräftig. DerAnwalt des Mannes<br />
aus Baden-Württemberg, der die<br />
Gedenkstätte mit einer Gruppe aus<br />
dem Wahlkreis der AfD-Bundestagsabgeordneten<br />
Alice Weidel besucht<br />
hatte,zog den Einspruch gegen den<br />
Strafbefehl in Höhe von80Tagessätzenund<br />
4000 Euro wegen Volksverhetzung<br />
und Störung der Totenruhe<br />
zurück. Dasteilte das Amtsgericht<br />
Oranienburgmit. (dpa)<br />
Brandenburger Handwerker<br />
zufrieden mit Geschäften<br />
DieHandwerksbetriebe in Brandenburgblicken<br />
nach eigenen Angaben<br />
meist optimistisch in die Zukunft.<br />
Rund 96 Prozent der befragten Betriebe<br />
bewerten ihreGeschäftslage<br />
als gut oder zumindest zufriedenstellend.<br />
Dasgeht aus dem Ergebnis<br />
der Herbstkonjunkturumfrage hervor,<br />
die die Handwerkskammern<br />
Potsdam, Cottbus und Frankfurt<br />
(Oder) jetzt vorstellten. (dpa)<br />
Flog,aber nicht für jeden: Eine Maschine der Interflug –eine sowjetische Iljuschin 62.<br />
Das Fernweh ist verflogen<br />
Marina Bethigs Uniform erinnert in einer Ausstellung an die Interflug. Die <strong>Berliner</strong>in denkt gern zurück<br />
VonCaroline Bock<br />
Ihre beigefarbene Uniform und<br />
der blaue Hut liegen 30 Jahre<br />
nach dem Mauerfall in einer<br />
Vitrine. Marina Bethigs Geschichte<br />
ist Teil einer Ausstellung<br />
über Ost-Berlin. Die 59-Jährige hat<br />
wie alle Ostdeutschen ihrer Generation<br />
ein Leben vor dem Mauerfall<br />
und eines danach. Marina Bethig<br />
mochte beide Leben, das eine als<br />
Kind und junge Frau, heute als Oma.<br />
Ihr Beruf war zu DDR-Zeiten etwas<br />
Besonderes: Siewar Stewardess.Das<br />
heißt, sie konnte reisen.<br />
„Für mich war das Privileg nicht<br />
schön, weil ich reisen konnte,andere<br />
nicht“, sagt sie. Dass sie als Reisekader<br />
konformsein musste,ist klar.Da<br />
ist Marina Bethig offen:„Ich habe damals<br />
die DDR repräsentiert.“ Sieflog<br />
von 1980 bis 1987 um die Welt, nach<br />
Zypern, Kanada, Nigeria oder Pakistan.<br />
Der Gedanke an eine Flucht lag<br />
ihr fern, sie hat Mann und Kinder.<br />
Sie arbeitete für die Interflug.<br />
Dazu ein Blick in die Geschichte der<br />
Luftfahrt: Das war die DDR-Staatslinie,<br />
die 1958 gegründet wurde und<br />
33 Jahrelang bis nach dem Mauerfall<br />
in Betrieb war. Sie schaffte es sogar<br />
mal ins „Guinness-Buch der Rekorde“:<br />
Am 21. November 1989 flog<br />
eine Maschine in 13:25 Stunden von<br />
Kumamoto auf der japanischen Insel<br />
Kyushu nach Schönefeld. Nie zuvor<br />
hatte damals ein Airbus A310 eine<br />
derartige Strecke nonstop bewältigt.<br />
Der schwärzeste Taginder Interflug-Geschichte<br />
war<br />
der 14. August 1972,<br />
als eine Iljuschin 62<br />
bei Königs Wusterhausen<br />
abstürzte –<br />
156 Menschen an<br />
Bord kamen ums Leben.<br />
1991 hob zum<br />
letzten Mal eine Tupolew<br />
für die Interflug<br />
ab. Das Aus kam<br />
mit einer Entscheidung<br />
der Treuhand,<br />
die viele DDR-Betriebe<br />
abwickelte.<br />
Auch bei der Interflug war das umstritten.<br />
Noch heute treffen sich die ehemaligen<br />
Stewardessen und die Piloten<br />
zu Stammtischen. Sie haben viel<br />
zusammen erlebt, wie Marina Bethig<br />
erzählen kann. Auf dem Flughafen<br />
von Beirut im Libanon hörte die Besatzung<br />
den Geschützdonner des<br />
Bürgerkriegs. Eskam auch vor, dass<br />
die Interflug Kriegsverletzte aus Nicaragua<br />
zur Behandlung in die DDR<br />
brachte,dawurde das Flugzeug zum<br />
Beiges Jackett, blauer Hut:<br />
Das trugen die Stewardessen<br />
von Interflug.<br />
Lazarett und Marina Bethig zur<br />
Krankenschwester. Bedrückend war<br />
für sie,wenn DDR-Bürger nach einer<br />
missglückten Republikflucht zurückgebracht<br />
wurden. Daswaren die<br />
dunklen Seiten des Berufs.<br />
Die ersten zwei<br />
Jahre war es üblich,<br />
dass die Interflug-Stewardessen<br />
ins sozialistische<br />
Ausland flogen,<br />
nach Prag, Warschau<br />
oder Moskau,<br />
dann durften sie auf<br />
die anderen Strecken.<br />
DPA/TOM WELLER<br />
Ein geordnetes Privatleben<br />
