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DISTRIBUTION COMMITTEE
15 Millionen Dollar hatte das
JDC mit der Kampagne SHARE bis
zum Ende des Krieges lukriert, um
damit jüdisches Leben in Europa
zu retten. Plakat: Johnstone Burke
Studios. Lithographie.
stützte auch Insassen französischer Internierungslager
sowie französische Krankenhäuser,
Waisenheime und Suppenküchen.
Auch in das Ghetto Theresienstadt, nach
Polen und in andere von den Deutschen
besetzte Gebiete wurden Lebensmittelpakete
und Geld geschickt.
Ab Juni 1940, nach der deutschen Besetzung
von Paris, wurden die Hilfsaktionen
von Lissabon aus koordiniert: Die portugiesische
Hauptstadt wurde zu einer der
zentralen Transitstationen auf dem Weg
nach Übersee. Diese Aktivitäten wurden
durch den Kriegseintritt der USA erschwert,
da das JDC ab diesem Zeitpunkt
keine Büros in feindlichen Ländern mehr
unterhalten durfte. Mit Hilfe des in der
Schweiz ansässigen JDC-Mitarbeiters
Saly Mayer gelang es jedoch, Finanzhilfen
weiterhin in Osteuropa zu verteilen
und damit zahlreiche lebensnotwendige
Mittel zur Verfügung zu stellen.
Nach dem Krieg war das JDC die wichtigste
jüdische Hilfsorganisation für Überlebende
der Schoah. Es betreute die Displaced
Persons (DPs) in den Auffanglagern
in Deutschland, Österreich, Italien und
Osteuropa und finanzierte Nahrungsmittel,
Kleidung und Berufsausbildung. Nach
der Staatsgründung Israels im Mai 1948
organisierte das JDC auch den Transport
jüdischer Auswanderer dorthin. Die Organisation
beteiligte sich auch an der Claims
Conference und dem daraus folgenden
Claims Committee.
100 Jahre in Wien aktiv. Doch wie
kommt der Leiter des Wiener Büros
Wolfgang Weninger auf das 100-Jahr-Jubiläum
in Wien? „Soweit ich das aus den
geschichtlichen Unterlagen recherchieren
konnte, kam bereits während des Ersten
Weltkrieges Hilfe über die niederländische
diplomatische Vertretung hierher“,
so der ehemalige Student der Geschichte.
„Es gab zwar kein JDC-Büro, aber Delegationen
aus den USA kümmerten sich regelmäßig
um jüdische Kriegsflüchtlinge.
Finanzielle Hilfe ist erst ab 1919 gekommen,
kolportiert wird eine Million Dollar.“
Stolz zeigt Weninger ein vergilbtes
Schwarz-weiß-Foto, das er in alten Dokumenten
gefunden hat: Es zeigt die Verteilung
von Mazza für Pessach und anderer
Lebensmittel im Jahr 1929 im Leopoldstädter
Tempel, der 1938 vollkommen niedergebrannt
wurde. „Es wurden Suppenküchen
errichtet, wichtig war vor allem die
medizinische Versorgung der Alten und
der Kinder.“ Für diese Zeit sehr fortschrittlich,
wurden Mikrokredite vergeben, damit
Menschen wieder Fuß fassen konnten.
Bereits 1987 hat Weninger bei der amerikanischen
Hilfsorganisation angedockt,
um bei der Abwicklung der Ausreise von
Juden aus der Sowjetunion zu helfen.
„Die Emigrationswelle ist damals förmlich
explodiert“, erzählt der Wiener. „In
den 1970er-Jahren kamen auch viele Juden
über Wien. 1979 mit dem Einmarsch
der Russen in Afghanistan war dann Pause.
Erst unter Präsident Gorbatschow gingen
die Zahlen wieder hinauf.“ Parallel
zu der russischen Auswanderung wurde
ab 1979/80, nach dem Sturz des Schahs
von Persien, auch ein Hilfsprogramm für
jüdische Iraner eingerichtet. „Es handelte
sich großteils um Familienzusammenführung,
fast alle Personen hatten bereits Verwandte
in den USA. Bemerkenswert war
der hohe Ausbildungsgrad der Iraner“, berichtet
Weninger. Zuerst übersetzte er medizinische
Befunde für jene Personen, die in
Spitälern versorgt werden mussten. „Bis auf
ein Jahr Unterbrechung für den Zivildienst
1990 bin ich da picken geblieben“, lacht er.
