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procontra-Thema-Recht

Die Experten der Kanzlei Michaelis bringen auf den Punkt, was für Beratung und Vertrieb 2021 wichtig ist.

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<strong>Recht</strong><br />

schiedlichen Standorten tätig war. Nur an<br />

einem dieser drei Standorte bestand vor<br />

dem Umzug ein Betriebsrat. Es kam zu<br />

einem Streit zwischen dem Arbeitgeber<br />

und dem von einer Gewerkschaft vertretenen<br />

Wahlvorstand im Rahmen geplanter<br />

Betriebsrats-Nachwahlen darüber, für<br />

welche Standorte der Arbeitgeber Mitarbeiterlisten<br />

vorzulegen habe. Man einigte<br />

sich vor dem Arbeitsgericht darauf, dass<br />

der Arbeitgeber für zwei der drei Standorte<br />

die Listen vorlegen sollte.<br />

Trotzdem, für den Arbeitgeber völlig unverständlich,<br />

führte der Wahlvorstand des<br />

Betriebsrates die Wahl an allen drei Standorten<br />

durch. Offensichtlich hatte er für<br />

den dritten Standort, auf dessen Namen er<br />

nach dem gerichtlichen Vergleich eigentlich<br />

gar keinen Anspruch hatte, irgendwelche<br />

alten Telefonlisten aus einem Büro<br />

dieses dritten Standortes an sich genommen<br />

und daraus die Liste für die Wahllisten<br />

erstellt. Die Problematik war nur,<br />

dass auf dieser veralteten Telefonliste viele<br />

neue Mitarbeiter der Firma noch gar nicht<br />

zu finden waren, viele ausgeschiedene<br />

Mitarbeiter dagegen noch darauf standen<br />

und in der Wählerliste erschienen. Außerdem<br />

befanden sich auf dieser Telefonliste<br />

noch Externe wie Kunden, Dienstleister<br />

oder sogar private Kontakte, die ebenfalls<br />

auf der Wählerliste erschienen.<br />

Aufgrund der Kompliziertheit der Betriebsratswahlen<br />

(zum Beispiel Geschlechterparität,<br />

neben den Wahlrechtgrundsätzen)<br />

kommt es nun häufig zu einer<br />

Unwirksamkeit der Betriebsratswahl.<br />

<strong>Recht</strong>sfolge ist dabei „nur“, dass die<br />

Betriebsratswahl wiederholt werden muss,<br />

dass aber alles, was bisher vom gewählten<br />

Betriebsrat unternommen wurde, wirksam<br />

bleibt. Insbesondere kann der Arbeitgewie<br />

im Strafrecht) im Kollektivarbeitsrecht<br />

der Amtsermittlungsgrundsatz im<br />

gerichtlichen Verfahren gilt.<br />

Ein wichtiges <strong>Thema</strong> in diesem Zusammenhang,<br />

zu dem gerade der Unterzeichner<br />

ein viel beachtetes Urteil erreicht hat,<br />

betrifft die Wirksamkeit von Betriebsratswahlen.<br />

Darum kann es nicht nur bei<br />

bestehenden Betriebsräten im Rahmen<br />

der turnusgemäßen Wahlen gemäß § 13<br />

Abs. 1 BetrVG gehen (das nächste Mal<br />

vom 1. März bis zum 31. Mai 2022), sondern<br />

es geht auch dann darum, wenn sich<br />

ein Betriebsrat zwischenzeitlich neu in der<br />

Firma gründet.<br />

Je nach Interessenlage kann es sinnvoll<br />

sein, streng darauf zu schauen, ob zum<br />

Beispiel der neu gegründete Betriebsrat<br />

in seiner Wahl auch alles richtig gemacht<br />

hat. Denn es geht in der Folge um erhebliche<br />

Kosten, nicht nur die Kosten für die<br />

reine Betriebsratswahl, sondern auch die<br />

Kosten für die Mittel des Betriebsrates<br />

(zum Beispiel eigene Laptops, eigene<br />

Räume). Sehr teuer sind aber auch häufig<br />

die oft längeren Betriebsratsschulungen<br />

für die neuen Betriebsratsmitglieder oder<br />

