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procontra-Thema-Recht

Die Experten der Kanzlei Michaelis bringen auf den Punkt, was für Beratung und Vertrieb 2021 wichtig ist.

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<strong>Recht</strong><br />

Honorarvereinbarungen<br />

des Versicherungs maklers –<br />

Eine Bestandsaufnahme und<br />

Übersicht. Was ist erlaubt?<br />

– TEXT: RA STEPHAN MICHAELIS LL.M., FACHANWALT FÜR VERSICHERUNGSRECHT –<br />

A. EINLEITUNG<br />

Welche Vergütung kann der Versicherungsmakler<br />

für seine Tätigkeit(en) von<br />

seinem Kunden verlangen? Um diese<br />

Frage wird lebhaft gestritten. Ausgangspunkt<br />

des Streits sind grundsätzlich die<br />

rechtlichen Freiheiten des Maklers und<br />

seiner Kunden im Rahmen der Privatautonomie.<br />

Zu nennen sind insbesondere<br />

die Vertragsfreiheit beider Parteien, die<br />

Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und die<br />

Gewerbefreiheit (§ 1 Abs. 1 GewO). Komplex<br />

wird die Sache jedoch dadurch, dass<br />

auch die Vertragsfreiheit Einschränkungen<br />

der <strong>Recht</strong>smacht, Verträge zu schließen,<br />

gebieten kann. 1 Auch die Berufsfreiheit<br />

kann gerade dazu führen, dass bestimmte<br />

Verträge verhindert werden sollen. 2 Die<br />

Gewerbefreiheit wird zudem nach § 1<br />

Abs. 1 GewO ausdrücklich nur gewährt<br />

„soweit nicht durch [die GewO] Beschränkungen<br />

vorgeschrieben […] sind“.<br />

Es kann also nicht pauschal immer auf<br />

allumfassende Freiheit verwiesen werden,<br />

an der sich jede Einschränkung von Honorarvereinbarungen<br />

messen lassen muss.<br />

Stattdessen muss im Einzelfall präzise<br />

untersucht werden, welche Freiheit des<br />

Maklers und seiner Kunden einschlägig ist<br />

und welche rechtlichen Einschränkungen<br />

dieser Freiheit gelten (müssen).<br />

Einschränkungen ergeben sich unter anderem<br />

aus dem gewerblichen Berufsrecht<br />

des Versicherungsmaklers nach § 34d<br />

GewO. Die Norm unterstellt die Tätigkeit<br />

des Versicherungsmaklers einer Erlaubnispflicht<br />

und setzt ihr inhaltlich Grenzen. 3<br />

Darüber hinaus darf eine Vergütungsvereinbarung<br />

in Form von AGB den Kunden<br />

des Maklers nicht entgegen den Geboten<br />

von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen,<br />

indem sie „mit wesentlichen<br />

Grundgedanken der gesetzlichen Regelung“<br />

unvereinbar ist, gemäß § 307 Abs. 2<br />

Nr. 1 BGB. Auch kann eine Vergütungsvereinbarung<br />

naturgemäß nicht für eine<br />

Tätigkeit vereinbart werden, die ohnehin<br />

dem Versicherungsmakler verboten ist,<br />

weil sie nach dem <strong>Recht</strong>sdienstleistungsgesetz<br />

(RDG) unzulässig ist. Schließlich<br />

darf eine Vergütungsvereinbarung auch<br />

nicht gegen das Provisionsabgabeverbot<br />

nach § 48b VAG verstoßen.<br />

Dieser Aufsatz soll nicht nur einen wissenschaftlichen<br />

Beitrag leisten. Dem Versicherungsmakler<br />

soll für fünf Konstellationen<br />

der Honorarvereinbarung konkretes<br />

Wissen an die Hand geben werden,<br />

mithilfe dessen er besser abschätzen kann,<br />

welchen <strong>Recht</strong>srisiken seine potenzielle<br />

