14.05.2020 Aufrufe

Nachhaltigkeit und Innovation - so kann's gehen

Gerade in der Krise braucht es Innovationen. Dann wären das aktuell perfekte Zeiten für Erfinder. Die Realität ist nicht ganz so einfach. Vor allem nachhaltige Ideen brauchen als Antrieb eher Vertrauen als Angst. UmweltDialog geht in seinem neuen Magazin (ET 18. Mai 2020) auf 80 Seiten der Frage nach, warum wir Politik, Gesellschaft und Markt neu erfinden müssen.

Gerade in der Krise braucht es Innovationen. Dann wären das aktuell perfekte Zeiten für Erfinder. Die Realität ist nicht ganz so einfach. Vor allem nachhaltige Ideen brauchen als Antrieb eher Vertrauen als Angst. UmweltDialog geht in seinem neuen Magazin (ET 18. Mai 2020) auf 80 Seiten der Frage nach, warum wir Politik, Gesellschaft und Markt neu erfinden müssen.

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<strong>Innovation</strong><br />

tet werden, in denen das Thema auf der<br />

Agenda war, aber letztlich nicht wirkmächtig<br />

werden konnte. So beispielsweise<br />

Mitte / Ende der 80er Jahre, als die Ideen<br />

des ökologischen Umbaus prominent<br />

wurden. Diese Diskussion ist im Kontext<br />

der Wiedervereinigung abgeebbt. Zu<br />

Anfang der 10er Jahre wurde ein breit<br />

angelegtes Forschungsvorhaben auf den<br />

Weg gebracht, mit der Vorstellung, dass<br />

gemeinsame <strong>und</strong> konsensfähige Entwicklungspfade<br />

zwischen den Gewerkschaften<br />

<strong>und</strong> den Umweltverbänden<br />

ausgelotet werden könnten. In der Folge<br />

der Wirtschaftskrise 2008 wurde unter<br />

breiter Beteiligung unterschiedlichster<br />

Verbände ein Transformationskongress<br />

(2013) durchgeführt, der aber mit Blick<br />

auf direkte Folgeaktivitäten letztlich nur<br />

eine begrenzte Wirkung hatte.<br />

Diese Situation ändert sich aktuell. Es<br />

zeigt sich, dass auch die Verbände selbst<br />

aus eigener Initiative an unterschiedlichen<br />

Stellen miteinander aktiv geworden<br />

sind. So gab es im Juni 2019 die<br />

große Fairwandel-Demonstration der IG<br />

Metall unter Beteiligung von Sozial- <strong>und</strong><br />

Umweltverbänden, es gab gemeinsame<br />

Erklärungen <strong>und</strong> Debattenbeiträge der<br />

jeweiligen Verbandsspitzen etwa zu Fragen<br />

der Mobilität oder Industrie- <strong>und</strong><br />

Wirtschaftspolitik. Gleichwohl bleibt<br />

festzuhalten, dass diese Allianzen sich<br />

noch in einem frühen Stadium befinden<br />

<strong>und</strong> häufig eher auf einer deklamatorischen<br />

Ebene verbleiben. Hinzu kommt<br />

nun, dass sich die Verbände mit der<br />

„Corona-Krise“ auf einmal in einer Situation<br />

befinden, in der die Debatten um<br />

klima- <strong>und</strong> umweltpolitische Herausforderungen<br />

plötzlich mehr oder weniger<br />

stummgeschaltet scheinen. Auch die<br />

zarten Pflänzchen <strong>so</strong>zial-ökologischer<br />

Allianzenbildung scheinen damit bedroht.<br />

Und doch wird es gerade vor dem<br />

Hintergr<strong>und</strong> der wirtschaftlichen Folgewirkungen<br />

eines „Shut-Downs“ darum<br />

<strong>gehen</strong>, die <strong>so</strong>zial-ökologische Frage neu<br />

zu stellen. Auch hier braucht es neue<br />

Allianzen, insbe<strong>so</strong>ndere da sich bereits<br />

jetzt beobachten lässt, wie die Krise<br />

von unterschiedlichen Akteuren durchaus<br />

instrumentalisiert wird. Im breiten<br />

Spektrum des Diskurses lassen sich<br />

dabei bisher sicherlich zwei Extrempositionen<br />

ausmachen: Auf der einen Seite<br />

wird spekuliert, dass, ausgelöst durch<br />

die ges<strong>und</strong>heitliche <strong>so</strong>wie die zu erwartende<br />

