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procontra-Thema-Recht

Die Experten der Kanzlei Michaelis bringen auf den Punkt, was für Beratung und Vertrieb 2021 wichtig ist.

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<strong>Recht</strong><br />

vollkommen unbestimmte Begriff birgt<br />

auf der einen Seite einen weiten Interpretationsspielraum<br />

in sich und verlangt auf<br />

der anderen Seite die Vereinigung von<br />

Interessengegensätzen. Wie die Gerichte<br />

diesen Begriff später auslegen und definieren<br />

werden, ist derzeit nicht absehbar. Die<br />

Problematik dieses Begriffs erschließt sich<br />

einem am besten am praktischen Beispiel.<br />

So dürfte es grundsätzlich im bestmöglichen<br />

Interesse des Anlegers sein, wenn<br />

die Tätigkeit des Anlagenvermittlers oder<br />

Anlageberaters vollkommen kostenfrei<br />

erfolgt, da dann das gesamte zur Verfügung<br />

stehende freie Kapital des Kunden<br />

der Erzielung einer Rendite zur Verfügung<br />

stehen würde. Der Anlagenvermittler oder<br />

Anlageberater hingegen lebt nun einmal<br />

gerade davon, dass er für die sowohl zeitaufwendige<br />

als auch haftungsträchtige Tätigkeit<br />

der Anlagenvermittlung oder Anlageberatung<br />

Geld erhält, sei es direkt vom<br />

Kunden oder indirekt über Provisionen<br />

aus dem zu investierenden Kapital des<br />

Kunden. Dies ist ein grundsätzlicher, nicht<br />

wegzudiskutierender Interessengegensatz,<br />

der einer haftungssicheren Lösung bedarf.<br />

Hier darf mit Spannung erwartet werden,<br />

wie die Gerichte zukünftig mit diesem<br />

schwammigen Begriff umgehen. Gerade<br />

vor dem Hintergrund der hier bestehenden<br />

Ungewissheit ist es unseres Erachtens<br />

extrem wichtig, den Kunden ordnungsgemäß<br />

und umfassend über die Kosten und<br />

Zuwendungen der Anlagenvermittlung<br />

aufzuklären, damit er selbst beurteilen<br />

kann, ob diese seinem Investitionsinteresse<br />

möglicherweise entgegenstehen.<br />

TEIL 2: INFORMATION ÜBER KOSTEN<br />

UND ZUWENDUNGEN<br />

Die in der bisherigen FinVermV seit 2013<br />

bereits geltenden Regelungen zur Information<br />

des Kunden über Kosten und<br />

Zuwendungen sind durch die Neufassung<br />

der FinVermV noch einmal konkretisiert<br />

und verschärft worden. Für all diejenigen,<br />

die auch bisher schon sauber und<br />

vollständig über alle Kosten und Zuwendungen<br />

ordnungsgemäß aufgeklärt haben,<br />

ergeben sich hier keine allzu großen neuen<br />

Anforderungen.<br />

Aus der Praxis heraus werden aber<br />

immer wieder Fälle bekannt, in denen die<br />

Produktgeber den Vermittlern erklären,<br />

dass speziell dieses Produkt nicht unter<br />

die Anforderungen der FinVermV<br />

falle und deshalb keine ordnungsgemäße<br />

saubere und umfassende Aufklärung über<br />

erhaltene Kostenzuwendungen erfor-<br />

derlich sei. Oftmals ein Trugschluss und<br />

eine ganz erhebliche Haftungsfalle für<br />

den Vermittler oder Anlageberater. Nach<br />

unserer Auffassung sollte ein Vermittler<br />

oder Anlageberater – ganz losgelöst von<br />

der Frage, ob sie unter den Anwendungsbereich<br />

der FinVermV fallen oder nicht<br />

– grundsätzlich bei der Vermittlung jeglicher<br />

Kapitalanlagen sauber und vollständig<br />

über alle Kosten und Zuwendungen<br />

aufklären, dies dokumentieren und vom<br />

Kunden gegenzeichnen lassen. In diesem<br />

Punkt ist bei einem späteren <strong>Recht</strong>sstreit<br />

mit einem früheren Kunden heute mit<br />

keinerlei Nachsicht seitens der Gerichte<br />

mehr zu rechnen. Eine unterlassene oder<br />

fehlerhafte Aufklärung oder Information<br />

über Kosten und Zuwendungen reicht oft<br />

bereits für die vollumfängliche Haftung<br />

des Vermittlers oder Anlageberaters<br />

hinsichtlich einer fehlgeschlagenen Kapitalanlage.<br />

Ein hohes Haftungsrisiko, das<br />

einfach vermeidbar ist.<br />

1. Vergütung und Interessenkonflikte –<br />

§ 11a FinVermV (neu)<br />

Der Anlagenvermittler bzw. Anlageberater<br />

hat nach der neuen Regelung des § 11a<br />