Vergütungsvereinbarung ausgesetzt ist.<br />

Diese fünf Konstellationen sind wie folgt:<br />

erstens eine Erfolgshonorarvereinbarung<br />

für die Vermittlung einer Nettopolice.<br />

Zweitens eine Honorarvereinbarung für<br />

die vermittlungsunabhängige Beratung.<br />

Drittens eine Honorarvereinbarung,<br />

die nicht erfolgsbedingt ist und die auf<br />

den Abschluss gerichtete Tätigkeit des<br />

Maklers gegenüber einem Verbraucher<br />

vergütet. Viertens eine Honorarvereinbarung,<br />

die ein zusätzlich neben die Courtage<br />

tretendes Honorar vorsieht. Fünftens<br />

eine Honorarvereinbarung, die vorsieht,<br />

dass der Kunde den Makler im Falle der<br />

Kündigung des Versicherungsvertrages<br />

von der Stornohaftung gegenüber dem<br />

Versicherer freistellt bzw. Ersatz leistet.<br />

B. DIE FÜNF FÄLLE DER MÖGLICHEN<br />

HONORARVEREINBARUNGEN<br />

I. Die erfolgsabhängige Vergütung für die<br />

Vermittlung von Nettopolicen<br />

Schon im Jahr 2005 entschied der BGH,<br />

dass Versicherungsmakler Nettopolicen<br />

vermitteln und dabei ein erfolgsabhängiges<br />

Honorar mit ihren Kunden vereinbaren<br />

können. 4 Insofern ist diese Konstellation<br />

„alter Tobak“. Nettopolicen<br />

sind Versicherungsverträge, bei denen<br />

die Auszahlung von Courtage an einen<br />

Makler nicht vorgesehen ist. Der Makler<br />

arbeitet bei der Vermittlung von Nettopolicen<br />

nicht umsonst, sondern erhält seine<br />

Vergütung dadurch, dass er mit seinem<br />

Kunden für den Fall einer erfolgreichen<br />

Vermittlung ein Erfolgshonorar vereinbart.<br />

Daran ist an sich zunächst nichts<br />

Aufsehenerregendes. Der Kunde des<br />

Maklers zahlt im Regelfall – der Bruttopolice<br />

– über seine Versicherungsprämie<br />

eine Vergütung an den Makler, welche<br />

dem Makler vom Versicherer als Courtage<br />

auszahlt wird. 5 Insofern wird schlicht eine<br />

vorher „übers Eck“ ausgeführte Zahlung<br />

stattdessen direkt abgewickelt. Bei der<br />

Honorarvereinbarung zu Nettopolicen<br />

darf der Begriff „Honorar“ also nicht die<br />

Fehlvorstellung hervorrufen, es handle<br />

sich um ein erfolgsunabhängiges Entgelt.<br />

Vielmehr handelt es sich ebenso wie bei<br />

der Vermittlungscourtage immer um eine<br />

erfolgsbezogene Vergütung.<br />

Eine gewisse Brisanz erlangt die Honorarvereinbarung<br />

bei Nettopolicen<br />

jedoch dadurch, dass sie in der Regel<br />

auch eine Abweichung vom sogenannten<br />

„Schicksalsteilungsgrundsatz“ vorsieht.<br />

Der Versicherungsmakler bekommt<br />

vom Versicherer einen Großteil seiner<br />

Vergütung als Vorschuss (diskontiert)<br />

ausgezahlt. Kün digt der Versicherungsnehmer<br />

den Versicherungsvertrag, bevor<br />

dieser Vorschuss durch Prämienzahlungen<br />

abgegolten ist, kann der Versicherer den<br />

„unverdient“ gebliebenen Vorschuss vom<br />

Makler zurückfordern. 6 Die Courtage teilt<br />

insofern also das Schicksal der Prämie.<br />

Der Zeitraum, in welchem eine Kundenkündigung<br />

zur Rückzahlungspflicht<br />

des Maklers führt, ist die sogenannte<br />

34<br />

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