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LA KW 04

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E IN FAHRENDER RITTER<br />

An einem Tag quer durch Amerika und zurück<br />

Panama, ein Land mit großer geografischer, historischer und wirtschaftlicher Bedeutung<br />

Mit der Aussage, ich hätte Amerika vom Pazifik bis zum Atlantik<br />

und retour in einem Tag geschafft, verwunderte ich damals<br />

viele meiner Freunde. Sie fragten mich, ob ich die Strecke<br />

„im Düsenjet“ zurückgelegt hätte. Aber nein, es war im Auto<br />

und das ist nur in Panama möglich.<br />

Von Eduard Meze<br />

An der engsten Stelle zwischen<br />

Nord- und Südamerika ist der Wasserweg<br />

gerade einmal 70 Kilometer<br />

breit. Damit war es der ideale Platz,<br />

um den Spaniern das bolivianische<br />

Silber und Inka-Gold Richtung<br />

Europa in die Heimat zu bringen.<br />

Panama Stadt wurde an der pazifischen<br />

Küste gegründet, die Festung<br />

Portobelo auf der karibischen Seite.<br />

Dazwischen wurden die Transporte<br />

auf den Rücken der Esel ausgetragen.<br />

Dass der damalige Reichtum<br />

viele Neider hervorrief, ist nicht zu<br />

verleugnen – viele Seeräuber, allen<br />

voran Sir Francis Drake, überfielen<br />

die Stadt sowie die Galeonen. Diese<br />

Machtspielchen hielten einige<br />

Jahrhunderte an, bis es zu einem<br />

Ereignis im fernen Afrika kam: Die<br />

Eröffnung des Suezkanals im Beisein<br />

des Sultans, Kaiser Franz Josefs und<br />

der (verspäteten) Oper „Aida“. Nun<br />

keimte auch in den Köpfen der Amerikaner<br />

die Idee, über den Isthmus<br />

von Mittelamerika aus einen Kanal<br />

zu bauen. Damit wollte man die lange<br />

und gefährliche Fahrt rund um<br />

Südamerika und das gefürchtete Kap<br />

Hoorn vermeiden. Zwei Varianten<br />

standen dabei zur Debatte: Einerseits<br />

erwägte man einen Kanal durch Nicaragua<br />

unter Ausnützung des großen<br />

Nicaragua-Sees. Andererseits gab<br />

es Überlegungen, eine Wasserstraße<br />

durch die damalige kolumbianische<br />

Provinz Panama zu schaffen.<br />

DER WEG ZUR UNABHÄN-<br />

GIGKEIT. Als es zur Abstimmung<br />

im Senat kam, befand sich auf den<br />

Tischen eines jeden Senators eine<br />

Briefmarke Nicaraguas – darauf abgebildet<br />

ein Gebirge mit einem rauchenden<br />

Vulkan. Abschreckend für<br />

die Senatoren, in dieser gefährlichen<br />

Gegend einen Kanal zu bauen. Mit<br />

diesem kleinen Trick war die Entscheidung<br />

gegen Nicaragua und für<br />

Panama gefallen. Kolumbien weigerte<br />

sich allerdings, sowohl einen<br />

Landstreifen des eigenen Territoriums<br />

sowie den Kanal an die USA abzutreten.<br />

Die USA griffen daraufhin<br />

zu einem Mittel, das sie in ihrer Geschichte<br />

des öfteren anwandten: Ein<br />

Volksaufstand in Panama, der von<br />

den USA unterstützt wurde, sollte<br />

zur Lösung des Problems beitragen.<br />

Das Land erklärte seine Unabhängigkeit<br />

und erfüllte alle Forderungen der<br />

Amerikaner. Unter großen Mühen<br />

wurde der Kanal schließlich gebaut.<br />

Offizielle Eröffnung fand keine statt,<br />

Grund dafür war der Erste Weltkrieg.<br />

STEUERPARADIES. Eine Besonderheit<br />

