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procontra-Thema-Recht

Die Experten der Kanzlei Michaelis bringen auf den Punkt, was für Beratung und Vertrieb 2021 wichtig ist.

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<strong>Recht</strong><br />

men können – weil möglicherweise die<br />

Aufzeichnungen nicht auffindbar sind –,<br />

so dürfte dies zu einer Beweislastumkehr<br />

zulasten des Vermittlers bzw. Beraters im<br />

Zivilprozess führen.<br />

Nicht zu übersehen ist auch, dass der<br />

Kunde vor Aufzeichnung zu informieren<br />

ist und sein Einverständnis einzuholen ist,<br />

§ 18 a Abs. III FinVermV (neu). Dies gilt<br />

nicht nur für das Taping, sondern auch<br />

für jegliche andere elektronische Kommunikation,<br />

also auch für die Kommunikation<br />

per SMS, Mail usw. Verweigert der<br />

Kunde sein diesbezügliches Einverständnis,<br />

darf die Beratung auf diesem Weg<br />

nicht mehr stattfinden, sondern nur noch<br />

analog, das heißt mündlich, per Briefpost<br />

usw.<br />

Für problematisch halten wir die umfangreichen<br />

Aufzeichnungspflichten im Hinblick<br />

auf die Vorschriften der DSGVO, da<br />

Gespräche stets vollständig aufzuzeichnen<br />

sind und auch sonstige elektronische<br />

Kommunikation vollständig aufzuzeichnen<br />

und aufzuheben ist und keine Teile<br />

herausgeschnitten werden dürfen, die<br />

dritte Personen oder andere Sachverhalte<br />

betreffen.<br />

Problematisch kann die umfangreiche<br />

Aufzeichnungs- und Herausgabepflicht<br />

sich auch im Hinblick auf die spätere<br />

Auswertung der Aufzeichnungen darstellen.<br />

Gerade bei Telefongesprächen ist<br />

damit zu rechnen, dass später das gesamte<br />

Gespräch im Detail ausgewertet wird und<br />

das Gericht sich dann anschaut, wie viele<br />

Minuten des Gesprächs der Berater den<br />

Kunden möglicherweise über die mannigfaltigen<br />

Risiken der Anlage informiert und<br />

aufgeklärt hat und wie viele Minuten des<br />

Gesprächs er das Produkt positiv beworben<br />

hat. Hier sollten sich Vermittler und<br />

Berater für die zukünftige Vermittlung<br />

von Kapitalanlageprodukten eingehende<br />

Gedanken darüber machen, wie sie den<br />

Vermittlungs- und Beratungsprozess zukünftig<br />

haftungssicher gestalten wollen.<br />

2. Aufbewahrungsfristen –<br />

§ 23 FinVermV (neu)<br />

Nach § 23 FinVermV (neu) sind alle<br />

Unterlagen und Aufzeichnungen zehn<br />

Jahre lang aufzubewahren, auch die Aufzeichnungen<br />

von Telefongesprächen und<br />

sonstiger elektronischer Kommunikation.<br />

Nach § 18 a Abs. VI S. 2 FinVermV (neu)<br />

sind die anzufertigenden Aufzeichnungen<br />

nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist von<br />

zehn Jahren zu löschen oder zu vernichten,<br />

und dies ist zu dokumentieren. Diese<br />

Regelung ist sehr problematisch in den<br />

gar nicht so seltenen Fällen, in denen der<br />

frühere Kunde erst kurz vor Ablauf der<br />

zehnjährigen Verjährungsfrist seine Ansprüche<br />

wegen angeblicher fehlerhafter<br />

Beratung oder Dokumentation gegen den<br />

Vermittler oder Berater gerichtlich geltend<br />

macht. Für solche Fälle gibt es keine<br />

Ausnahmeregelung. Nach dem Wortlaut<br />

des Gesetzes hat der Vermittler oder<br />

Berater auch in diesen Fällen sämtliche<br />

Aufzeichnungen nach Ablauf der zehnjährigen<br />

Verjährungsfrist zu vernichten<br />

und dies zu dokumentieren. Damit wird<br />

ihm im Laufe des Prozesses, 11 oder gar<br />

13 Jahre nach erfolgter Aufzeichnung,<br />

jegliche Möglichkeit genommen, den<br />

Beweis der ordnungsgemäßen Anlagenvermittlung<br />

bzw. Anlageberatung anhand<br />

der Aufzeichnungen zu führen. Es bleibt<br />

abzuwarten, wie die Gerichte mit diesem<br />

gesetzgeberischen „Widerspruch“ umgehen,<br />

denn es kann nicht sein, dass der<br />

Vermittler oder Berater im Zivilprozess<br />

vollumfänglich darzulegen und zu beweisen<br />

hat, dass er ordnungsgemäß beraten<br />

und dokumentiert hat, während ihm von<br />

Gesetzes wegen vorgeschrieben ist, diese<br />

Beweise möglicherweise bereits zuvor zu<br />

vernichten. Trotz der vorstehend aufgezeigten<br />

Probleme der neuen Regelungen,<br />

hinsichtlich derer noch gesetzgeberischer<br />

Nachbesserungsbedarf besteht, bringen<br />

die neuen Regelungen der FinVermV an<br />

einigen Stellen auch mehr Klarheit und<br />

damit mehr <strong>Recht</strong>ssicherheit für den Vermittler<br />

bzw. Berater und bieten damit die<br />

Grundlage einer möglichst haftungsfreien<br />

Anlagenvermittlung.<br />

Schluss mit Schild – Datenübertragung in die USA<br />

auf wackeligem rechtlichen Fundament<br />

– TEXT: RA STEPHAN MICHAELIS LL.M. UND DATENSCHUTZEXPERTE HARALD MÜLLER-DELIUS, DIPL.-ING. (FH), MBA –<br />

Wir möchten Ihnen heute zu einem<br />

neuen Gerichtsurteil des Europäischen<br />

Gerichtshofs (EuGH) berichten:<br />

Was das EuGH-Urteil für Versicherungsmakler<br />

und -vermittler bedeutet, fassen<br />

<strong>Recht</strong>sanwalt Stephan Michaelis LL.M.<br />

und Datenschutzexperte Harald Müller-<br />

Delius, Dipl.-Ing. (FH), MBA, zusammen.<br />

Hintergrund: Als Nachfolger des „Safe<br />

Harbor“-Abkommens wurde 2015 der<br />

„Privacy Shield“ zwischen EU und USA<br />

ins Leben gerufen – eine Vereinbarung<br />

zur Selbstverpflichtung amerikanischer<br />

Unternehmen, sich an europäische Da-<br />

tenschutzstandards zu halten. Es gilt hier,<br />

den Ansatz aus Übersee „Alles ist erlaubt,<br />

was nicht verboten ist“ mit dem EU-<br />

DSGVO-Grundsatz „Verbot mit Erlaubnisvorbehalt“<br />

in Einklang zu bringen, also<br />

einen Mindeststandard an Datenschutz zu<br />

garantieren und die notwendige rechtliche<br />

Grundlage der Verarbeitung für europäische<br />

Unternehmen zu schaffen.<br />

Aktuell finden sich 5.386 Unternehmen<br />

auf der Teilnehmerliste, darunter Größen<br />

wie Amazon, Facebook und Google.<br />

Nun wurde am 16. Juli 2020 vom Europäischen<br />

Gerichtshof (EuGH) die<br />

Sonderausgabe<br />

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