Wie sah es mit der Hilfe in den Bundesländern
aus? „Ich weiß nur von den Hilfsaktionen,
die nach 1945 in der amerikanischen
Besatzungszone in Oberösterreich
und Salzburg stattfanden – und ein jüdisches
DP-Lager gab es auch in der Obersteiermark.“
Im März 2019 wurde in der
Grazer Kultusgemeinde eine berührende
Gedenkveranstaltung für einen JDC-Helfer
abgehalten: „Im November 1945 eröffnete
der erst 26-jährige britische Staatsbürger
Hyman Yantian ein Joint-Büro und
organisierte für die DPs nicht nur Nahrungsmittel,
Kleidung
und Bildungsprogramme,
sondern
finanzierte in der
Steiermark Erholungsheime
für jüdische
Kinder und Erwachsene
sowie ein
„In den letzten
Jahren fokussierte
sich die Arbeit
in Wien auf die
Betreuung der
jüdischen Asylanten
aus dem
Iran.“ Amir Shaviv
jüdisches Studentenheim
in Graz.“
Auch beim Wiederaufbau
der Gemeinde
für die wenigen
nach Graz
zurückgekehrten Jüdinnen
und Juden spielte der Joint eine wesentliche
Rolle. „Die finanzielle Unterstützung
kam immer aus den USA, aber ohne
die logistische Hilfe der Israelitischen Kultusgemeinde
sowie die medizinische Betreuung
durch ESRA hätten wir das alles
nicht schaffen können“, sind Amir Shaviv
und Wolfgang Weninger überzeugt. „Wir
haben immer einen Ansprechpartner in
der IKG gehabt und sind mit unseren Asylanten
auch zu den Feiertagen und diversen
Veranstaltungen eingeladen worden.“
Auch wenn es im Wiener Joint-Office
in den letzten beiden Jahren ruhig geworden
ist, war die Hilfsorganisation im
Jahr 2019 in 28 Ländern in Zentral- und
Osteuropa aktiv, insbesondere im Aufbau
des jüdischen Gemeindelebens nach dem
Kommunismus. Die Republiken der ehemaligen
Sowjetunion ausgenommen, hilft
der Joint in Ländern wie Deutschland,
Ungarn, Polen, Bulgarien, Rumänien, der
Tschechischen Republik, auf dem Balkan
und in den baltischen Staaten. Aber auch
ganz neue und innovative Projekte fördert
Joint heute: Das Mozaik Hub in Budapest
zum Beispiel ist ein Inkubator für jüdische
Sozialunternehmer, die dort ein Trainingsprogramm
absolvieren, um eine neue Generation
an Führungskräften für das Community
Building vorzubereiten.
An welches menschliche Erlebnis
während der Flüchtlingsbetreuung erinnert
sind Wolfgang Weninger gerne zurück?
„Von der iranischen Gastfreundschaft
war ich immer wieder überwältigt:
Egal, wie wenig sie hatten, auch damit haben
sie einen überhäuft.“ Tief berührt hat
ihn auch das Erlebnis mit einer jungen Iranerin,
die sich länger in Wien aufhalten
musste, weil sie einmal abgelehnt wurde.
„Wir haben mit den Durchreisenden verschiedene
Programme gemacht, Ausflüge,
Museumsbesuche – und auch eine Reise
zur Gedenkstätte des KZs Mauthausen.
Das war wichtig, denn die Iraner
wussten sehr wenig über
den Holocaust.“ Die 20-Jährige
bat dort einen polnischen
Überlebenden um ein gemeinsames
Foto, das sie auch
machen durfte. Im Jahr darauf
war die junge Frau bei der
Befreiungsfeier im Mai wieder
dabei und traf den weit
über Neunzigjährigen erneut.
Nach den freudigen Umarmungen
fragte sie ihn dieses
Mal auch über seine Jugenderlebnisse
als Häftling aus.
wına-magazin.at
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