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Wina Februar 2020

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URBAN LEGENDS

Zwischen Genuss und

Verzicht

Die dritte Staffel von The Marvelous Mrs. Maisel ist inhaliert, und

für Ende Februar kündigt sich bereits das nächste Serienhighlight an:

Hunters mit Al Pacino. Doch die Umwelt schreit auf.

Das Internet und die zunehmende

Digitalisierung haben

die Welt näher zusammengebracht.

Das bringt auch für Juden

und Jüdinnen in der Diaspora große

Vorteile. Einerseits sind Flüge nach Israel

über die Jahre immer günstiger geworden,

VON ALEXIA WEISS vor allem lassen sie sich nun übers Netz auch

sehr kurzfristig leicht von zu Hause buchen.

Andererseits wurden Laptop und Smartphone auch zum

globalen Shoppingcenter. Mit wenigen Klicks kann ich

Kerzen für die Chanukkia oder Partydekoration für eine

Bar-Mizwa-Feier aus den USA, England oder Israel bestellen

und nach Österreich versenden lassen.

Vor allem aber bringen Streamingdienste wie Netflix

und Amazon Prime jüdisches Lebensgefühl in das eigene

Wohnzimmer. Einerseits bekommt man nun auch leicht

Zugriff auf israelische Serien wie Shtisel, Fauda, When heroes

fly oder Srugim. Andererseits produzieren diese Streamingdienste

nicht nur Mainstreamware, sondern auch viele

Nischenprodukte. Hier sei The Marvelous Mrs. Maisel genannt,

deren dritte Staffel mir rund um Chanukka wunderbare

Fernsehstunden beschert hat.

Interessanterweise wurde gerade diese Serie über eine

jüdische Stand-up-Comedian in den 1950er-Jahren weit

über jüdische Communitys hinaus zu einem Serienerfolg.

Man könnte auch sagen: Die Nische goes Mainstream.

Eine Serie, die schon im Vorfeld alleine auf Grund der Besetzung

verspricht, ein Quotenerfolg zu werden, ist Hunters.

Zu sehen ist die Geschichte von Holocaust-Überlebenden,

die in den USA Nazis jagen, ab 21. Februar auf Amazon

Prime. Al Pacino wird dabei einen der Jäger spielen.

Ich weiß also schon, was ich mir Ende Februar ansehen

werde. Gleichzeitig plagt mich dann doch ein Stück weit

das schlechte Gewissen. Denn umso mehr die Welt durch

gemeinsamen Konsum zusammenrückt, desto schneller

schreitet auch die Zerstörung des Planeten voran.

Jedes Paket, das um die halbe Welt reist, sorgt für zu vermeidenden

CO 2

-Ausstoß. Jedes Streamen ebenso. Gerade

der Onlinekonsum von Serien ist äußerst umweltschädlich.

Eine halbe Stunde Streaming produziert laut Berechnungen

des französischen Think Tanks The Shift Project Emissionen,

die 1,6 Kilogramm Kohlendioxid entsprechen. Das

Streamen war 2018 für den Ausstoß von Treibhausgasen

in der Höhe jener verantwortlich, die in dem Jahr in ganz

Spanien produziert wurden. Doch diese Menge werde sich

in den kommenden Jahren noch verdoppeln, schätzt The

Shift Project. Heute entstehen bereits 34 Prozent des globalen

Datenverkehrs durch das Streamen.

Wie werden wir die Umwelt retten und den Klimawandel

verlangsamen? Da gibt es individuelle Ansätze (etwa

durch persönliche Einschränkungen), aber auch den Ruf

nach staatlichen Regulierungen (Verboten). Persönlich

meine ich: Es wird wohl eine Kombination aus beidem

Umso mehr die Welt durch gemeinsamen Konsum zusammenrückt,

desto schneller schreitet auch die Zerstörung des Planeten voran.

nötig sein. Da das Thema allerdings zu ernst ist, um einfach

abzuwarten – nicht zuletzt aus Verantwortung für das

eigene Kind, die eigenen Kinder, versuche ich doch jetzt

schon, auch den Schutz der Umwelt in mein eigenes Konsumverhalten

miteinzubeziehen.

Interessanterweise fällt es sehr leicht, auf den eigenen

Pkw zu verzichten und vorrangig den öffentlichen Verkehr

zu nutzen. Fleisch esse ich ohnehin seit Kindheitstagen

nicht. Auf die Annehmlichkeiten des Netzes zu verzichten,

ist da schon ungemein schwerer. Gerade das Ansehen

einer gut gemachten Serie lässt einen für einige Stunden

in eine andere Welt eintauchen, das entspannt und erfreut.

Ist hier nun Verzicht das Gebot der Stunde? Ich bin unentschlossen.

Immerhin kann nicht jeder alles richtig machen.

Darüber reflektieren sollte man aber allemal. Und

dann vielleicht entscheiden, was ist mir wirklich wichtig

anzusehen, und worauf kann ich doch verzichten. Denn

auch solche Serien zu streamen, die ohnehin permanent

auf diversen TV-Kanälen laufen, fällt dann doch unter vermeidbar.

Zeichnung: Karin Fasching

wına-magazin.at

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