gravierende Wirtschaftskrise, die<br />

Gesellschaft zur „Vernunft“ kommen<br />

<strong>und</strong> auf die „harten Tatsachen“ des Lebens<br />

zurückgeführt werden würde. In<br />

der Konsequenz müsse wirtschaftlichem<br />

Wachstum in jedem Fall Priorität eingeräumt<br />

werden. Auf der anderen Seite<br />

des Diskussionsspektrums wird die derzeitige<br />

Krise vor allem auch als Chance<br />

für die <strong>so</strong>zial-ökologische Transformation<br />

bezeichnet, u.a. weil, zumindest zum<br />

gegenwärtigen Zeitpunkt, deutlich wird,<br />

wie eng die wirtschaftlichen Aktivitäten<br />

<strong>und</strong> der Lebensstil mit den Umweltbelastungen<br />

zusammenhängen. Mit<br />

den ergriffenen Maßnahmen der Politik<br />

zur Eindämmung der Verbreitung<br />

des Virus durch ein Einschränken des<br />

öffentlichen Lebens auf ein notwendiges<br />

Minimum sind auch wirtschaftliche<br />

Aktivitäten zum Teil radikal heruntergefahren<br />

worden – <strong>und</strong> dies zum Teil<br />

mit großer Umweltrelevanz. Während<br />

China etwa eine umfassende Verbesserung<br />

der Luftqualität erlebt hat, wurde<br />

auch der weltweite Flugbetrieb teilweise,<br />

<strong>so</strong> Zeitungsberichte, auf ein Niveau<br />

der 50er Jahre zurückgeschraubt. Ein<br />

Niveau, das möglicherweise zukunftsfähig<br />

sein könnte. Mithin entspringt al<strong>so</strong><br />

bei einigen Akteuren die Vorstellung,<br />

aus der Ges<strong>und</strong>heitskrise könne sich<br />

eine <strong>Nachhaltigkeit</strong>schance ergeben.<br />

Nicht mitgedacht wird dabei allerdings,<br />

dass in Folge der Krise in den bestehenden<br />

Strukturen auch massive <strong>so</strong>ziale<br />

Konsequenzen zu erwarten sind. Zentral<br />

wird es daher sein, eine geeignete<br />

Balance zwischen Wiederaufbau <strong>und</strong><br />

Pfadwechsel herzustellen. Eine tiefgreifende<br />

wirtschaftliche Krise stellt eben<br />

auch eine gewaltige Herausforderung<br />

für die Gesellschaften dar <strong>und</strong> kann,<br />

<strong>so</strong> eine der Lehren der Weltwirtschaftskrise<br />

der 1920er/30er Jahre, sehr leicht<br />

auch zu autoritären Systemen führen.<br />

Mit den ergriffenen Maßnahmen der Politik zur<br />

Eindämmung der Verbreitung des Virus durch ein<br />

Einschränken des öffentlichen Lebens auf ein<br />

notwendiges Minimum sind auch wirtschaftliche<br />

Aktivitäten zum Teil radikal heruntergefahren worden<br />

– <strong>und</strong> dies zum Teil mit großer Umweltrelevanz.<br />

Was die Corona-Krise auf eindrückliche<br />

Weise deutlich macht, ist, dass staatliche<br />

Akteure sich durchaus als radikal handlungsfähig<br />

erweisen können. Konfrontiert<br />

mit einer akuten <strong>und</strong> weitreichenden<br />

Krise, wird sich der Stimme „der“<br />

Wissenschaft, zwar spät, aber immerhin<br />

geöffnet. Die Herausforderung für die<br />

staatlichen Akteure endet aber nicht mit<br />

der Durchsetzung des Shut-Down. In absehbarer<br />

Zeit wird es vor allem darum<br />

<strong>gehen</strong>, die wirtschaftliche Folgekrise zu<br />

bewältigen. Während staatliche Politik<br />

al<strong>so</strong> gegenwärtig im Wesentlichen ungerichtet<br />

mit dem Auffangen der kurzfristigen<br />

ökonomischen Konsequenzen<br />

befasst ist, wird es schon bald darum<br />

<strong>gehen</strong> müssen, wie künftige Strukturen<br />

aussehen <strong>so</strong>llen. Ein „weiter <strong>so</strong>“– <strong>und</strong><br />

auch das hält die Corona-Krise vor Augen<br />

– kann dabei weder aus <strong>so</strong>zialer<br />

noch ökologischer Sicht eine Option sein.<br />

26 Ausgabe 13 | Mai 2020 | Umweltdialog.de

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