Wasser-verbindet-ebook
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Da die Kirgisische und Tadschikische SSR durch den Bau der Anlagen Verluste
an Ackerland hatten und Kosten für den Betrieb und Unterhalt der Anlagen entstanden,
etablierte die Sowjetregierung Kompensationszahlungen im Rahmen eines gemeinsamen
Wasser- und Energiesystems für Zentralasien: Die Stauseen wurden vor allem für
die Zufuhr von Bewässerungswasser genutzt, nur in Spitzenzeiten wurde das abgelassene
Wasser zur Energiegewinnung mittels der angeschlossenen Wasserkraftwerke verwendet.
Im Gegenzug für den Wasserablass im Frühling und Sommer lieferten die Republiken an
den Unterläufen, deren Bewässerungsfelder davon profitierten, im Winter Energieträger
wie Kohle und Gas, über die sie reichlich verfügten, in die Gebirgsrepubliken. Dieses
Tauschsystem konnte gut funktionieren, da sowohl Wasser als auch Energie zentralisiert
von Moskau aus verwaltet und verteilt wurden. Ein zentrales Ministerium für Melioration
und Wassermanagement (MinVodKhoz) kontrollierte alle Wasserressourcen. Für
Zentralasien wurde zunächst eine regionale Behörde (SredAzVodKhoz) errichtet, die
aber auch dem Moskauer Ministerium unterstellt war. Später wurde sie wieder abgeschafft
und es wurden Wasserministerien auf Republikebene gegründet. Ihre Kompetenzen
beschränkten sich jedoch weitestgehend auf die Implementierung der Entscheidungen
des Unions-MinVodKhoz. Dieses verfolgte im Prinzip einen integrierten Ansatz des
Managements von Wasser und Energieressourcen, orientiert an Wassereinzugsgebieten
und nicht Verwaltungsgrenzen, in dem jede Republik eine bestimmte Funktion hatte.
Die Wasserverteilung orientierte sich an festgelegten Plänen für Republiken, Provinzen
und Kreise. Einige kleine Flüsse in Zentralasien hatten eigene Flussbeckenverwaltungen,
die es aber oft nicht leicht hatten, ihre Vorgaben bei den Provinzverwaltungen durchzusetzen,
die ihre eigene Wasserzufuhr für die notwendige Planerfüllung sichern wollten.
Das Unions-MinVodKhoz hatte viele untergeordnete Behörden und Zweige, die oft überschneidende
Funktionen und Kompetenzen hatten, was zu inkonsistenter und ineffektiver
Umsetzung führte. Darüber hinaus war mit dem Unions-MinVodKhoz ein und dieselbe
Einrichtung für Planung, Zufuhr, Erhalt und Kontrolle von Wasser zuständig, mit
lediglich minimaler externer Kontrolle. Auch auf lokaler Ebene änderte sich das Wassermanagement
durch die Sowjetunion: Mit der Kollektivierung wurden alle kleinen Felder
zu großen Kollektiv- und Staatsfarmen vereint (Kolchosen und Sowchosen), die für die
Bewässerungssysteme auf ihrem Land zuständig waren. 7
Die sowjetische Ideologie der Herrschaft über die Natur war überzeugt, natürliche
Ressourcen wie Wasser unbegrenzt ausbeuten zu können. Neben einer geringen Grundgebühr
musste Wassernutzung mengenmäßig nicht bezahlt werden. Dies, zusammen mit
unklarer und konkurrierender Kompetenzverteilung zwischen verschiedenen Behörden
und mangelnder Kontrolle, führte zu einer Erosion des lokalen Verantwortungsgefühls
und zu Nutzungsgewohnheiten, die die Interessen anderer – sei es der Natur oder anderer
Sektoren – nicht berücksichtigte. Die alten Normen und Regeln, die über Jahrhunderte
relativ hohe Erträge bei relativ niedrigem Wasserverbrauch ermöglicht hatten, erodierten.
Der Wasserkonsum erhöhte sich dramatisch, bis hin zur Wasser verschwendung.
7 Bucknall et a. 2003, ISRI, Socinformburo, FES 2004, Obertreis 2011, Sehring 2002, Thurman 2002.
20 Wassernutzung und Wassermanagement während der Sowjetunion