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AUSGANGSPUNKT SCHULPROJEKT
Zwei Ringe
der Erinnerung
Seit Kurzem hat die obersteirische Stadt Judenburg ein Denkmal
für ihre einstige jüdische Gemeinde, aber nicht bloß für
jene vor 1938, sondern auch für die im 15. Jahrhundert.
InitatorInnen.
Künstler Clemens
Neugebauer,
Katja Heiden,
Professorin am
Judenburger Gymnasium,
Michael
Schiestl, Leiter des
Stadtmuseums.
(v. l. n. r.).
Text und Fotos: Reinhard Engel
Es sind vom Hauptplatz hierher
nur wenige Schritte. Auf
einem kleinen, etwas erhöhten
Rasenstück zwischen
engen Gässchen steht das
Denkmal zur Erinnerung an die ausgelöschte
jüdische Gemeinde: „Zwei Ringe
im Strom der Zeit.“ Es handelt sich um
elliptische weiße Betonskulpturen, in die
stählerne gekrümmte Platten eingefügt
sind. „Wenn man die Ringe betritt, und
das soll man auch, kann man gegen das
Licht die aus dem Stahl herausgefrästen
Namen lesen“, erklärt Katja Heiden, Professorin
für bildnerische Erziehung am
Judenburger Gymnasium und Initiatorin
des Denkmals.
Es gibt auch an anderen Orten Tafeln
mit den Namen vertriebener und ermordeter
Jüdinnen und Juden, meist geht es
dabei um die Opfer der Nazi-Verfolgung
ab 1938. Ihrer wird auch hier gedacht, aber
eben nicht ausschließlich. „Das Denkmal
steht im alten jüdischen Viertel“, erklärt
Michael Schiestl, Leiter des Stadtmuseums,
denn „es gab im 15. Jahrhundert
hier eine blühende jüdische Gemeinde.“
40 Namen aus der Zeit vor der Vertreibung
1496 stehen auf einem der beiden
Ringe, 97 weitere von 1938 auf dem zweiten.
„Man muss betonen, dass diese Listen
nicht wirklich vollständig sind“, so Frau
Heiden.
Gestaltet und errichtet wurde das
Denkmal vom steirischen Künstler Clemens
Neugebauer (siehe Kasten: Erinnerung
auch in Leoben). Er verweist noch
auf weitere Details der Plastik: „Die Ringe
sind unterbrochen als Symbol für die brutale
zweimalige Unterbrechung der Leben
der Judenburger Juden. Und auch die
Stahlplatten mit den Namen sind nicht
makellos. Sie zeigen Spalten, Risse wie
Blitze, so wie das Unheil ganz plötzlich
über diese Menschen hereingebrochen
ist.“ Die mit einer Art Edelrost überzogenen
Stahlplatten hinterlassen nach jedem
Regen ihre Spuren auf dem weiß gestrichenen
Betonrund – je nach Interpretation
bluten oder weinen sie.
Auch wenn Neugebauer für die Umsetzung
verantwortlich zeichnet, geht das
Ring-Denkmal auf die Ideen und Konzepte
einer größeren Gruppe zurück. Der
Ausgangspunkt war dabei eine Schulprojekt,
das Heiden initiierte und über Jahre
hin weiterverfolgte, bis zur praktischen
physischen Umsetzung im Herbst 2019.
Brutale Endpunkte. Beteiligt waren
Schülerinnen und Schüler aus Judenburg
und aus der Wiener Zwi-Perez-Chajes-
Schule. Der ursprüngliche Entwurf von
Jonathan Djanachvili, Magdalena Winter,
Daniela Gruber-Veit, Nechama Zvia
Hermon, Teresa Mösslacher, Christina
Pally und Helene Riegelhaupt wurde
später adaptiert. Er hatte für die beiden
Ringe noch Mosaiken vorgesehen, auf
diese wurde aber aus praktischen Gründen
und der Furcht vor frühzeitiger Verwitterung
schließlich verzichtet. Die endgültige
Form entstand im Schuljahr 2017/18
in Judenburg gemeinsam mit dem Atelier
Neugebauer.
wına-magazin.at
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