Entstehung von Spektrallinien
Kapitel aus dem Buch "Physik der Sterne"
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3.2 Strahlungstransport in Spektrallinien
313
Diese Gleichung sagt aus, dass die effektive Temperatur eines Sterns nicht an der
Oberkante der Photosphäre (d. h. bei ¯τ = 0), sondern erst in einer optischen Tiefe
von 2/3 realisiert ist. Die Temperatur T ph
der Photosphärenobergrenze ergibt sich
vielmehr zu
T ph = T eff
2 1/4 ≈ 0,84T eff
(3.177)
Oder anders ausgedrückt und wieder auf den frequenzabhängigen Absorptionskoeffizienten
bezogen:
Unter der Bedingung des lokalen thermodynamischen Gleichgewichts entspricht
die Strahlung bei der Frequenz ν der lokalen Temperatur in einer optischen
Tiefe von 2/3.
Temperaturschichtung in einer Sternatmosphäre – Randverdunkelung Aus der
Tiefenabhängigkeit der Ergiebigkeit in der Eddington-Barbier-Näherung ergibt
sich eine elegante Methode, die Temperaturschichtung über den Querschnitt der
Photosphäre zu bestimmen. Bedingung dafür ist, dass sich der Stern im Teleskop
räumlich auflösen lässt, was bei Sternen gewöhnlich nicht, aber bei der Sonne
immer der Fall ist. Bewegt man sich nun vom Zentrum der Sonnenscheibe in
Richtung Sonnenrand (also ϑ = {0 ...π/2}), dann sieht der Beobachter immer
weniger tief in die Sonnenatmosphäre hinein, da sich die Linie τ ν
= 2/3 immer
weiter nach „oben“ – d. h. in kühlere Schichten der Photosphäre – bewegt. Die
über den Querschnitt der Photosphäre von innen nach außen abnehmende Temperatur
bewirkt, dass die Intensität der Strahlung von der Mitte der Sonnenscheibe
zum Rand hin abnehmen muss. Das deckt sich genau mit der Theorie,
nach der eine optische Tiefe von 0,5 in der Sonnenatmosphäre einer Temperatur
von ≈ 5800 K und eine optische Tiefe von 0,05 einer Temperatur von ≈ 4800 K
entspricht.
Die Erscheinung der Randverdunkelung der Sonnenscheibe ist schon lange
bekannt. Eine quantitativ richtige Erklärung dafür gelang erstmals 1905 dem deutschen
Astronomen Karl Schwarzschild.
Identifiziert man Gl. 3.175 mit der Ergiebigkeit S Gl. 3.173, dann lässt sich
gemäß Gl. 3.174 leicht der Intensitätsunterschied zwischen der Mitte und dem
Rand der Sonnenscheibe abschätzen. Es gilt
Ī(ϑ)
Ī(ϑ = 0) = a + b cos ϑ
a + b
(3.178)
mit (Gl. 3.175) a = σ T 4 eff /2π und b = 3σ T 4 eff /4π:
Ī(ϑ = π/2)
= 2 Ī(ϑ = 0) 5 = 0,4
(3.179)
Das stimmt erstaunlich gut mit der Beobachtung überein, dass die Ausstrahlung
am Sonnenrand nur ≈40 % der Ausstrahlung der Mitte der Sonnenscheibe