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Wasser-verbindet-ebook

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Deltaregion des Amu Darja zu erhalten. Trotzdem hält die Austrocknung an. Heute gibt es

keine Hoffnung mehr, dass der Aralsee als Ganzes gerettet werden könnte. Der dafür notwendige

Wasserzufluss würde die Bevölkerung entlang der beiden Flüsse der sozialen und

ökonomischen Lebensgrundlagen berauben. Als der Generalsekretär der Vereinten Nationen,

Ban Ki-moon, die frühere Hafenstadt Mojnak im April 2010 besuchte, nannte er die

Austrocknung des Aralsees »eine der schlimmsten Umweltkatastrophen der Welt« und »ein

anschaulicher Beleg dafür (…) was passiert, wenn wir unsere gemeinsamen natürlichen

Ressourcen verschwenden, wenn wir unsere Umwelt missachten, wenn wir unsere Umwelt

herunterwirtschaften.« 9

In den 1970ern wurden die ökologischen Folgen unübersehbar: die Austrocknung des Aralsees,

die Versalzung von Feldern, fortschreitende Desertifikation (Wüstenbildung), Wasserverschmutzung

durch Düngemittel und Pestizide sowie Wasserverknappung an den

Unterläufen. Einige Wissenschaftler in den zentralasiatischen Sowjetrepubliken begannen,

die verschwenderische Wassernutzung vorsichtig zu kritisieren. Die erste Reaktion seitens

der Regierung war ein perfektes Beispiel für den sowjetischen Glauben an die Überlegenheit

der Technik über die Natur: anstatt Maßnahmen zur Steigerung der Wassereffizienz

schlugen die sowjetischen Beamten vor, Wasser der sibirischen Flüsse Ob und Irtysch vom

Norden in den Süden nach Zentralasien umzuleiten, wo es sowohl den Aralsee wieder füllen

als auch zur weiteren Bewässerung verwendet werden sollte. Detaillierte Pläne wurden

entwickelt und Berechnungen angestellt, die von den meisten zentral asiatischen Wasserexperten

begrüßt wurden, obwohl es auch Kritik gab. 1986 wurde das Vorhaben allerdings

ad acta gelegt – weniger wegen der wachsenden Kritik aus ökologischer Sicht, sondern

wegen der hohen Kosten. 1988, nach der berühmten »Aral-88«-Expedition 10 , änderte die

Sowjetregierung allerdings ihren Ansatz: Ein Dekret zur Verbesserung der ökologischen

Situation im Aralseebecken wurde erlassen. Ursprünglich sah es eine 30-prozentige Verringerung

der Erschließung von Neuland und der Wasserzufuhr zu Bewässerungsfeldern

vor. Aufgrund des erheblichen Widerstandes in Zentralasien wurde letztendlich festgelegt,

dass der Wasserverbrauch pro ha im Aralseebecken um mindestens 15 % bis 1990 und um

25 % bis 2000 reduziert werden soll. Durch den Zusammenbruch der Sowjetunion wurden

die Anweisungen jedoch obsolet. Die Idee der Umleitung der sibirischen Flüsse wird allerdings

immer wieder aufgebracht. 11

Einhergehend mit der verstärkten Aufmerksamkeit für die Aralseekrise, dem

wachsenden Umweltbewusstsein und glasnost, der Politik größerer Transparenz, wurden

in den 1980ern einige institutionelle Veränderungen im Wassermanagement vorgenommen.

Um die Wasserverteilung zwischen den zentralasiatischen Republiken besser

zu regulieren wurde ein Quotensystem für die beiden großen Flüsse Amu Darja und Syr

9 Giese 1998, Micklin 2006, Sehring 2007.

10 Diese zweimonatige Expedition durch das gesamte Aralseebecken wurde von zwei Zeitschriften organisiert

und von dem Journalisten Grigor I. Resnitschenko geleitet. Fast 30 Journalisten, Schriftsteller und Akademiker

aus Moskau und Zentralasien sowie ein Vertreter der Staatsanwaltschaft und einer des Unions-MinVodKhoz

beteiligten sich daran. Die Expedition trug dazu bei, das Bewusstsein über die Aralseekrise in der gesamten Sowjetunion

zu steigern. Siehe Obertreis 2011.

11 Obertreis 2011, Sehring 2002.

Wassermanagement in Zentralasien – das Vermächtnis der Vergangenheit 23

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