Entstehung von Spektrallinien
Kapitel aus dem Buch "Physik der Sterne"
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3.2 Strahlungstransport in Spektrallinien
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eine rapide Zunahme mit geringer werdenden Temperaturen und anwachsender
Wellenlänge (Bell und Berrington 1987).
Die effektiven Temperaturen der G- und F-Sterne liegen ungefähr zwischen
5000 K und 6800 K. Nun ist es so, dass mit sinkender Temperatur und mit dem
damit einhergehenden geringer werdenden Ionisationsgrad der Sternmaterie (die
Ionisation von „Metallen“ stellt die primäre Quelle freier Elektronen in stellaren
Plasmen dar) die Elektronendichte N e
signifikant abnimmt. Unterhalb einer Temperatur
von 3000 K bricht deshalb die Erzeugungsrate von H − jäh ein, sodass
das „Gas“ weder intensiv strahlen noch intensiv Strahlung absorbieren kann – es
wird quasi durchscheinend. Dieser Zustand definiert eine Temperaturgrenze, die
ein Stern nur wenig unterschreiten kann. So führt bekanntlich die Expansion eines
Sterns am Ende seines Hauptreihendaseins dazu, dass sich dessen Leuchtkraft
rapide erhöht bei gleichzeitiger Abnahme der effektiven Temperatur. Bei diesem
Prozess kann jedoch aus den genannten Gründen die effektive Temperatur nicht
unter 3000 K sinken, sodass die Leuchtkrafterhöhung allein durch die Vergrößerung
der strahlenden Oberfläche des Sterns kompensiert werden muss. Man kann
auch sagen, dass die „Aufblähung“ des Sterns bei weitgehend konstanter effektiver
Temperatur erfolgt. Auf diese Weise entsteht ein „Roter Riesenstern“.
Wie entwickelt sich aber die Opazität in die Richtung höherer effektiver Temperaturen,
also in Richtung der Sterne vom Spektraltyp A und B?
Die typische effektive Temperatur eines A-Sterns liegt bei 10.000 K. Aufgrund
des bei dieser Temperatur recht hohen Ionisationsgrades der Sternatmosphäre lässt
sich der Elektronendruck auf ca. 100 Pa ansetzen. Für das Verhältnis neutraler
Wasserstoff zu Hydridionen folgt dann:
N(H)
N ( H−) ≈ 5,6 · 106
und für den Anteil angeregter neutraler Wasserstoffatome im Zustand n = 3:
[
N3
N 1
]H
≈ 7 · 10 −6
Die Anzahl der im angeregten Zustand n = 3 befindlichen neutralen Wasserstoffatome
ist demnach bei einem A-Stern etwa 28.000-mal größer als unter solaren
Verhältnissen. Bei A- und B-Sternen stellt demnach neutraler Wasserstoff eine
bedeutend wichtigere Opazitätsquelle dar als die nun in Minderheit geratenen
H − -Ionen.
In diesem Zusammenhang soll auch gleich noch auf eine weitere, hiermit in
Zusammenhang stehende Opazitätsquelle hingewiesen werden – die Elektronenstreuung
(ff-Übergänge). Sie wird umso wichtiger, je größer mit steigender Photosphärentemperatur
die Elektronendichte wird. Bei O- und frühen B-Sternen
(beispielsweise Blauen Überriesen) löst sie quasi den neutralen Wasserstoff aufgrund
von dessen steigendem Ionisationsgrad als wesentliche Quelle kontinuierlicher
Absorption ab.