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procontra-Thema-Recht

Die Experten der Kanzlei Michaelis bringen auf den Punkt, was für Beratung und Vertrieb 2021 wichtig ist.

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<strong>Recht</strong><br />

Die <strong>Recht</strong>e der Versicherungsmakler<br />

aus den »Softwarelizenzen«<br />

– TEXT: RA STEPHAN MICHAELIS, LL.M., FACHANWALT FÜR VERSICHERUNGSRECHT –<br />

I. EINLEITUNG<br />

Versicherungsmakler sind Sachwalter<br />

ihrer Kunden. Das bedeutet, sie leisten für<br />

diese deutlich mehr als nur die bloße Vermittlung<br />

von Versicherungsverträgen. Zu<br />

ihren weitläufigen Pflichten gehört in aller<br />

Regel auch die umfassende Betreuung<br />

bereits geschlossener Versicherungsverträge.<br />

Unter anderem muss Korrespondenz<br />

abgewickelt und dokumentiert werden,<br />

Anpassungsbedarf muss auf Grundlage<br />

von Risikoanalysen ermittelt werden. Für<br />

diese anspruchsvolle Tätigkeit bedienen<br />

sich viele Makler einer speziell für diese<br />

Zwecke konzipierten Software.<br />

Das bedeutet, dass der Softwareanbieter<br />

einerseits eine essenzielle, verantwortungsvolle<br />

Tätigkeit unterstützt und Makler<br />

andererseits von der Software und deren<br />

Anbieter abhängig sind. Der Wechsel<br />

eines Anbieters bedeutet eine zeit- und<br />

kostspielige Migration von Daten, sodass<br />

auch ein rechtlich bestehendes Loslösungsrecht<br />

des Maklers unattraktiv sein<br />

kann. Darüber hinaus kann ein Ausfall<br />

der Verwaltungssoftware erhebliche Gewinneinbußen<br />

bedeuten, weil eine wichtige<br />

Arbeitsgrundlage fehlt oder Personal<br />

sich der nicht funktionierenden Software<br />

widmen muss.<br />

Was geschieht also, wenn die Softwareüberlassung<br />

nicht so läuft, wie sie laufen<br />

soll? Dieser Beitrag gibt dem Makler<br />

einen kleinen praktischen Leitfaden an<br />

die Hand für den Fall, dass der Anbieter<br />

seiner Software für die Vertragsbetreuung<br />

nicht ordnungsgemäß leistet.<br />

II. RECHTSNATUR DES SOFTWAREÜBER­<br />

LASSUNGSVERTRAGS (»LIZENZ«)<br />

Die Frage, welche <strong>Recht</strong>e dem Makler bei<br />

Schlechtleistung des Softwaregebers zustehen,<br />

kann nur beantwortet werden, indem<br />

die <strong>Recht</strong>snatur des Softwareüberlassungsvertrags<br />

bestimmt wird. Das jeweils<br />

anwendbare Mängelgewährleistungsrecht<br />

richtet sich nach dem jeweiligen Vertragstypus.<br />

Auch wenn die Parteien individuell<br />

oder per AGB bestimmte Mängelgewährleistungsrechte<br />

vereinbart haben,<br />

wird diese Vereinbarung dann durch das<br />

jeweilige gesetzlich anwendbare Gewährleistungsrecht<br />

überlagert.<br />

In der Praxis wird der Softwareüberlassungsvertrag<br />

oftmals (fälschlicherweise)<br />

als „Lizenzvertrag“ bezeichnet und die<br />

jeweiligen Parteien als „Lizenznehmer“<br />

und „Lizenzgeber.“ Dies trifft aber nicht<br />

unbedingt eine Aussage über die <strong>Recht</strong>snatur<br />

des Softwareüberlassungsvertrags.<br />

Entscheidend ist vielmehr, welchem<br />

Vertragstypus die Hauptpflichten des<br />

Vertrags entsprechen. Hierbei ist der tatsächlich<br />

gewollte technisch-wirtschaftliche<br />

Leistungsinhalt maßgeblich.<br />

Dabei ist zunächst entscheidend, ob es<br />

sich bei der überlassenen Software um<br />

„Standardsoftware“ oder um „Individualsoftware“<br />

handelt. Individualsoftware<br />

wird eigens für den Kunden erstellt.<br />

Standardsoftware ist hingegen nicht<br />

individuell angefertigt. Programme für die<br />

Betreuung von Kunden des Versicherungsmaklers<br />

sind in der Regel standardisiert<br />

und werden nicht eigens für den jeweiligen<br />

Makler erstellt. Dem Marktstandard<br />

entsprechend wird zugrunde gelegt, dass<br />

es sich bei dem Softwareüberlassungsvertrag<br />

des Maklers um einen Vertrag über<br />

Standardsoftware handelt.<br />

Sofern die Software dauerhaft und nicht<br />

nur auf Zeit überlassen wird, ist die Softwareüberlassung<br />

als Kaufvertrag gemäß<br />

§ 433 BGB einzuordnen. In diesem Fall<br />

richten sich die Mängelgewährleistungsansprüche<br />

des Maklers nach § 433 ff.<br />

BGB.<br />

Wenn die Software hingegen nur auf Zeit<br />

überlassen wird, ist der Softwareüberlassungsvertrag<br />

als Mietvertrag gemäß § 535<br />

BGB einzustufen. Dann gilt grundsätzlich<br />

das mietvertragliche Mängelgewährleistungsrecht<br />

nach §§ 535 ff. BGB.<br />

Merke also: Wird die Software endgültig<br />

und dauerhaft überlassen, dann liegt<br />

grundsätzlich ein Kaufvertrag vor. Wird<br />

die Software nur auf Zeit überlassen, liegt<br />

grundsätzlich ein Mietvertrag vor.<br />

In der Praxis findet sich sowohl die dauerhafte<br />

als auch die temporäre Überlassung<br />

von Software an den Makler. Daher soll<br />

für beide Fälle dargestellt werden, welche<br />

<strong>Recht</strong>e dem Makler im Falle der Leistungsstörung<br />

zustehen:<br />

III. LEISTUNGSSTÖRUNG BEI DAUERHAFTER<br />

SOFTWAREÜBERLASSUNG (KAUFVERTRAG)<br />

1. Mangelbegriff<br />

Damit dem Makler Mängelgewährleistungsrechte<br />

zustehen, muss die an den<br />

Makler überlassene Software mangelhaft<br />

sein im Sinne von § 434 BGB. In der<br />

Praxis wird meist eine Leistungsbeschreibung<br />

des Programms („Pflichtenheft“)<br />

vereinbart, die den vertraglich vorausgesetzten<br />

Gebrauch konkretisiert. Kann<br />

die Software die dort beschriebenen<br />

Leistungen nicht erfüllen, liegt ein Mangel<br />

nach § 434 Abs. 1 S. 2. Nr. 1 BGB vor.<br />

Aber auch wenn die Softwareleistungen<br />

darüber hinaus nicht den marktüblichen<br />

Mindeststandards entsprechen, kann ein<br />

Mangel gemäß § 434 Abs. 1 S. 2. Nr. 2<br />

BGB vorliegen.<br />

Wichtig für den Makler ist, dass er in der<br />

Regel einer Rügepflicht nach § 377 HGB<br />

unterliegt. Er hat den Mangel unverzüglich<br />

beim Softwareverkäufer anzuzeigen.<br />

Dabei hat er genau zu beschreiben, was<br />

an der Software nicht funktioniert („Fehlerbild“).<br />

Ansonsten droht der Verlust der<br />

Mängelgewährleistungsrechte!<br />

50<br />

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