blu März / April 2021
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FILM<br />
In dieser Hinsicht ist eine Serie<br />
wie „Love, Victor“ auch im Jahr<br />
<strong>2021</strong> mehr als bloß eine nette<br />
Highschool-Geschichte?<br />
Auf jeden Fall. Denn auch wenn es wie ein<br />
Klischee klingt: Repräsentation ist wichtig.<br />
Sich selbst bzw. Menschen, die sind wie<br />
man selbst, auf dem Bildschirm zu sehen,<br />
ist unglaublich wichtig. Und „Love, Victor“<br />
ist da tatsächlich ziemlich einzigartig, weil<br />
es gleich in zweifacher Hinsicht Lebenserfahrungen<br />
zeigt, die man sonst nicht alle<br />
Tage in Serien zu sehen bekommt. Junge<br />
Menschen, die herausfinden, wer sie sind<br />
und was sie wollen, ist das eine. Für die ist<br />
es, wenn ich nach den Reaktionen vieler<br />
queerer Kids auf die Serie gehe, enorm<br />
hilfreich, jemanden zu sehen, der das<br />
gleiche durchmacht und auch nicht weiß,<br />
wie er mit seinen Eltern darüber sprechen<br />
soll. Aber zum anderen ist auch der Alltag<br />
einer puerto-ricanischen Familie im Fernsehen<br />
wirklich eine Seltenheit. Ich freue<br />
mich wirklich sehr, dass unsere Serie auf<br />
Diversität, Inklusion und Repräsentation in<br />
mehr als nur einer Hinsicht setzt.<br />
Hat sich in dieser Hinsicht viel getan<br />
in den mehr als 20 Jahren.<br />
Oh ja, einiges. Die Vielfalt an Geschichten<br />
und Gesichtern ist heute eine ganz andere<br />
als damals, das kann man null vergleichen.<br />
Aber wir können uns auf diesen Fortschritten<br />
nicht ausruhen, denn es ist nicht so,<br />
dass es ausreichende und umfassende<br />
Repräsentation in alle Richtungen gäbe.<br />
Und das sage ich als Latinx-Schauspielerin<br />
nicht nur mit Blick auf Diversität in Sachen<br />
Hautfarbe und Herkunft.<br />
Sondern?<br />
Auch diesbezüglich ist natürlich nach<br />
wie vor Luft nach oben. „Love, Victor“ ist<br />
beispielsweise, wie gesagt, eine von nicht<br />
einmal einer Handvoll Serien, deren zentrale<br />
Figuren Latinx sind. Aber zum Beispiel<br />
ist unsere Branche und das, wovon wir in<br />
Serien erzählen, auch immer noch ziemlich<br />
altersdiskriminierend. Geschichten mit<br />
Frauen über fünfzig Jahren im Zentrum sind<br />
beispielsweise auch eine Seltenheit. Auch in<br />
Sachen sozialer Herkunft wird diskriminiert:<br />
Wir lieben Shows über gut situierte bis<br />
reiche Familien, aber die Arbeiterklasse wird<br />
eher selten gezeigt. An allen diesen Fronten<br />
können und müssen wir noch arbeiten.<br />
Eine letzte Frage noch zu Brian Tanen,<br />
dem schwulen Drehbuchautor und Produzenten,<br />
der einer der Showrunner bei<br />
„Love, Victor“ ist. Sie beide verbindet<br />
eine enge Beziehung, richtig?<br />
Oh ja, nach „Alles Betty“ und „Devious<br />
Maids“ ist „Love, Victor“ schon unsere dritte<br />
gemeinsame Serie. Ich liebe diesen Mann<br />
und würde mit ihm durchs Feuer gehen.<br />
Wenn er an einem Writers’ Room beteiligt<br />
ist, weiß man als Schauspieler*in, dass<br />
man in guten Händen ist. Bei „Love, Victor“<br />
gilt das mehr denn je, denn da werden wir<br />
von den Autor*innen enorm eingebunden.<br />
Das ist ein sehr bunt gemischter Haufen<br />
von Menschen, mit sehr verschiedenen<br />
Erfahrungshorizonten und Hintergründen,<br />
und wir können jederzeit Fragen stellen und<br />
Ideen einbringen. Im Zweifelsfall schicke ich<br />
auch mal nachts eine Textnachricht, wenn<br />
mir etwas auf dem Herzen liegt. Und Brian<br />
ist auch nie empfindlich, wenn man mal bei<br />
einem Dialog sagt: „Sorry, irgendwie klingt<br />
das so nicht authentisch.“ Im Gegenteil<br />
freuen er und die anderen sich immer über<br />
Input, schließlich wollen alle die Geschichte<br />
so wahrhaftig wie möglich erzählen.<br />
*Interview: Patrick Heidmann<br />
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