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LA KW 04

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„Die Piepserei vermisse ich nicht wirklich“<br />

Ex-Ski-Rennfahrerin Steffi Köhle im Interview<br />

(upi) Vor sechs Jahren beendete Steffi Köhle ihre Karriere im<br />

alpinen Skizirkus. Heute ist die Fließerin beruflich in einer ganz<br />

anderen Manege unterwegs und genießt ihr neues Leben. Wie<br />

es ihr dabei geht und ob sie mit Wehmut an die alpinen Rennen<br />

denkt, erfuhr die RUNDSCHAU bei einem Interview mit der<br />

Oberländerin.<br />

RS: Steffi, rund sechs Jahre ist es<br />

nun her, dass du deine Karriere beendet<br />

hast. Bereust du es, dass es damals<br />

eigentlich noch recht früh dafür war?<br />

Steffi Köhle: ‚Recht früh‘ ist relativ<br />

(schmunzelt). Was kaum jemand<br />

weiß, ist, dass ich schon ein Jahr<br />

früher die aktive Karriere beenden<br />

wollte, mich dann aber doch entschied,<br />

noch ein Jahr anzuhängen.<br />

Somit war es aus meiner Sicht später<br />

als gedacht und aus der Sicht<br />

manch anderer wiederum sehr früh.<br />

Ich habe bis heute keine Minute<br />

an meiner damaligen Entscheidung<br />

gezweifelt. Es war eine unglaublich<br />

tolle und lehrreiche Zeit mit sehr<br />

vielen schönen Erinnerungen und<br />

Emotionen, die man vermutlich nur<br />

im Sport erlebt. Diese Erinnerungen<br />

bleiben mein persönlicher Schatz<br />

und ich blicke auch sehr gerne auf<br />

diesen Lebensabschnitt zurück.<br />

RS: Du hattest in deiner Karriere einige<br />

Verletzungen, Knie- und Rückenprobleme.<br />

Wie geht es dir dabei und<br />

was unternimmst du dagegen?<br />

Steffi Köhle: Dieses Risiko nimmt<br />

man als Leistungssportlerin in Kauf<br />

und auch wenn ich jetzt als angehende<br />

Steuerberaterin einen vermutlich<br />

harmlosen und sicheren Bürojob<br />

ausübe, bleibt man auch hier<br />

nicht vor Verletzungen verschont<br />

(schmunzelt). Als pensionierte Weltcupläuferin<br />

bin ich zwar nicht mehr<br />

den hohen Fliehkräften ausgesetzt,<br />

aber die vereisten Steilhänge locken<br />

mich noch immer an und machen<br />

den Skitag erst so richtig interessant.<br />

Ich hatte zwar einige Unfälle und<br />

Operationen, aber ich lauf jetzt nicht<br />

mit dem Gehstock herum. Je fitter<br />

und aktiver man ist, desto besser ist<br />

es, oder anders gesagt: wer rastet, der<br />

rostet. Meine damaligen Wehwehchen<br />

sind mittlerweile gut verheilt,<br />

aber mein Rücken ist mir schon sehr<br />

dankbar, dass er nicht mehr täglich<br />

an seine Grenzen gerät.<br />

RS: Du hast das Bachelor-Studium<br />

Wirtschaft, Gesundheits- und Sporttourismus<br />

in Landeck abgeschlossen –<br />

wie war das Studium für dich?<br />

Steffi Köhle: Das Studium half<br />

mir dabei meine anderen Interessen<br />

– abseits vom Sport – zu entdecken.<br />

Zugegebenermaßen inskribierte ich<br />

damals, weil mich der Schwerpunkt<br />

Sport anlockte. Mit der Zeit entdeckte<br />

ich aber mein Interesse an der<br />

Wirtschaft, legte meine Wahlfächer<br />

auch in diese Richtung und mittlerweile<br />

bin ich so tief in der Wirtschaft<br />

verankert, wie man in Zeiten<br />

wie diesen vermutlich nur sein kann.<br />

Ich betreue und berate Unternehmen<br />

aus allen möglichen Branchen<br />

und entwickle mich mit jedem neuen<br />

Mandanten weiter. Wir müssen<br />

ständig up to date sein, Nachrichten<br />

verfolgen und nicht nur steuerlich –<br />

sondern derzeit vor allem im Bereich<br />

Förderungen/Zuschüsse/Beihilfen –<br />

auf dem neuesten Stand sein. Das<br />

Studium war sozusagen der erste<br />

Schritt in meine zweite Karriere.<br />

RS: Wie man hört, lebst du jetzt im<br />

Unterland, arbeitest aber in Inns bruck.<br />

Darf man erfahren, bei welchem Unternehmen<br />

und was du dort machst?<br />

Steffi Köhle: Richtig, ich arbeite<br />

