23.10.2020 Aufrufe

architektur FACHMAGAZIN People 2020

Was macht eine Stadt aus? Wie vielschichtig und facettenreich die Auseinandersetzung mit dem Thema „Die Stadt“ dieser Ausgabe von architektur PEOPLE sein kann, war eigentlich von Anfang an absehbar. So kommen auf den folgenden Seiten Expertinnen und Experten aus den Bereichen Architektur, Stadtstrukturforschung, Metropolenplanung ebenso zu Wort wie aus Verkehr- und Mobilitätsentwicklung, Lichtgestaltung oder Landschaftsplanung.

Was macht eine Stadt aus? Wie vielschichtig und facettenreich die Auseinandersetzung mit dem Thema „Die Stadt“ dieser Ausgabe von architektur PEOPLE sein kann, war eigentlich von Anfang an absehbar. So kommen auf den folgenden Seiten Expertinnen und Experten aus den Bereichen Architektur, Stadtstrukturforschung, Metropolenplanung ebenso zu Wort wie aus Verkehr- und Mobilitätsentwicklung, Lichtgestaltung oder Landschaftsplanung.

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Was macht für Sie eine Stadt aus?<br />

Michael Podgorschek (MP): Die<br />

Dichte und die vielen Möglichkeiten<br />

machen eine Stadt aus. Auf engem<br />

Raum sind viele Optionen möglich,<br />

sei es beruflich, in Bezug auf Freizeit,<br />

kulturell oder kulinarisch. In der<br />

Stadt geht es um eine gewisse Anonymität<br />

kombiniert mit einer Enge,<br />

die viele Reibungspunkte erzeugt,<br />

denen man dauernd ausgesetzt ist.<br />

27<br />

Iris und Michael Podgorschek<br />

Iris Podgorschek (IP): Die Herausforderung<br />

ist das Zusammenspiel all<br />

dieser Strukturen, Interessen und Lebensformen.<br />

Es geht um die Verdichtung<br />

von Leben und um die Balance<br />

zwischen Freiheit und Rücksicht.<br />

Welche Herausforderungen gibt<br />

es bei der Gestaltung von Licht im<br />

Stadtraum?<br />

MP: In einem Stadtraum ist es wichtig<br />

zu wissen, von wo aus das zu beleuchtende<br />

Objekt gesehen wird. Es<br />

gibt sicherlich eine Hauptrichtung,<br />

aber im Prinzip ist es eine komplexe<br />

Wechselwirkung aus verschiedenen<br />

Richtungen, die eine räumliche<br />

Struktur aufspannen. Ob man an<br />

dem Gebäude nah dran ist oder es<br />

mehr auf die Ferne wirken muss, ist<br />

auch mitzubedenken.<br />

IP: In der Stadt ist es immer wichtig,<br />

nicht nur einzelne Räume oder Objekte<br />

zu berücksichtigen, sondern<br />

zusammenhängende Lichträume.<br />

Oft sind auf Plätzen nur einzelne<br />

Gebäude beleuchtet. Uns wäre es<br />

ein Anliegen, mehr den ganzen Platz<br />

zu betrachten, denn es ist immer ein<br />

Zusammenspiel aller Beleuchtungselemente.<br />

Ganz wichtig ist auch, wie<br />

die Leuchten tagsüber aussehen.<br />

Es kommt dabei technisch nicht<br />

nur darauf an, wo die Leuchte sitzt,<br />

sondern auf die Detaillösung wie sie<br />

sich integriert. Leuchten gehören zur<br />

Stadtmöblierung.<br />

Das großvolumige Gebäude wie die Wiener Staatsoper wird nicht flächig angestrahlt, sondern durch<br />

nahe an der Fassade angebrachte Beleuchtungskörper mit Licht und Schatten modelliert.<br />

