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blu März / April 2021

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MUSIK<br />

NACHGEFRAGT<br />

BIRDY: BITTERSÜSS<br />

Die Engländerin mit den<br />

schönen Piano-Popsongs wie<br />

„People Help The People“ ist nach<br />

fünf Jahren und einer kleinen Lebensund<br />

Liebeskrise zurück – mit dem<br />

an Melancholie wie Melodie reichen<br />

vierten Album „Young Heart“.<br />

Jasmine Lucilla Elizabeth Jennifer van den<br />

Bogaerde, kurz Birdy, bibbert. Am Vortag<br />

erst ist die Pop-Singer/Songwriterin von<br />

einem ausgedehnten Aufenthalt in ihrem<br />

Elternhaus im südenglischen New Forest<br />

bei Southampton in ihre Wohnung im<br />

Stadtteil Notting Hill zurückgekehrt, und<br />

schon gibt es Ärger: In London flockt<br />

ausnahmsweise ein wenig Schnee und in<br />

Birdys Butze ist die Heizung ausgefallen:<br />

„Eigentlich sollte der Techniker schon vor<br />

einer Stunde gekommen sein. Ich muss<br />

wohl noch mal dort anrufen“, echauffiert<br />

sich die 24-Jährige, angesichts der<br />

Umstände durchaus noch recht mild.<br />

„Dann gehe ich so lange einkaufen, denn<br />

der Kühlschrank funktioniert zwar, ist aber<br />

leer.“ Birdy hat die Pandemie weitgehend<br />

bei der Familie ausgesessen, mitten in der<br />

Natur und nicht weit entfernt vom Meer.<br />

Das neue Album „Young Heart“ ist schon<br />

seit geraumer Zeit fertig und so widmete<br />

sich die Künstlerin zuletzt vorwiegend der<br />

Malerei und dem Müßiggang. Die Kontemplation<br />

hat sich die überwiegend am Piano<br />

komponierende Künstlerin auch verdient:<br />

Im zarten Alter von 14 Jahren gelang Birdy<br />

mit einer sehr hübschen Version von Bon<br />

Ivers „Skinny Love“ der internationale<br />

Erfolgsdurchbruch – „und in all den Jahren<br />

danach hatte ich kaum je eine wirkliche<br />

Pause vom Musikgeschäft“. Auch gab<br />

es da vor einigen Jahren diese nicht so<br />

schöne Trennung,<br />

die Birdy nicht nur<br />

ziemlich mitgenommen,<br />

sondern ihr auch<br />

den Stoff für „Young<br />

Heart“ geliefert hat:<br />

„Wenn ich in sehr<br />

starken emotionalen<br />

Turbulenzen stecke,<br />

dann kann ich<br />

mich nicht sofort<br />

hinsetzen und darüber<br />

schreiben. Ich brauche<br />

immer einen gewissen<br />

Abstand, um alles zu verarbeiten und<br />

mich dann ans Piano zu setzen und die<br />

Schleusen zu öffnen.“<br />

Das Ende der bisher größten Liebe ihres<br />

noch jungen Lebens verarbeitete Birdy in<br />

aller Intensität. In der aktuellen, melodisch<br />

mitreißenden Single „Surrender“ versucht<br />

sie zu verstehen, was schiefgelaufen ist,<br />

und im Titelsong, Birdys Lieblingsstück<br />

der Platte, räumt sie ein, ihren Ex-Freund<br />

trotzdem noch zu lieben. „Der Song ist<br />

sehr bittersüß. Eigentlich ist das ganze<br />

Album sehr bittersüß. Man kann den<br />

anderen bewusst zurücklassen und ihn<br />

dennoch furchtbar vermissen. Nicht jeder<br />

Konflikt lässt sich einfach so auflösen.“<br />

Zum Schreiben der neuen Lieder, die im<br />

Vergleich zu den Songs ihres letzten, recht<br />

knallig und plakativ-poppigen Albums<br />

„Beautiful Lies“ deutlich zurückhaltender,<br />

roher und intimer klingen (und in ihrer<br />

melancholischen<br />

Verletzlichkeit ein wenig<br />

an die zwei jüngsten<br />

Taylor-Swift-Alben<br />

erinnern), begab sich<br />

Birdy mehrmals nach<br />

Los Angeles. In ihrem<br />

Quartier – einem alten<br />

Haus in der etwas abgelegenen,<br />

aber doch nur<br />

zwanzig Autominuten<br />

vom Meer entfernten<br />

Hippie-Enklave Topanga<br />

Canyon – hörte Birdy<br />

sehr viel Joni Mitchell, was auf „Young<br />

Heart“ einen ebenso unüberhörbaren wie<br />

angenehmen Einfluss ausgeübt hat.<br />

Dass mit „Loneliness“ und „Deepest<br />

Lonely“ auf dem neuen Album gleich zwei<br />

Songs über die Einsamkeit zu finden sind,<br />

könnte Anlass zur Sorge um dieses junge<br />

Herz geben, muss es aber nicht: „Das sind<br />

eher Liebeslieder an die Einsamkeit. Ich bin<br />

gerne allein und genieße es, in fremden,<br />

exotischen Städten umher zu driften<br />

und manchmal ein bisschen verloren zu<br />

gehen.“ *Steffen Rüth

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