des damaligen Schiffbaus<br />

ist auf den Panama-Kanal zurückzuführen:<br />

Da es mehrere Schleusenanlagen<br />

gab, wurde eine einheitliche<br />

Größe für Schiffe festgelegt – die<br />

PAX-Klasse, die bis zur Jahrtausendwenden<br />

das Maß fast aller Schiffe<br />

war. Erst als nach 100 Jahren das<br />

Kanalgelände an Panama selbst fiel,<br />

wurden neue, größere Schleusen errichtet<br />

– seither gilt die Super-PAX<br />

Klasse. Der neue Staat Panama hatte<br />

nun zwar den Kanal, die Zone sowie<br />

die Einnahmen kamen allerdings den<br />

USA zugute. Deshalb suchte man<br />

andere Einnahmequellen und so<br />

wurde Panama zum Steuerparadies.<br />

Einerseits erfolgte dies durch das sogenannte<br />

„Ausflaggen“: Viele Reeder,<br />

darunter auch der griechisch-argentinische<br />

Reeder „Onassis“, ließen sich<br />

in Panama registrieren und sorgten<br />

dafür, dass das Land zum größten<br />

Schiffsbesitzer der Welt wurde, obwohl<br />

viele dort registrierte Schiffe nie<br />

in Panama anliefen. So etwas gibt es<br />

auch heute noch: Auf Fidschi sah ich<br />

mit meiner Frau Steffi den riesigen<br />

Frachter „Forom VI“ mit rot-weißroter<br />

Flagge und Heimathafen Wien.<br />

Dass es dorthin über die Donau kam,<br />

ist klarerweise unwahrscheinlich –<br />

ein reiner Steuertrick also. Auch in<br />

Odessa in der Ukraine fand ich ein<br />

Schiff mit Heimathafen Addis Abeba:<br />

Die Hauptstadt Äthiopiens liegt<br />

allerdings auf rund 2300 Metern Seehöhe<br />

und hat, wie das gesamte Land,<br />

keinen Meeresanschluss. Neben der<br />

Sache mit den Flaggen wurden auch<br />

Briefkastenfirmen immer häufiger<br />

nach Panama transferiert. Vor einigen<br />

Jahren konnte man vieles über die<br />

„Panama-Papers“ in den Nachrichten<br />

hören und lesen. Aus den genann-<br />

Rund 13500 Hochseeschiffe durchfahren jährlich eine der wichtigsten Wasserstraßen<br />

der Welt, die Durchquerung des Kanals erfordert höchste Präzision bei der<br />

Navigation. <br />

Fotos: Eduard Meze<br />

Panama ist ein Bild der Gegensätze – während Panama City eine großstädtische<br />

Skyline sein Eigen nennt, wechselt das Bild direkt hinter der Stadtgrenze in fast undurchdringlichen<br />

Dschungel. Rund drei- bis vier Mal so hohe Niederschlagswerte<br />

wie im Tiroler Oberland begünstigen hierbei das Pflanzenwachstum.<br />

Die Grenzbrücke zwischen Panama und<br />

Costa Rica ist mittlerweile vorrangig<br />

für Fußgänger passierbar, nur in Einzelfällen<br />

überquert ein Fahrzeug den<br />

Fluss Sixaola, eine Eisenbahn wagt sich<br />

schon länger nicht mehr hierüber.<br />

ten und vielen weiteren Gründen ist<br />

das Land ein wunderbares Beispiel<br />

von Gegensätzen: Urwald und Re-<br />

Im Bild die Büste von Ferdinand de<br />

Lesseps, als Erbauer des Suezkanal<br />

noch erfolgreich, beim Bau des<br />

Panamakanals jedoch aufgrund von<br />

Planungsmängeln, Krankheiten, Bestechung<br />

und unzähliger technischer<br />

Schwierigkeiten gescheitert.<br />

genwald einerseits und Hochhäuser<br />

andererseits. Unterm Strich aber ein<br />

wahrlich zu empfehlendes Reiseziel.<br />

RUNDSCHAU Seite 26 27./28. Jänner 2021

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