Stahlmarkt 01/2021
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Stahlbau<br />
Special<br />
Ist vor diesem Hintergrund<br />
davon auszugehen,<br />
dass der Branche<br />
die Auswirkungen der<br />
Pandemie erst noch<br />
bevorstehen?<br />
Heddrich: Richtig ist, dass<br />
Bauaufträge der wirtschaftlichen<br />
Entwicklung<br />
grundsätzlich zeitversetzt<br />
hinterherlaufen.<br />
Das macht ein Einschätzen<br />
der Auswirkungen<br />
zurzeit natürlich auch für<br />
uns schwierig. Insbesondere<br />
im Infrastrukturbereich<br />
besteht ein großer Sanierungs-<br />
und Neubaubedarf, daran hat sich<br />
auch während der Pandemie nichts<br />
geändert. Entscheidend ist jetzt, ob<br />
Bund und Kommunen die richtigen<br />
Weichen stellen, damit Bauprojekte<br />
nicht ins Stocken geraten.<br />
Wie lautet Ihre Konjunkturprognose<br />
für die Baubranche für das<br />
Jahr <strong>2021</strong>?<br />
Heddrich: Unsere aktuelle Konjunkturumfrage<br />
unter unseren Mitgliedsunternehmen<br />
läuft derzeit noch. Zum<br />
Monatsende liegen die Ergebnisse vor.<br />
Welche Themen stehen im Stahlbau<br />
auf der Agenda?<br />
Heddrich: Digitalisierung, Nachhaltigkeit,<br />
faire Vergabeverfahren und<br />
Fachkräftemangel sind sicherlich einige<br />
der Themen, die uns in diesem Jahr<br />
beschäftigen werden. Ein weiterer<br />
Dr. Rolf Heddrich ist<br />
Geschäftsführer<br />
und Sprecher von<br />
»bauforumstahl«,<br />
dem Spitzenverband<br />
für das Bauen mit<br />
Stahl in Deutschland.<br />
Foto: bauforumstahl<br />
Schwerpunkt liegt im Bereich<br />
des Brandschutzes.<br />
Wir müssen endlich mit<br />
dem Vorurteil aufräumen,<br />
dass Stahlbau und Brandschutz<br />
nur schwer miteinander<br />
in Einklang zu bringen<br />
sind. Das Gegenteil ist<br />
der Fall. Immer wieder<br />
stellen wir fest, dass bei<br />
Studierenden, Ingenieuren<br />
und Architekten, aber<br />
auch bei Behörden und<br />
Feuerwehren ein großes<br />
Wissensdefizit in diesem<br />
Bereich besteht. Als Verband<br />
sehen wir daher unsere Aufgabe<br />
darin, durch Wissenstransfer zwischen<br />
Forschung und Praxis Hürden abzubauen.<br />
Deshalb arbeiten wir in zahlreichen<br />
Gremien und Ausschüssen,<br />
die sich mit diesem Thema beschäftigen<br />
und bieten auch eigene Veranstaltungen<br />
und Seminare zu diesem<br />
Thema an.<br />
Die Nachhaltigkeit ist ein Kernthema<br />
der Stahlproduzenten.<br />
Inwieweit gilt das auch für den<br />
Stahlbau?<br />
Heddrich: Wie Sie ganz richtig feststellen,<br />
arbeitet die Stahlindustrie<br />
unter Hochdruck am Thema Nachhaltigkeit.<br />
Ziel ist es, nach Möglichkeit<br />
bis 2050 in allen Stahlerzeugungsverfahren<br />
CO 2 -neutral zu produzieren.<br />
Unsere Reyclingquote liegt heute bereits<br />
bei 88 Prozent zuzüglich 11 Prozent<br />
Wiederverwertung. Jetzt ist es<br />
an der Zeit, dass der Bund das Thema<br />
Nachhaltigkeit auch adäquat würdigt,<br />
das heißt, wir müssen weg von einer<br />
kurzfristig gedachten Preispolitik zugunsten<br />
einer ganzheitlichen Betrachtung<br />
von Bauprojekten.<br />
Nachhaltigkeitsaspekte müssen bereits<br />
bei Ausschreibung und Vergabe<br />
berücksichtigt werden. Wenn wir das<br />
erreichen, hat der europäische Stahlbau<br />
im internationalen Markt automatisch<br />
die Nase vorn.<br />
»Vor allem<br />
mittel ständische<br />
Unternehmen sind dank<br />
eigener Anstrengungen<br />
bislang verhältnismäßig<br />
gut durch die Krise<br />
gekommen.«<br />
Dr. Rolf Heddrich,<br />
bauforumstahl<br />
Welche Möglichkeiten gibt es, die<br />
Ressourcen beim Bauen noch effizienter<br />
zu nutzen?<br />
Heddrich: Wie unser Vorsitzender des<br />
Vorstandes, Stephan Lemgen, kürzlich<br />
sehr treffend gesagt hat: Krisen schaffen<br />
Lerngelegenheiten. Eine dieser<br />
Lerngelegenheiten, die unsere Branche<br />
aktiv nutzt, ist der Ausbau der<br />
Digitalisierung. Wir sind schon lange<br />
Vorreiter in diesem Bereich, aber ak-<br />
Hintergrund<br />
»Stahl ist ökonomisch<br />
und ökologisch einer der<br />
nachhaltigsten und wirtschaftlichsten<br />
Baustoffe<br />
überhaupt.«<br />
Dr. Rolf Heddrich,<br />
bauforumstahl<br />
Sand – der körnige Rohstoff geht zur Neige<br />
Bereits vor gut zwei Jahren warnte die deutsche Baubranche vor Engpässen<br />
bei Sand und Kies inmitten des Immobilienbooms. Das Problem: Nicht<br />
jeder Sand eignet sich für die Herstellung von Beton. So gilt Wüstensand<br />
bislang nicht als Baumaterial, da seine Körner zu glatt sind, um feste Verbindungen<br />
mit Zement zu bilden. Zwar gibt es in Deutschland reichlich<br />
Sand, der sich für die Betonherstellung eignet. Allerdings ist dieser oft<br />
nicht verfügbar, da er beispielsweise unter Naturschutzgebieten, Wohnflächen<br />
oder Straßen liegt. Der Mangel an Sandsorten für die Betonproduktion<br />
begünstigt Preisanstiege, wodurch sich das Bauen verteuert. phi<br />
<strong>01</strong> | <strong>2021</strong> www.stahleisen.de<br />
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