KölnerLeben Juni/Juli 2021
Gut informiert älter werden! √ Leben in Köln: Schabbat Schalom – Zu Gast bei einer Familie √ Ratgeber: E-Bike – Rad auf der Überholspur √ Leben in Köln: Ratsschiff – Einsatz rettet Stadt Köln
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Leben in Köln 47<br />
Schon<br />
gewusst,<br />
...<br />
Foto: Sammlung Günter Bäbler<br />
... dass ein Kölner den Untergang<br />
der Titanic überlebt hat?<br />
Alfred Nourney (1892–1972) bestieg die Titanic in<br />
der Nähe des französischen Cherbourg am 10. April<br />
1912. Es war der Tag der Jungfernfahrt des Ozeanriesen.<br />
Die Teilnahme an der Reise hatte Nourney<br />
seiner Familie zu verdanken – wobei das Geschenk<br />
nicht ganz ohne Hintersinn war. Zuhause wartete auf<br />
den Zwanzigjährigen seine Liebste, die jedoch „nur“<br />
eine Angestellte war. Vermutlich handelte es sich um<br />
ein in der Kölner Innenstadt „am Rothgerberbach“<br />
lebendes Fräulein Jarkonska. Alfred hingegen war in<br />
einer wohlsituierten Kaufmannsfamilie aufgewachsen.<br />
Schon immer war er neugierig, weltoffen und<br />
vor allem technikbegeistert gewesen. Die Reise war<br />
also die perfekte Gelegenheit zur Ablenkung!<br />
Und der Plan schien aufzugehen. Alfreds Begeisterung<br />
lässt sich aus Telegrammen ablesen, die er nach Hause<br />
schickte. Er berichtet davon, wie gut er sich fühle<br />
und wen er schon alles kennengelernt habe. Der junge<br />
Mann hatte sich mit der Zahlung eines Zuschlags<br />
von der zweiten auf die erste Klasse umgebucht und<br />
mischte sich unter die gehobene Gesellschaft derer<br />
von Guggenheim, Astor und Co. Er hatte sich sogar<br />
ein Pseudonym zugelegt und nannte sich an Bord<br />
„Baron Alfred von Drachstedt“! Trotzdem dachte<br />
er an seine Geliebte im fernen Köln, per Telegramm<br />
schickte er ihr einen „drahtlosen Kuss“.<br />
Nur vier Tage später fand die Reise ihr jähes Ende.<br />
Alfred spielte zum Zeitpunkt der verhängnisvollen<br />
Kollision mit dem Eisberg Karten in einem Rauchsalon.<br />
Da er von einer kleinen, versteckten Wendeltreppe<br />
wusste, konnte er als einer der Ersten ein<br />
Rettungsboot besteigen. Seine Neugierde, das Schiff<br />
zu erkunden, hat ihm wohl das Leben gerettet.<br />
Nach dem Untergang kehrte Alfred nach Europa<br />
zurück. Er verbrachte einige Jahre in Paris und auf<br />
der Iberischen Halbinsel. Vereinzelt nahm er an Motorsportrennen<br />
teil. Jedoch: Alfreds Liebe zu dem<br />
Fräulein Jarkonska überstand die Reise nicht. Als<br />
Endvierziger heiratete Alfred und hatte mit seiner<br />
<strong>KölnerLeben</strong> Heft 3 | 21<br />
Frau Irmgard zwei Töchter. Mit ihnen ließ er sich<br />
in Bad Honnef nieder. Über seine Erfahrungen auf<br />
der Titanic berichtete er noch nach vierzig Jahren<br />
erschüttert, dass sich die Todesschreie der Ertrinkenden<br />
wie „ein Akkord, wie ein Sirenenton“ angehört<br />
hätten. Und er überlebte nicht nur den Untergang<br />
der Titanic, sondern auch alle anderen Überlebenden.<br />
Er war der Letzte seiner Art.<br />
INFORMATIONEN<br />
Das Grab der Familie Nourney befindet sich<br />
auf der sogenannten Millionenallee auf dem<br />
Melatenfriedhof.<br />
Weitere Informationen beim LVR-Informationssystem<br />
KuLaDig –<br />
Kultur. Landschaft. Digital.<br />
www.kuladig.de<br />
Text: Katharina Grünwald, LVR-Redaktion <strong>2021</strong>