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Entstehung von Spektrallinien

Kapitel aus dem Buch "Physik der Sterne"

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3.2 Strahlungstransport in Spektrallinien

309

der Chromosphäre zur noch bedeutend heißeren Sonnenkorona (T > 10 6 K), was

natürlich nur mittels Sonnenbeobachtungssatelliten gelingt 10 (wir erinnern uns –

die Erdatmosphäre ist zu unserem Glück für den größten Teil des UV-Bereiches

optisch dick und damit undurchsichtig).

Erreicht in einem Absorptionsgebiet I ν

> S ν

bzw. in einem Emissionsgebiet

I ν ≤ S ν die Intensität der Linienmitte ν 0

den Wert der Ergiebigkeit S ν

(d. h.

I ν

≈ S ν

), dann ist die entsprechende Spektrallinie gesättigt und kann nur noch in

der Breite wachsen. Man sagt auch oft, dass in solch einem Fall die Linienmitte

„optisch dick“ ist. Die relative Linieneinsenkung Gl. 3.103 erreicht dann bei einer

Absorptionslinie ihren Maximalwert.

Versagen der LTE-Bedingung Lokales thermodynamisches Gleichgewicht ist im

Inneren der Sterne und in deren dichteren Atmosphärenschichten sehr gut erfüllt,

da in diesem Fall thermodynamisch bedingte Stoßprozesse (Maxwell-Boltzmann-Verteilung)

und weniger reine Strahlungsprozesse die Besetzungsstatistik

atomarer Energiezustände bedingen. Jedem Emissionsvorgang folgt quasi sofort

ein entsprechender Absorptionsvorgang, und zwischen beiden Vorgängen besteht

weitgehend ein Gleichgewicht. Der Prozess der Strahlungsdiffusion, der aus solchen

unzähligen atomaren Absorptions- und Emissionsvorgängen besteht, bewirkt,

dass die im Sterninneren erzeugte Energie sehr lange benötigt, bis sie in die langsam

immer durchsichtiger werdenden Atmosphärenschichten gelangt (bei der

Sonne irgendwo zwischen 10.000 bis 170.000 Jahre im Vergleich zu etwas mehr

als einer Sekunde, wenn die Sonne völlig durchsichtig wäre). Das bedeutet, dass

die Idealisierung des LTE mit steigenden freien Weglängen der Photonen in Sternatmosphären

aufgrund der abnehmenden Gasdichte immer schlechter wird, um

schließlich in den heißen Koronen völlig zusammenzubrechen. Dort wird die kinetische

Temperatur durch das dünne, auf sehr hohe Temperaturen (≈ 10 5 − 10 6 K)

aufgeheizte Gas bestimmt, während die Temperatur des Strahlungsfeldes (wie

es in die Planck-Funktion eingeht) weitaus geringer ist und mehr dem der effektiven

Temperatur des Sterns entspricht. Atomare Anregungen werden hier fast

nur noch durch das Strahlungsfeld und kaum mehr durch Stoßprozesse bewirkt.

Dadurch können Atome länger in metastabilen Zuständen verweilen, was sich

spektroskopisch in der Präsenz verbotener Linien äußert (s. Abschn. 3.1.5.6). Die

Anwendung der Boltzmann-Statistik auf die Besetzungszahlen atomarer Zustände

führt unter solchen Bedingungen zu nicht mehr tolerierbaren Abweichungen, da

die Ergiebigkeit S ν

nicht mehr der Planck-Funktion B ν

der kinetischen Temperatur

T kin

des Plasmas folgt. Das erschwert ungemein die Berechnung der Intensitätsprofile

von Spektrallinien, da hier komplexere Methoden auf der Grundlage

sogenannter statistischer Gleichungen zum Einsatz gelangen müssen. Im Fall

stellarer Photosphären (Hauptreihensterne) werden die damit im Zusammenhang

stehenden non-LTE-Effekte aber erst bei sehr heißen Sternen, deren effektive

10 z. B. Solar Dynamics Observatory, http://sdo.gsfc.nasa.gov/.

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