FinVermV angemessene Maßnahmen zu<br />

treffen, um Interessenkonflikte zu erkennen<br />

und zu vermeiden, die zwischen ihm<br />

und den bei der Beratung und Vermittlung<br />

mitwirkenden Beschäftigten einerseits<br />

und dem Anleger andererseits auftreten<br />

können. Zusammen mit der Pflicht zur<br />

Empfehlung im bestmöglichen Interesse<br />

des Anlegers ergibt sich daraus ein<br />

klares Verbot zur Anreizschaffung für die<br />

Empfehlung bestimmter Finanzanlagen<br />

für den Vermittler bzw. Berater selbst als<br />

auch für dessen Beschäftigte. Es dürfen<br />

keine Vereinbarungen mehr mit Mitarbeitern<br />

über Vergütung und Verkaufsziele<br />

getroffen werden, die Mitarbeiter<br />

dazu verleiten könnten, einem Anleger<br />

bestimmte Finanzanlagen zu empfehlen.<br />

Gegebenenfalls sind hier bestehende Vergütungsmodelle<br />

anzupassen und organisatorische<br />

Vorkehrungen zur Schaffung klar<br />

dokumentierter Strukturen im Vertrieb<br />

zu schaffen. Nach § 17 FinVermV (neu)<br />

dürfen sich Zuwendungen nicht nachteilig<br />

auf die Qualität der Vermittlung oder<br />

Beratung auswirken und dürfen nicht die<br />

Verpflichtung beeinträchtigen, im bestmöglichen<br />

Interesse des Anlegers ehrlich,<br />

redlich und professionell zu handeln.<br />

Interessenkonflikte sind vor Geschäftsabschluss<br />

offenzulegen. Damit dürfte der<br />

<strong>Recht</strong>fertigungsdruck mit zunehmender<br />

Provisionshöhe erheblich steigen und der<br />

Vermittler bzw. Berater darzulegen und zu<br />

erklären haben, weshalb die Vermittlung<br />

eines bestimmten Produktes trotz hoher<br />

Provisionen im bestmöglichen Interesse<br />

des Anlegers ist.<br />

2. Kosteninformation – § 13 FinVermV (neu)<br />

Die Vorschriften zur Offenlegung von<br />

Kosten und Provisionen sind noch einmal<br />

verschärft und konkretisiert worden. Dies<br />

ist jedoch nicht nur nachteilig, sondern<br />

bringt dem Vermittler bzw. Berater auch<br />

mehr Klarheit über Art und Umfang der<br />

Offenlegung der Kosten.<br />

Nach § 13 Abs. II Nr. 3 FinVermV (neu)<br />

ist über alle Kosten und Nebenkosten der<br />

Anlagevermittlung, Anlageberatung sowie<br />

die Kosten der Finanzanlage selbst aufzuklären.<br />

Hierbei ist Folgendes unbedingt zu<br />

beachten!<br />

Die Informationen über Kosten und<br />

Nebenkosten der Anlagenvermittlung<br />

und Anlageberatung sind vom Anlagenvermittler<br />

bzw. Berater zur Verfügung zu<br />

stellen – diese Kosteninformation ist nicht<br />

durch eine pauschale Information des<br />

Produktanbieters möglich!<br />

Der Vermittler hat hier den Anleger ganz<br />

individuell über seine konkreten Kosten<br />

aufzuklären.<br />

Aus § 13 Abs. IV FinVermV (neu) ergibt<br />

sich, dass die Kosten der Anlagenvermittlung<br />

bzw. Anlageberatung sowie auch die<br />

Kosten der Finanzanlage selbst in zusammengefasster<br />

Weise dargestellt werden<br />

können, und zwar so, dass der Anleger<br />

sowohl die Gesamtkosten als auch die<br />

kumulative Wirkung der Kosten auf die<br />

Rendite verstehen kann. Die Offenlegung<br />

aller Kosten hat dabei gemäß § 17<br />

Abs. I FinVermV nach folgenden Kriterien<br />

zu erfolgen: Existenz, Art, Umfang,<br />

wenn Umfang noch nicht bestimmbar,<br />

Art und Weise der Berechnung, aus der<br />

sich der Umfang ergibt, in umfassender,<br />

zutreffender und verständlicher Weise.<br />

Eine Aufstellung der Kosten, die nach<br />

einzelnen Posten aufgegliedert ist, ist dem<br />

Anleger nach § 13 Abs. IV FinVermV<br />

zwar nur auf Verlangen auszuhändigen,<br />

jedoch dürfte jeder Vermittler und Berater<br />

gut daran tun, eine solche aufgegliederte<br />

Aufstellung grundsätzlich zu fertigen und<br />

dem Anleger auszuhändigen. Zum einen<br />

kann damit im Wege der Selbstkontrolle<br />

sichergestellt werden, dass nichts vergessen<br />

worden ist, zum anderen dürfte auf<br />

diesem Wege am ehesten sichergestellt<br />

werden, dass der Anleger sowohl die<br />

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