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architektur FACHMAGAZIN People 2020

Was macht eine Stadt aus? Wie vielschichtig und facettenreich die Auseinandersetzung mit dem Thema „Die Stadt“ dieser Ausgabe von architektur PEOPLE sein kann, war eigentlich von Anfang an absehbar. So kommen auf den folgenden Seiten Expertinnen und Experten aus den Bereichen Architektur, Stadtstrukturforschung, Metropolenplanung ebenso zu Wort wie aus Verkehr- und Mobilitätsentwicklung, Lichtgestaltung oder Landschaftsplanung.

Was macht eine Stadt aus? Wie vielschichtig und facettenreich die Auseinandersetzung mit dem Thema „Die Stadt“ dieser Ausgabe von architektur PEOPLE sein kann, war eigentlich von Anfang an absehbar. So kommen auf den folgenden Seiten Expertinnen und Experten aus den Bereichen Architektur, Stadtstrukturforschung, Metropolenplanung ebenso zu Wort wie aus Verkehr- und Mobilitätsentwicklung, Lichtgestaltung oder Landschaftsplanung.

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<strong>architektur</strong> PEOPLE<br />

58<br />

DI Franz Denk<br />

© Franz Denk<br />

Durch offene<br />

Übergänge kann<br />

der öffentliche<br />

Raum erweitert<br />

werden, hier am<br />

Beispiel eines<br />

Schulvorplatzes<br />

in der Wiener<br />

Kauergasse.<br />

Welche Aufgabe haben Stadtentwicklungs-<br />

und Flächenwidmungspläne?<br />

Auf Basis von Konzepten und anderen<br />

Grundlagen formulieren diese<br />

die räumliche Entwicklung der Stadt.<br />

Stadtentwicklungskonzepte sind in<br />

Wien nicht verbindlich. Flächenentwicklungs-<br />

und Bebauungspläne<br />

schon, haben aber mit dem Bestand<br />

mitunter wenig zu tun. Im Prinzip<br />

geht es um ein Zukunftsszenario, das<br />

vom Baulichen über den Freiraum<br />

bis hin zu Infrastruktur und Konsum<br />

reicht. Alle Bereiche des Zusammenlebens<br />

sind betroffen.<br />

Welche Punkte fehlen auf der Agenda,<br />

um nachhaltige Städte zu schaffen?<br />

Im Neubau sind die Baulose oft zu<br />

groß und das führt in vielen Stadterneuerungsgebieten<br />

zu ähnlichen<br />

Strukturen mit reinen Wohngebieten.<br />

Nicht die Dichte an sich, sondern die<br />

unausgewogene Verteilung derselben<br />

führt zu fragwürdigen Ergebnissen<br />

mit omnipräsenten „Freien Mitten“<br />

als Kompensation. In der aktuellen<br />

Stadtplanung fehlen mir einfach echte<br />

Zentren und urbane Stadtparks.<br />

Man denkt zu wenig darüber nach,<br />

wie man „Stadt“ durch Kleinteiligkeit<br />

entwickeln kann. Das beinhaltet auch<br />

das Thema der Durchmischung. Wo<br />

bleiben Gewerbe und Kultur, wo gibt<br />

es leistbaren Platz für Selbstinitiative?<br />

Die Gründerzeitstadt hat uns<br />

gezeigt, wie Durchmischung funktionieren<br />

kann. Zugegeben, man ist zu<br />

schnell mit Urteilen, denn es braucht<br />

oft 10 - 20 Jahre, die man Stadtentwicklungsgebieten<br />

zur Entfaltung<br />

Zeit geben muss.<br />

Was sind verfolgenswerte Konzepte,<br />

um nachhaltige Städte zu schaffen?<br />

Übergeordnete Konzepte sind<br />

sehr intelligent, wie in Zürich die<br />

2000-Watt-Gesellschaft oder das<br />

Ziel von Kopenhagen bis 2025 CO 2 -<br />

frei zu sein. Solche Langzeitkonzepte<br />

geben Spielraum für Adaptierungen<br />

und Korrekturen. Es gibt kein<br />

Generalkonzept für Nachhaltigkeit,<br />

aber jede Stadt muss ihre spezifischen,<br />

ortsbezogenen Ziele festlegen<br />

und umsetzen. Ich denke auch,<br />

der internationale Städtewettbewerb<br />

um Ideen ist hier sehr befruchtend.<br />

Welches Potenzial hat Partizipation<br />

in einer Stadt?<br />

Eine qualitätvolle Stadt ist ein Mini-Modell<br />

für Demokratie. In partizipativen<br />

Prozessen soll die Bevölkerung<br />

informiert und mit ihr eine<br />

Entscheidungsgrundlage entwickelt<br />

werden. Vorab müssen die Prozessgrenzen<br />

dafür aber genau definiert<br />

sein. Es geht um Vermittlung, um<br />

Nachvollziehbarkeit und um Bewusstseinsbildung.<br />

Je transparenter<br />

ein Beteiligungsprozess, desto größer<br />

die Akzeptanz der Bevölkerung.<br />

Ich denke, die Leute müssen sich<br />

artikulieren können und die eigentlichen<br />

Entscheidungen müssen dann<br />

die Verantwortlichen fällen. Bei partizipativen<br />

Prozessen geht es auch<br />

um das voneinander Lernen, denn<br />

die Leute wissen am besten über<br />

ihre Umgebung Bescheid. Sie sind<br />

die wahren Experten.<br />

Kann Architekturvermittlung<br />

die Stadt verändern?<br />

Architektur und Städtebau sind untergeordnete<br />

Kategorien in der österreichischen<br />

Kultur. Die Bewusstmachung<br />

dieser Begriffe ist aber<br />

unglaublich wichtig, denn erst damit<br />

entstehen Problembewusstsein und<br />

der Wille zur Auseinandersetzung.<br />

Die Menschen verkennen ja den<br />

großen Einfluss von Architektur und<br />

Städtebau auf ihr Leben. Sie denken<br />

viel zu wenig darüber nach, dass man<br />

seine Wohn- und Umweltsituation in<br />

Frage stellen könnte. Deshalb ist Architekturvermittlung<br />

schon ab dem<br />

Kindergartenalter wichtig. Und vermutlich<br />

noch wichtiger für Politiker<br />

und Entscheidungsträger. Denn die<br />

Zukunft des städtischen und ländlichen<br />

Raumes liegt in deren Händen.<br />

Worin soll eine Stadt unbegrenzt sein?<br />

Eine Stadt soll in ihren Möglichkeiten<br />

der Entfaltung unbegrenzt sein. Aber<br />

es gibt Grenzen: Megacities können<br />

nie umfassend nachhaltig sein. Dort<br />

überlagern die technischen Infrastrukturen<br />

dann soziologische, städtebauliche<br />

und stadträumliche Milieus.<br />

Wasserversorgungsnetze oder<br />

Flughafenzubringer dominieren die<br />

Stadtplanung. Zu große Agglomerationen<br />

sind schlicht unplanbar sind.<br />

Daher setzt die Größenausdehnung<br />

eine natürliche Grenze für die Nachhaltigkeit.<br />

•<br />

www.franzdenk.at

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