auch alle Gebühren, die zum Beispiel<br />

durch Anwälte entstehen, die den Betriebsrat<br />

beraten. Alle diese Kosten sind<br />

grundsätzlich vom Arbeitgeber zu zahlen.<br />

Insofern sollte es mit den Betriebsratswahlen<br />

auch seine Richtigkeit haben. In<br />

einer ganz besonderen Konstellation durfte<br />

die Kanzlei Michaelis <strong>Recht</strong>sanwälte<br />

dabei in einem in der „juristischen Szene“<br />

viel beachteten Urteil (auch das Bundesarbeitsgericht<br />

hat hier eine Verhandlung<br />

zugelassen) auf Ebene des Landesarbeitsgerichts<br />

erreichen, dass die Betriebsratswahl<br />

in einer von der Kanzlei Michaelis<br />

<strong>Recht</strong>sanwälte vertretenen Firma für<br />

nichtig erklärt wurde.<br />

Bezüglich der Wahlverfahren muss man<br />

wissen, dass sie kompliziert sind. Es<br />

müssen nicht nur die bekannten allgemeinen<br />

Wahlrechtgrundsätze jeder Wahl (wie<br />

zum Beispiel kürzlich bei der US-Wahl<br />

oder bei einer Bundestagswahl) gewahrt<br />

werden. Zusätzlich sind zum Beispiel<br />

auch Geschlechterparitäten zu beachten,<br />

was schon die Erstellung von Wahllisten<br />

deutlich komplizierter macht. Das<br />

Betriebsverfassungsrecht, insbesondere die<br />

einschlägigen Wahlordnungen enthalten<br />

hier eine Reihe spezieller Regelungen.<br />

In dem Beschluss LAG Thüringen, 4<br />

TaBV 12/19 ging es um den Lebenssachverhalt,<br />

dass ein Arbeitgeber vor einem<br />

geplanten Betriebsumzug an drei unterber<br />

nichts gegen die bisher entstandenen<br />

Kosten für die unwirksame Wahl oder<br />

für Schulungen, die infolge der ersten,<br />

unwirksamen Wahl durchgeführt wurden,<br />

tun.<br />

Nur selten in der deutschen Arbeitsrechtsgeschichte<br />

kommt es zu nichtigen (nicht<br />

nur „unwirksamen“) Betriebsratswahlen.<br />

Dann wurden die Wahlrechtsgrundsätze<br />

in einer solchen erheblichen Weise<br />

verletzt, dass die Wahl von Anfang an<br />

nichtig war. Die sehr starke Konsequenz<br />

für die Akteure auf Betriebsratsseite ist,<br />

dass durch die Nichtigkeit der Wahl alle<br />

Kosten dem Arbeitgeber grundsätzlich zu<br />

erstatten sind. Die bestehenden Betriebsratsmitglieder,<br />

beteiligte Anwälte auf Betriebsratsseite,<br />

aber auch beteiligte Hotels<br />

oder Seminarveranstalter, bei denen die<br />

Betriebsräte gebucht hatten, bleiben so<br />

gegebenenfalls auf ihren Kosten sitzen,<br />

wenn der Betriebsrat diese nicht begleichen<br />

kann. Der Arbeitgeber braucht diese<br />

Kosten dann nicht zu tragen!<br />

Eine solche Nichtigkeit von Betriebsratswahlen<br />

kommt zwar sehr selten vor. In<br />

dem oben genannten Verfahren vor dem<br />

Landesarbeitsgericht Thüringen (4 TaBV<br />

12/19) konnte der Unterzeichner nach<br />

langen rechtlichen Diskussionen und nach<br />

vielen gescheiterten Einigungsversuchen<br />

mit der Seite des Betriebsrates einen<br />

solchen juristisch seltenen und damit<br />

wertvollen Beschluss erreichen.<br />

Dieser Beschluss des Landesarbeitsgerichtes<br />

Thüringen ist noch einmal ein deut -<br />

licher Warnhinweis an alle Beteiligten in<br />

verfassten Firmen (Firmen mit Betriebsrat),<br />

schon am Beginn, bei Betriebsratswahlen<br />

gründlich darauf zu achten, dass<br />

alles den gültigen gesetzlichen Normen<br />

entspricht.<br />

Sonderausgabe<br />

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