Entstehung von Spektrallinien
Kapitel aus dem Buch "Physik der Sterne"
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3 Sternspektren und Sternatmosphären
Absorptionskoeffizienten entlang des Pfades s (Weg des Lichtstrahls) in Richtung
Beobachter berechnet, wobei an der Sternoberfläche τ ν
= 0 wird:
τ ν =
ˆ s
Betrachtet man die Intensität I ν
der Strahlung, die radial aus dem Stern austritt
(dr = ds), dann folgt aus Gl. 3.153 durch Integration:
0
κ ν ds
I ν = I ν,0 exp(−τ ν )
(3.155)
d. h., die Intensität I ν,0
, die aus einer optischen Tiefe von τ ν
= 1 stammt, ist an der
Sternoberfläche auf I ν,0
/e, also auf rund 37 % ihres ursprünglichen Wertes gefallen.
Medien, die bei einer Frequenz ν eine optische Tiefe τ ν
≫ 1 besitzen,
bezeichnet man als bei dieser Frequenz „optisch dick“; andernfalls spricht man
von „optisch dünnen“ Medien, bei denen näherungsweise
I ν ≈ I ν,0 (1 − τ ν )
gilt. Die Erdatmosphäre ist beispielsweise im Bereich des sichtbaren Lichtes
„optisch dünn“, während sie im fernen UV und im Röntgenbereich „optisch dick“
ist.
In der Sternmaterie finden natürlich nicht nur Absorptionsvorgänge statt. Analog
zum Absorptionskoeffizienten κ ν
kann deshalb auch ein frequenzabhängiger
Emissionskoeffizient ɛ ν
eingeführt werden, welcher angibt, wie viel Energie pro
Sekunde und Kubikmeter in den Raumwinkel dω = 1 emittiert wird:
dI ν = ε ν ds
(3.156)
Oder anders ausgedrückt: Diese Beziehung erfasst die längs des Weges zusätzlich
emittierte Energie, sodass sich unter der Voraussetzung, dass die Strahlung eine
planparallele Schicht unter dem Winkel ϑ durchdringt, folgende Bilanzgleichung
aufstellen lässt:
cos ϑ dI ν
ds =−κ νI ν (ϑ) + ε ν
(3.157)
(3.158)
(3.159)
Man beachte dabei, dass der erste Summand richtungsabhängig und der zweite
richtungsunabhängig ist. Auch der Emissionskoeffizient ist gewöhnlich eine komplizierte
Funktion der Frequenz und hängt von den physikalischen Bedingungen
am Ort der Emissionsvorgänge ab.
3.2.1 Lokales thermodynamisches Gleichgewicht (LTE) und
Kirchhoff‘scher Satz
Da Sternatmosphären einen radialen Temperaturgradienten aufweisen, können sie
sich nicht im thermodynamischen Gleichgewicht befinden. Thermodynamisches
Gleichgewicht setzt explizit voraus, dass überall (d. h. an jedem Ort) die gleiche
Temperatur T herrscht und das Strahlungsfeld isotrop ist – Bedingungen, die nach