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Wasser-verbindet-ebook

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Der andere wichtige Regulierungsmechanismus zwischen den Sowjetrepubliken war die

Etablierung eines integrierten Wasser-Energie-Systems. Wie oben bereits ausgeführt,

wurden die Stauseen in der Kirgisischen und Tadschikischen SSR vor allem zur Wasserspeicherung

für die Bewässerung genutzt. Die angeschlossenen Wasserkraftwerke produzierten

nur in Spitzenbedarfszeiten Strom, ansonsten wurden die Energiebedürfnisse

der beiden Republiken mit Importen durch das regionale Energiesystem gedeckt. Dies

änderte sich nach der Unabhängigkeit: Das gemeinsame Energiesystem zerbrach, und die

Unterliegerstaaten verlangten Marktpreise für ihre Energielieferungen. Daraufhin haben

die Oberliegerstaaten angefangen, die Dämme vermehrt zur Wasserkraftgewinnung zu

nutzen um ihren Energiebedarf zu decken.

Wasserkraftproduktion an sich verbraucht kein Wasser, in diesem Fall muss die

Regulierung nicht die Wasserentnahme regeln, sondern den Zeitpunkt und die Menge

des Wasserablasses aus den Stauseen. Dies ist allerdings nicht weniger strittig als die

Bestimmung der Quoten. Denn der Wasserablass für Bewässerung muss in der Vegetationsperiode

im Frühling und Sommer erfolgen, während die Energieproduktion vor

allem im Winter auf Hochtouren läuft. Die Unterlieger Kasachstan, Turkmenistan und

Usbekistan brauchen also den Wasserablass im Frühjahr und Sommer, Kirgistan und

Tadschikistan eher im Winter. Da es keine funktionierenden Regulierungsmechanismen

gibt, haben diese konkurrierenden Nutzungsinteressen in den letzten Jahren sowohl zu

Knappheit an Bewässerungswasser als auch zu Energieknappheit geführt.

Das sowjetische Erbe erforderte somit in zwei Feldern dringenden Handlungsbedarf

seitens der jungen Staaten: der mengenmäßig Wasserverteilung und der zeitlichen

Regelung des Wasserabflusses.

i Nahrungsmittelsicherheit oder Energiesicherheit –

unvereinbare Prioritäten?

Die Stauseen an den großen Flüssen Zentralasiens sollen das Wasser so regulieren, dass es genau

dann verfügbar ist, wenn es gebraucht wird. Während der Sowjetzeit wurden sie meist für die

passgenaue Zufuhr von Bewässerungswasser genutzt. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion

und ihres integrierten Wasser-Energie-Systems änderten die Oberlieger schrittweise

die Arbeitsweise der Staudämme, um im Winter Energie zu produzieren. Als Folge wird weniger

Wasser im Frühjahr und Sommer abgelassen, wenn es für die Bewässerung benötigt wird.

Dadurch entstand die Auffassung, dass die Anforderungen der beiden Sektoren – Landwirtschaft

und Energie – bezüglich des Wassermanagements nicht kompatibel sind und dass

Energiesicherheit in den Ländern flussaufwärts nur auf Kosten der Nahrungsmittelsicherheit

der Unterlieger erreicht werden kann.

Aber ist dieser Widerspruch wirklich unüberbrückbar? Zunächst ist festzuhalten, dass

Wasserkraftproduktion eine nicht-verbrauchende Art der Wassernutzung, d.h. das Wasser

steht danach noch weiteren Nutzungen zur Verfügung. Staudammkaskaden ermöglichen

die mehrmalige Nutzung von Wasser: einmal zur Energiegewinnung abgelassen, kann das

30 Das politische Erbe: konkurrierende Nutzungsinteressen im Bewässerungs- und Energiesektor

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