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Stahlmarkt 01/2021

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Industrie & Technologie<br />

International<br />

Foto: Shutterstock<br />

Das angeschlagene Stahlwerk Ilva im süditalienischen Tarent soll künftig wieder Gewinne einfahren – und das in einem<br />

umweltverträglichen Betrieb.<br />

Neue Hoffnung für Stahlwerk Ilva<br />

ArcelorMittal und der italienische Staat wollen Produktionsstätte<br />

gemeinsam aus der Krise führen<br />

Tarent/Köln. Im süditalienischen Tarent schmückt nach wie vor das vieldiskutierte Stahlwerk Ilva<br />

die Schlagzeilen der Presse. Nach monatelangem Zittern um dessen Zukunft – und damit auch<br />

um die zahlreichen Arbeitsplätze des Standortes – scheint nun endgültig eine feste Vereinbarung<br />

getroffen, die Europas größten Stahlstandort aus der Schieflage führen soll.<br />

Von unserem Redakteur Niklas Reiprich<br />

Der 10. Dezember war es, an<br />

dem ArcelorMittal – der aktuelle<br />

Betreiber des Stahlwerks<br />

Ilva – und die regierungseigene Betriebsansiedlungsagentur<br />

Invitalia<br />

eine »öffentlich-private Partnerschaft«<br />

unterzeichneten. Damit wurde<br />

offiziell: Der weltgrößte Stahlkonzern<br />

hat den italienischen Staat als<br />

Mehrheitseigentümer an Bord geholt.<br />

Mit einer Beteiligung von 60 Prozent<br />

ist letzterer in das operative Geschäft<br />

jenes Unternehmens eingestiegen,<br />

welchem in der Vergangenheit schon<br />

mehrere Male das endgültige Aus<br />

prophezeit wurde. Insgesamt fließen<br />

dafür 1,1 Milliarden Euro, heißt es in<br />

einer Pressemeldung von ArcelorMittal,<br />

zu zahlen in zwei Tranchen. Die<br />

erste Zahlung in Höhe von 400 Millionen<br />

Euro soll, vorbehaltlich der kartellrechtlichen<br />

Genehmigung der EU,<br />

bis zum 31. Januar <strong>2021</strong> getätigt werden.<br />

Dadurch erhält Invitalia zugleich<br />

die gemeinsame Kontrolle an dem vor<br />

Ort zuständigen Unternehmen AM<br />

InvestCo Italy. Die zweite Tranche in<br />

Höhe von rund 680 Millionen Euro<br />

wird hingegen fällig, sobald alle Bedingungen<br />

für den Kauf erfüllt sind.<br />

Die Deadline beläuft sich derzeit auf<br />

Mai 2022, zu welchem Zeitpunkt sich<br />

der Anteil Invitalias an AM Invest Co<br />

dann auf 60 Prozent erhöhen soll. Der<br />

Stahlhersteller selbst will bis zu 70 Millionen<br />

Euro investieren, um einen Teil<br />

der Kontrolle – nach eigenen Angaben<br />

sind das 40 Prozent – zu halten.<br />

Anlagen zur Dekarbonisierung<br />

im Fokus<br />

Auch auf einen neuen Industrieplan<br />

haben sich beide Unternehmen bereits<br />

geeinigt. Demnach sehen sie unter<br />

anderem Investitionen in kohlenstoffärmere<br />

Technologien zur Stahlerzeugung<br />

vor, darunter den Bau eines<br />

Elektrolichtbogenofens (EAF) mit einer<br />

Kapazität von 2,5 Millionen Tonnen<br />

pro Jahr. Zudem umfasst das Modernisierungspaket,<br />

das in erster Linie<br />

auf die Umweltverträglichkeit des<br />

Werks abzielt, auch den Bau einer<br />

Direktreduktionsanlage (DRI). Bis<br />

2025, so lautet das Ziel, wollen die<br />

Partner die Produktion auf acht Millionen<br />

Tonnen pro Jahr erhöhen. Gelingen<br />

soll dies etwa durch eine Reihe<br />

öffentlicher Unterstützungsmaßnahmen<br />

einschließlich einer staatlich finanzierten<br />

Beschäftigungsförderung.<br />

Mitarbeiter dürfen mit<br />

Übernahme rechnen<br />

Im Rahmen der neuen Vereinbarung,<br />

heißt es seitens Invitalia, sollen die<br />

insgesamt 10 700 im Werk beschäftigten<br />

Mitarbeiter übernommen werden.<br />

Zuvor – noch unter alleiniger<br />

Führung – hatte ArcelorMittal geplant,<br />

knapp die Hälfte der Arbeitsplätze<br />

als Bedingung für die Fortsetzung<br />

der Produktion abzubauen. Ein<br />

entsprechendes Echo löste im vergangenen<br />

Sommer unter anderem ein<br />

24-stündiger Streik aus, durch welchen<br />

sich die zunehmend besorgten<br />

Mitarbeiter eine Stimme verschaffen<br />

wollten. Unterstützung erhielten sie<br />

von Wirtschaftsminister Roberto Gualtieri,<br />

der den angekündigten Kahlschlag<br />

als »inakzeptabel« bezeichnete.<br />

Das Unternehmen müsse sich seiner<br />

Verantwortung bewusst werden,<br />

betonte er Medienberichten zufolge<br />

im Gespräch mit Gewerkschaftsvertretern.<br />

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32 www.stahleisen.de<br />

<strong>01</strong> | <strong>2021</strong>

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