23.10.2020 Aufrufe

architektur FACHMAGAZIN People 2020

Was macht eine Stadt aus? Wie vielschichtig und facettenreich die Auseinandersetzung mit dem Thema „Die Stadt“ dieser Ausgabe von architektur PEOPLE sein kann, war eigentlich von Anfang an absehbar. So kommen auf den folgenden Seiten Expertinnen und Experten aus den Bereichen Architektur, Stadtstrukturforschung, Metropolenplanung ebenso zu Wort wie aus Verkehr- und Mobilitätsentwicklung, Lichtgestaltung oder Landschaftsplanung.

Was macht eine Stadt aus? Wie vielschichtig und facettenreich die Auseinandersetzung mit dem Thema „Die Stadt“ dieser Ausgabe von architektur PEOPLE sein kann, war eigentlich von Anfang an absehbar. So kommen auf den folgenden Seiten Expertinnen und Experten aus den Bereichen Architektur, Stadtstrukturforschung, Metropolenplanung ebenso zu Wort wie aus Verkehr- und Mobilitätsentwicklung, Lichtgestaltung oder Landschaftsplanung.

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<strong>architektur</strong> PEOPLE<br />

32<br />

Hohengasser Wirnsberger Architekten<br />

JW: Wenn man einen Zweitwohnsitz<br />

hat, ist das für mich noch keine<br />

Stadtflucht. Stadtflucht würde für<br />

mich bedeuten, dass man die Zelte<br />

in der Stadt tatsächlich abbricht und<br />

aufs Land zieht. Das kann ich in einem<br />

größeren Ausmaß nicht beobachten.<br />

Viele ziehen von der Stadt in<br />

die Speckgürtel, wo sie dann einen<br />

eigenen Garten haben. In Wirklichkeit<br />

gehört das aber noch immer zur<br />

Stadt, weil sie von der Stadt versorgt<br />

werden. Vielleicht sollte man diese<br />

Tendenz eher als eine Freizeit-Stadtflucht<br />

bezeichnen.<br />

Wie kann der ländliche Raum als zukunftsfähige<br />

Lebensumgebung gefördert<br />

werden?<br />

JW: Es muss ein Bewusstsein für die<br />

Qualitäten eines Miteinanders und<br />

von intakten Ortskernen gebildet<br />

werden. Um überlebensfähig zu bleiben<br />

braucht ein Ortszentrum, neben<br />

öffentlichen Funktionen, wie einen<br />

Kindergarten, vor allem auch bewohnte<br />

Häuser. Ein Dorf hält die Außenentwicklung<br />

auf Dauer nicht aus.<br />

Um Ortskerne zu erhalten und zu<br />

beleben, benötigt es viel strengere<br />

Widmungsvorschriften mit mehr Gemeinwohl-<br />

als Privatinteressen. Ein<br />

weiterer wichtiger Punkt ist für mich<br />

der öffentliche Raum – diese wichtigen<br />

Orte für das gesellschaftliche<br />

Leben sind nicht nur ein Stadtthema,<br />

sondern gerade fürs Land wichtig<br />

und notwendig!<br />

SH: Die Wahrnehmung der Enge<br />

spielt dabei auch mit. Am Land hält<br />

man die Enge oft nicht aus, vor allem,<br />

wenn zwei Autos nicht nebeneinander<br />

vorbeifahren können. Gerade die<br />

Enge bietet aber oft eine hohe Qualität.<br />

Es benötigt Bewusstseinsbildung<br />

und Schulung, damit der Mensch<br />

und nicht immer das Auto der Maßstab<br />

ist. Das ist ganz wesentlich, um<br />

die dörflichen Strukturen und deren<br />

Qualitäten zu erhalten.<br />

Können alternative Wohnkonzepte<br />

zum Einfamilienhaus am Land funktionieren?<br />

SH: Mehrparteienhäuser gibt es<br />

schon, aber verdichtete Wohnformen<br />

wie Reihenhäuser oder Hofhäuser<br />

gibt es relativ wenig. Viele können<br />

sich nicht vorstellen so zu wohnen,<br />

weil sie es nicht kennen. In der Lehre<br />

versuchen wir die Studierenden mit<br />

solchen Typologien zu konfrontieren.<br />

Sie sind dann immer erstaunt, welche<br />

Qualitäten solche alternativen<br />

Wohnkonzepte haben können. Diesbezüglich<br />

muss noch viel Bildungsund<br />

Vermittlungsarbeit geleistet<br />

werden. Gut wäre natürlich, wenn die<br />

Förderungen die Entwicklung alternativer<br />

Typologien mehr unterstützen<br />

würden.<br />

JW: Ich finde, dass beim Wohnen<br />

gerade das genaue Gegenteil passiert.<br />

Das Land wird für die Stadt als<br />

Erholungsraum gesehen. In Kärnten,<br />

wie vermutlich in vielen touristischen<br />

Regionen Österreichs, wird<br />

viel gebaut, aber leider meist nur<br />

Zweitwohnsitze. Durch diese dann<br />

überwiegend leerstehenden Häuser,<br />

die wenige Male im Jahr genutzt<br />

werden, wird auch die touristische<br />

Infrastruktur zerstört. Als Nebeneffekt<br />

steigen die Grundstückspreise<br />

und das Wohnen wird für die Jungen<br />

Die Schaukäserei Kaslab‘n mit<br />

Hofladen entstand im Kärntner<br />

Ort Radenthein. Der Bereich<br />

vor dem Gebäude funktioniert<br />

als öffentlicher Vorplatz.<br />

© Christian Brandstätter

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