war wichtig.<br />
Wenn jemand daheim<br />
an seiner Familie<br />
hing, galt eine<br />
Flucht aus der DDR<br />
als unwahrscheinlich, erzählt Bethig.<br />
Als Stewardess hat Bethig gerne<br />
gearbeitet. Manchmal war es auch<br />
kurios: Zu Notfallübungen musste<br />
die Besatzung in Uniform in den<br />
Müggelsee springen, dort die<br />
Schwimmweste anziehen und mit<br />
vollgesogenen Klamotten in ein Floß<br />
klettern. Für besondere Vorkommnisse<br />
hatte die Besatzung immer<br />
Wodka dabei. Gegen lästige Männer<br />
bei einem Flug in die Sowjetunion<br />
banden sich die Stewardessen die<br />
DPA/KURT SCHOLZ<br />
Schürzen mit einer Doppelschleife.<br />
Und: „Man hat natürlich an Bord<br />
auch manchmal einen Heiratsantrag<br />
bekommen.“<br />
Der Beruf sei zu DDR-Zeiten ein<br />
Traumjob wie Schauspielerin gewesen,<br />
erzählt Bethig, die ihre Kindheit<br />
in Potsdam verbrachte und heute in<br />
Berlin lebt. „Der Andrang war sehr<br />
groß.“ Um den Tauglichkeittest im<br />
Gleichgewicht zu bestehen, übte Bethig<br />
mit ihrem Vater im Drehsessel.<br />
Reisen bildet, das sagt man immer so.<br />
Für Marina Bethig stimmt es. Sie erzählt,<br />
wie sie begann, die DDR zu hinterfragen,<br />
auch durch ihren Mann,<br />
der Westverwandtschaft hatte.Als sie<br />
in der Vorwendezeit sah, wie die DDR<br />
gegen Andersdenkende vorging, war<br />
das für sie ein Grund, ihr SED-Parteibuch<br />
abzugeben.<br />
Nach dem Mauerfall half Bethig<br />
in der Praxis ihres Mannes und arbeitete<br />
als Sporttrainerin. Sie gehört<br />
zu den Leuten, die die Demokratie<br />
nach der Wiedervereinigung schätzen.<br />
Fernweh verspürt die frühere<br />
Vielfliegerin kaum: „Ich kann auch<br />
gut mal eine Woche Urlaub in Berlin<br />
machen.“ (dpa)<br />
„Ost-Berlin: Die halbe Hauptstadt“ heißt die<br />
Ausstellung,die nochbis zum 9. Novemberim<br />
Ephraim-Palais zu sehen ist.https://ost.berlin/<br />
SEK<br />
stoppt<br />
Attentäter<br />
Wegen Einsatz auf Raststätte<br />
A10 die ganze Nacht gesperrt<br />
VonLutz Schnedelbach<br />
Ein<br />
Spezialeinsatzkommando<br />
(SEK) der Brandenburger Polizei<br />
hat auf dem Autobahn-Rastplatz MichendorfSüd<br />
in der Nacht zu Dienstag<br />
einen Mann überwältigt. Er hatte<br />
gedroht, ein Attentat zu verüben und<br />
viele Menschen zu töten. Der Mann<br />
wurde bei dem Zugriff angeschossen.<br />
DieA10 war die ganzeNacht gesperrt.<br />
Es war nach Einschätzung vonExperten<br />
einer der schwierigsten Einsätzefür<br />
die Brandenburger Polizei in<br />
diesem Jahr.„Wir haben gegen 22.30<br />
Uhr die Information erhalten, dass<br />
sich auf dem Rastplatz eine Person<br />
mit einerWaffe aufhält“, sagte Polizeisprecher<br />
MarioHeinemann. DerVerdächtige<br />
trug nach Informationen eines<br />
Zeugen eine dicke Jacke, eine<br />
Waffe mit langem Lauf sowie einen<br />
Rucksack. Fest steht, dass nach dem<br />
Anruf das SEK in Marsch gesetzt<br />
wurde. Auch Verhandler machten<br />
sich auf den Wegzum Einsatzort im<br />
Landkreis Potsdam-Mittelmark. Kurz<br />
darauf wurde die A10 zwischen Michendorfund<br />
Ferchgesperrt.<br />
Auch das Gelände der Raststätte<br />
wurde weiträumig abgeriegelt. Innerhalb<br />
der Absperrungen befanden<br />
sich 64 Menschen, darunter auch<br />
Krebskranke, die mit einem Bus unterwegs<br />
waren. Sie wurden zur Rettungswache<br />
Beelitz-Heilstätten gefahren.<br />
Die Situation sei kompliziert<br />
gewesen, weil sich der Mann die<br />
ganze Zeit über im Freien aufhielt,<br />
sagten Ermittler. Deshalb seien die<br />
umfangreichen Sperrmaßnahmen<br />
erforderlich gewesen.<br />
Die Verhandler nahmen gegen<br />
Mitternacht Kontakt mit dem Mann<br />
auf. Kurz nach vier Uhr wurde der<br />
Mann überwältigt. Dabei fiel auch<br />
ein Schuss, der den Täter verletzte.<br />
Zuvor hatte er mit einem Messer einen<br />
Polizeihund niedergestochen.<br />
Sprengstoff wurde nicht gefunden.<br />
Die Waffe war eine Attrappe. Das<br />
Motiv des Mannes ist nicht bekannt.<br />
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