in der Steuerberatungskanzlei Pro<br />

West in Innsbruck. Ich bin dort in<br />

der Bilanzierung tätig und bin vor ca.<br />

3 Jahren nach Rum gezogen, unweit<br />

von der Privatklinik Hochrum, die oft<br />

mein zweites Zuhause war (grinst). Der<br />

Umzug war notgedrungen, weil ich die<br />

ständige Pendlerei – neben 40 Stunden<br />

Arbeit und Abendkurse – nicht mehr<br />

aushielt. Von Montag bis Freitag war<br />

ich immer um sechs Uhr morgens unterwegs<br />

nach Innsbruck und kam so<br />

gegen 23.30 Uhr nach Arbeit und Kurs<br />

nach Hause. An den Wochenenden<br />

hieß es lernen. Ich habe in den letzten<br />

drei Jahren neben der Arbeit den Finanzbuchhalter<br />

und den Bilanzbuchhalter<br />

gemacht und derzeit befinde<br />

ich mich in der Prüfungsphase für den<br />

Steuerberater, den ich hoffentlich bald<br />

in der Tasche habe.<br />

RS: Wie oft kommst du noch nach<br />

Hause zu deinen Eltern nach Fließ?<br />

Triffst du da auch noch andere Leute<br />

von früher?<br />

Steffi Köhle: Ich komme immer<br />

wieder gerne nach Hause – mein<br />

Zuhause ist und bleibt Fließ. Auch<br />

wenn es die Zeit derzeit nicht immer<br />

zulässt, schaue ich schon, dass ich<br />

mich spätestens jedes dritte Wochenende<br />

blicken lasse. Da lass ich mich<br />

Steffi Köhle: „ … ab und zu wünscht man sich schon eine abgesperrte Piste für sich<br />

alleine.“<br />

Foto: privat<br />

dann auch gerne verwöhnen und<br />

von der Mama bekochen. Aber vor<br />

allem freut sich mein Patenkind Ella<br />

immer wieder, wenn die Toti hier ist.<br />

Die Steuerberatungskurse sind leider<br />

meistens am Wochenende oder an<br />

den Feiertagen, deshalb bin ich nicht<br />

allzu flexibel, aber dieses Kapitel ist<br />

hoffentlich bald abgeschlossen und<br />

die Rückkehr nicht ausgeschlossen.<br />

RS: Schaust du noch Weltcuprennen<br />

im TV? Oder wirst du manchmal zu<br />

einem (Heim-)Rennen eingeladen?<br />

Steffi Köhle: Sowieso! Ich lasse<br />

mir kaum ein Weltcuprennen entgehen.<br />

Wenn ich einen Steuerberatungskurs<br />

habe, dann ist das iPad<br />

www.kaminbau-systeme.at<br />

auch aufgestellt – ohne geht’s dann<br />

doch nicht. Als ehemalige Weltcupläuferin<br />

ist man immer willkommen,<br />

vor allem bei den Heimrennen, aber<br />

diese Frage erübrigt sich in Zeiten<br />

von Corona. Sölden habe ich mir<br />

heuer das erste Mal nicht vor Ort<br />

angeschaut, ich wäre zwar eingeladen<br />

gewesen, aber wenn man sowieso<br />

nicht zu seinen Freunden darf, dann<br />

lieg ich lieber im Warmen auf meiner<br />

Couch (schmunzelt).<br />

RS: Was geht dir da als ehemalige<br />

Rennläuferin durch den Kopf? Steigt<br />

Wehmut auf?<br />

Steffi Köhle: Nein, ich habe als<br />

aktive Rennläuferin jede Minute<br />

ausgekostet und genossen. Ich habe<br />

immer alles gegeben, aber man muss<br />

akzeptieren, wenn der Körper an<br />

seine Grenzen stößt. Als ich mit 27<br />

Jahren die Rennski ins Eck stellte,<br />

war ich in einem Alter, in dem man<br />

woanders nochmal richtig durchstarten<br />

kann. Ich hätte zwar noch<br />

immer ÖSV-A-Kader-Status gehabt,<br />

aber ich war mit meinem lädierten<br />

Körper einfach nicht mehr konkurrenzfähig.<br />

Wäre ich noch fünf Jahre<br />

gefahren, dann wären meine weiteren<br />

Berufsmöglichkeiten vermutlich<br />

eingeschränkter gewesen, denn mit<br />

32 hätte ich wahrscheinlich nicht<br />

mehr angefangen zu studieren. Also<br />

von Wehmut keine Spur, die Piepserei<br />

am Start vermisse ich nicht wirklich,<br />

aber ab und zu wünscht man<br />

sich schon eine abgesperrte Piste für<br />

sich alleine (schmunzelt).<br />

RS: Du wurdest ja damals in deiner<br />

Kindheit/Jugend von Reinhard File<br />

trainiert. Wie würdest du sein Training<br />

beschreiben?<br />

RUNDSCHAU Seite 16 27./28. Jänner 2021

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