Wie kann Licht eine Stadt<br />

lebenswerter machen?<br />

IP: Die Stadt ist auch in der Nacht<br />

ein Lebensraum. Es geht dabei um<br />

das Sicherheitsempfinden, das emotional<br />

ist, aber auch real. Das Licht<br />

ermöglicht, dass man sich furchtfrei<br />

durch die Stadt auch bei Nacht bewegen<br />

kann. Einerseits gibt es also<br />

die sicherheitsrelevanten Beleuchtungen.<br />

Dann gibt es aber auch solche,<br />

die kulturell relevant sind und<br />

sich damit beschäftigen, wie man<br />

eine Stadt bei Nacht zeigen möchte.<br />

Manche Gebäude treten dabei in<br />

den Vordergrund, andere bleiben im<br />

Hintergrund. Für die Identität und<br />

Kultur der hier lebenden Menschen<br />

ist das total wichtig und eben auch<br />

für Besucher und Touristen. Es ist<br />

auch wichtig zu sagen, dass man<br />

diese Art der Beleuchtung ab Mitternacht<br />

abschaltet und die Nacht<br />

Nacht sein darf. Für Orientierung<br />

und Sicherheit muss aber die ganze<br />

Nacht gesorgt sein.<br />

Besitzt Licht einen sozialen Aspekt?<br />

MP: Ein wichtiges Schlagwort dazu<br />

ist das Gender Mainstreaming. Ein<br />

Stadtraum ist ein geteilter Raum,<br />

den man gemeinsam nutzt. Es muss<br />

also auf alle Rücksicht genommen<br />

und auch die Schwächeren geschützt<br />

werden. Vor allem in Wien<br />

wird sehr viel Wert darauf gelegt,<br />

dass die Beleuchtung flächendeckend<br />

hochwertig ist, egal ob in den<br />

äußeren Bezirken oder im Zentrum.<br />

Für alle muss gutes Licht da sein.<br />

Als Gegensatz dazu gilt Paris, wo im<br />

Stadtzentrum alles funkelt und weiter<br />

weg vom Zentrum wird es trist.<br />

Man muss aufpassen, dass sich alle<br />

in der Stadt lebenden Menschen<br />

wohlfühlen und dass keine Ausgrenzungszonen<br />

entstehen.<br />

Kann man Licht als Ressource sehen?<br />

IP: Es geht um einen intelligenten<br />

Einsatz von Licht und der Leuchten.<br />

Zu hell zu beleuchten ist kontraproduktiv,<br />

denn wenn etwas zu<br />

hell ist kann ich es auch schlechter<br />

wahrnehmen. Das Licht soll nicht nur<br />

einfach in den Himmel gestrahlt werden,<br />

in der Hoffnung, dass dann auch<br />

etwas davon am zu beleuchtenden<br />

Objekt ankommt. Durch den Einsatz<br />

von LED kann man immer präziser<br />

arbeiten und das Licht wirklich dorthin<br />

bringen, wo es hin muss, Licht ist<br />

Berührung. Dadurch gibt es weniger<br />

Lichtemission in den Nachthimmel<br />

und zusätzlich braucht man auch viel<br />

weniger Energie.<br />

MP: Viele glauben, dass etwas besser<br />

sichtbar ist, wenn es heller ist.<br />

Es ist aber oft eher im Gegenteil<br />

schlechter sichtbar.<br />

Benötigt es Konzepte auch<br />

für die Dunkelheit?<br />

IP: Wenn am Abend alles herunterfährt<br />

finde ich es wichtig, dass der<br />

Konsens ist, dass alle gemeinsam reduzieren<br />

und abschalten. Es ist viel<br />

spannender, wenn eine Auslage zur<br />

Bühne wird. Es geht mehr um das Inszenieren,<br />

was sich jemand gestalterisch<br />

überlegen muss. Es geht nicht<br />

nur um das hell machen, sondern<br />

um das Modellieren und das fein Arbeiten<br />

mit Fingerspitzen. Die Arbeit<br />

mit Licht hat zwar eine technische<br />

Basis, sie braucht aber wirklich viel<br />

Gefühl, künstlerisches Verständnis<br />

und Erfahrung. Das macht dann die<br />

Qualität aus.<br />

u<br />

© Jansenberger digitalimage.at

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