Entstehung von Spektrallinien
Kapitel aus dem Buch "Physik der Sterne"
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3 Sternspektren und Sternatmosphären
Wasserstoffatome in den ersten angeregten Zustand über und können Licht,
dessen Frequenzen den Balmer-Linien entsprechen, absorbieren. Deshalb
bestimmen auch gerade in den Spektren von A0- und A1-Sternen (wie bei Wega
im Sternbild Leier und Sirius im Großen Hund) die Balmer-Linien deren Aussehen
(s. Abschn. 2.4.4.3). Bei weiter steigenden Temperauren (also bei B- und O-Sternen)
werden die Wasserstoffatome in deren heißen Photosphären zunehmend ionisiert
und die Balmer-Absorptionen verschwinden wieder. Es gibt unter diesen
Bedingungen einfach nicht mehr genügend viele Wasserstoffatome, die sich im ersten
angeregten Zustand befinden. In diesem Fall muss die Ionisierung in die Rechnung
mit einbezogen werden, was die Boltzmann-Gleichung in der Form Gl. 3.209
nicht mehr zu leisten vermag. Die Frage, welchen Anteil die einzelnen Ionisationsstufen
eines Elements in einem Plasma bei einer bestimmten Temperatur haben,
führt direkt zu der für die stellare Astrophysik fundamentalen Saha-Gleichung, die
in Abschn. 3.2.6 vorgestellt werden soll.
3.2.6 Saha-Gleichung
In Sternspektren findet man oft Spektrallinien, die dem gleichen Element, aber
unterschiedlichen Ionisationsstufen angehören. Ein Beispiel ist die bekannte
H- und K-Linie des einfach ionisierten Kalziums bei den Wellenlängen 396,9 nm
und 393,4 nm, die oft zusammen mit der Linie des neutralen Kalziums bei
λ = 422,6 nm zu beobachten sind. Da man davon ausgehen kann, dass die Äquivalentbreite
Gl. 3.102 einer Spektrallinie der Anzahl der Atome bzw. Ionen proportional
ist, welche diese Linie hervorrufen, kann man – wie Meghnad Saha
zuerst gezeigt hat – aus dem Verhältnis der Äquivalentbreiten der Linien benachbarter
Ionisationsstufen die Sterntemperatur im Entstehungsgebiet der Linien
bestimmen. Dazu müssen im Prinzip nur die für das jeweilige Element in den
Ionisationsstufen geltenden Ionisationspotenziale E P,n
und die aus der Boltzmann-
Verteilung folgenden Besetzungszahlen bekannt sein.
Bei steigender Temperatur nimmt entsprechend der Maxwell-Boltzmann-
Verteilung Gl. 3.109 der Anteil der Atome mit kinetischen Energien, die größer sind
als die Ionisationsenergien, immer mehr zu, sodass es bei Zusammenstößen zum
Herauslösen von Elektronen aus den Elektronenschalen der Stoßpartner kommt.
Dieser Vorgang wird als Stoßionisation bezeichnet, und als Ionisationsbedingung
kann man grob schreiben:
k B T ≈ E P,n = |E ∞ − E n |
bzw. für die Ionisation aus dem Grundzustand:
k B T ≈ E P,1 = |E ∞ − E 1 |
(3.211)
(3.212)
Gl. 3.211 drückt dabei nur den trivialen Fakt aus, dass sich bereits angeregte
Atome leichter ionisieren lassen als Atome, die sich im Grundzustand befinden.
Um herauszubekommen, wie stark die einzelnen Ionisationsstufen in einem
Plasma vertreten sind, muss die Boltzmann-Gleichung Gl. 3.209 insofern